Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Muenze von Akragas

Titel: Die Muenze von Akragas
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
Hände bekommen, denn das ist ein anständiger Mann.»
    «Vielen Dank für Ihr Vertrauen», entgegnet Melluso pikiert.

 
     
    Zehn       Journalisten und Anwälte
     
    Der Korrespondent des «Giornale dell’Isola» in Vigata hatte den Mord an Cosimo Cammarota seinerzeit auf drei Seiten beschrieben und den Artikel nach Palermo geschickt, worauf er ihn unter den Lokalnachrichten aus der Provinz auf knapp fünf Zeilen reduziert sah.
    Dieselbe Zeilenmenge wurde ihm für den Bericht über die komplizierte Verhaftung des Mörders gewährt.
    Groß ist darum seine Wut, als er sieht, dass seine Zeitung sogar eine halbe Seite, und zwar nicht unter den Lokalnachrichten, für den Artikel des Korrespondenten in Girgenti übrig hat. Darin wird das Motiv des Mordes an Cammarota erklärt: Aus Quellen des Polizeipräsidiums geht hervor, dass der Bauer zufällig in den Besitz einer unermesslich wertvollen Münze geraten war, dem weltweit einzigen Exemplar der sogenannten kleinen Akragas, und dass Ficarra zum Mord getrieben wurde, um in ihren Besitz zu gelangen.
    Numismatiker sind zu der Zeit nicht gerade zahlreich und kennen sich untereinander alle.
    Die Nachricht kommt dem Commendatore Filiberto Montesconi zu Ohren. Seit Jahren schreibt er eine Kolumne für Numismatik und Philatelie in der größten italienischen Tageszeitung, die in Mailand gedruckt wird.
    Montesconi beeilt sich, dem Chefredakteur mitzuteilen, dass diese Geschichte, wenn sie sich bestätigt, sogar für die ganze Welt von Interesse sein könnte. Der Chefredakteur spricht daraufhin mit dem Direktor der Zeitung persönlich.
    Und so taucht eines schönen Morgens Evaristo Borlenghi, ein bekannter Sonderberichterstatter der Tageszeitung, soeben aus Mailand eingetroffen, in Mellusos Büro auf, um ihm ein paar Fragen zu stellen.
    Melluso erzählt alles, er hat nichts zu verbergen, und um den Reporter loszuwerden, schickt er ihn weiter zu Doktor Gibilaro, «dem der arme Cammarota die Münze schenken wollte».
    «Warum wollte er sie Ihnen schenken?»
    Das ist eine der ersten Fragen, die Borlenghi dem Doktor stellt.
    «Wegen eines unangemessenen Gefühls der Dankbarkeit, glaube ich.»
    «Warum unangemessen?»
    «Weil ich lediglich meine Pflicht getan habe.»
    «Hätten Sie die Münze denn angenommen?»
    «Ich glaube, ja. Immerhin war ich schon im Begriff, sie entgegenzunehmen, bin dann aber vom Pferd gefallen. Aber ich hätte dafür gesorgt, dass Cammarota seinerseits von mir eine stattliche Summe annimmt.»
    «Wie viel?»
    «Hören Sie damit auf.»
    «Warum?»
    «Weil es einen Erben gibt. Er ist der rechtmäßige Besitzer der Münze.»
    «Und wer ist dieser Erbe?»
    «Cammarotas Sohn, der wegen Mordes im Gefängnis sitzt.»
     
    Zwei Tage später erscheint Borlenghis Artikel und erregt großes Aufsehen. Die Numismatiker bringen sich ins Gerede, die Entdeckung ist sensationell, die Nachricht geht um die Welt.
    Doch die eigentliche Bombe ist der nächste Artikel. Borlenghi hat die Erlaubnis bekommen, den Gefangenen Pietro Cammarota im Gefängnis zu besuchen und ihn zu interviewen.
    Der Journalist berichtet, dass der Verurteilte ihm anvertraut habe, die dreizehn im Gefängnis verbrachten Jahre hätten ihn gründlich verändert, er empfinde jetzt tiefen Abscheu vor dem begangenen Verbrechen, habe Lesen und Schreiben gelernt und sei religiös geworden und der Mord an seinem Vater habe ihn so erschüttert, dass er nächtelang unter Tränen für das Seelenheil des Mörders Ficarra gebetet habe. Auf die abschließende Frage, was er mit der Münze zu tun gedenke, sobald er in ihren Besitz komme, antwortet er, ohne einen Augenblick zu zögern:
    «Sie Doktor Gibilaro schenken, wie mein Vater es wollte. Ich habe den Anwalt Murmura damit beauftragt, die nötigen Schritte einzuleiten.»
    Borlenghi ist ein ausgezeichneter Journalist, ein Trüffelhund mit unfehlbarem Riecher. Bei dem Gespräch mit Pietro Cammarota hat er herausbekommen, dass dieser eine Schwester hat, Rosalia, die als Dienstmädchen im Haus des Anwalts Scozzari arbeitet.
    Borlenghi erhält die Erlaubnis, sie in der Kanzlei ihres Arbeitgebers zu treffen. Allerdings wird Rosalia dort, abgesehen von der anfänglichen Begrüßung, den Mund nicht mehr aufmachen, sie wird die Stumme spielen.
    Sprechen wird ausschließlich der Anwalt Scozzari.
    «Ich möchte vorausschicken, dass Rosalia für meine Gattin Augusta und mich mittlerweile wie eine Tochter ist…»
    Die Argumentation des Anwalts läuft auf eine einfache
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher