Die Muenze von Akragas
anbieten?»
«Eine Erklärung.»
«Welche Erklärung?», fragt der Bürgermeister erstaunt.
«Erklären Sie mir, wie das Einwohnermeldeamt dieser Gemeinde funktioniert», antwortet der Beamte steif und zeigt ihm den Zettel.
Der Bürgermeister liest, dann sieht er Melluso noch erstaunter an. Dieser berichtet ihm, was passiert ist. Der Bürgermeister wird rot vor Zorn. Er ruft einen Gemeindepolizisten an den Tisch.
«Such Ciccio Traina, und sag ihm, dass ich ihn in zehn Minuten in seinem Büro sehen will.»
Das Missverständnis ist schnell aufgeklärt. Als Traina, der Angestellte im Einwohnermeldeamt, den Totenschein erhielt, hat er die Meldung ordnungsgemäß eingetragen, sie jedoch, wie soll man sagen, den Personendaten eines gleichnamigen Einwohners zugeschrieben. Welcher demnach noch lebt. Aber fünfundneunzig Jahre alt ist. Und dass er seit über zwanzig Jahren bettlägerig ist, macht es äußerst unwahrscheinlich, dass er Cosimo Cammarota den Schädel eingeschlagen hat.
Es sieht also ganz so aus, als würde ein Ernesto Ficarra, der sich mit dem Titel des Mörders von Vigata schmücken könnte, gar nicht existieren. Um den begangenen Fehler wiedergutzumachen, wagt Ciccio Traina einen schüchternen Vorstoß:
«Da gäbe es noch Calcedonio Ficarra.»
Der Bürgermeister und Melluso sehen ihn verblüfft an.
«Was hat der damit zu tun?», fragt Melluso.
«Nun, Sie müssen wissen, hier bei uns in Vigata tragen viele, die unter einem bestimmten Namen bekannt sind, in Wirklichkeit und strikt meldepolizeilich gesehen einen anderen. Das ist ein lokaler Brauch. Attilio Germanà zum Beispiel heißt Pompeo, Aurelio Navarria heißt Gastone…»
«Und Calcedonio Ficarra, wie heißt der?», fragt der Polizeibeamte.
«Ernesto.»
«Und was tut er?»
«Er ist Bauer, Feldarbeiter.»
«Ist er verheiratet?»
«Ja.»
«Hat er Kinder?»
«Nein.»
«Wie alt ist er?»
«Um die vierzig.»
«Wo wohnt er?»
«Warten Sie, ich sehe nach», sagt Traina.
Leider wohnt Ficarra in der contrada Sucameli, in Casa di Dio. Dieser Bezirk gehört halb zu Vigata und halb zur Gemeinde Montereale. Der Ordnungshüter Melluso hat einen genialen Einfall: Wider alle Gepflogenheit wird er Ficarra noch am heutigen Abend um sieben Uhr festnehmen. Und wenn er ihn nicht antrifft, hat er fest vor, sich dort so lange auf die Lauer zu legen, bis der Mann heimkommt.
Ficarras Häuschen besteht aus dem üblichen einzigen Raum, der zu allem dient. Als sie ankommen, ist es schon dunkel. Die Tür ist verschlossen, doch aus dem Fensterchen dringt ein schwacher Lichtschein.
«Was machen wir?», flüstert Lodico dem Beamten ins Ohr.
«Tritt die Tür ein», befiehlt Melluso, der keine Zeit mehr verlieren will.
Neun Endlich
Die Tür springt viel zu leicht auf, so dass Lodico, von seinem eigenen Schwung mitgerissen und außerstande innezuhalten, der Länge nach auf dem Bett zu Fall kommt. In welchem bereits ein nacktes Paar liegt, das noch einen Augenblick zuvor damit beschäftigt war, sich gegenseitig Wonnen zu verschaffen.
Die Frau stößt einen Schrei aus und rutscht unter die Decke, der Mann tastet nach seiner Brille auf dem Nachttisch.
«Calcedonio Ficarra, du bist verhaftet!», brüllt der Polizeibeamte, wenig Sensibilität für die besonderen Umstände beweisend.
«A-aber… ich bin ja gar nicht Calcedonio Ficarra!», stammelt der Mann, während er die Brille aufsetzt.
«Wer seid Ihr dann?», fragt Gammacurta, doch erst nach einer Weile und stellvertretend für Melluso, dem es anscheinend die Sprache verschlagen hat.
«Luparello ist mein Name, Hauptbuchhalter der Gemeinde Montereale», erklärt der Mann, während er aus dem Bett springt und sich die Unterhose anzieht. Dann nimmt er sein Beinkleid vom Stuhl, greift nach der Brieftasche, zieht einen Ausweis heraus und reicht ihn den Polizisten.
«Stimmt», sagt Gammacurta und gibt ihm den Ausweis zurück.
«Aber Ihr seid doch die Frau von Calcedonio Ficarra, genannt Ernesto?», fragt Lodico, da sein Vorgesetzter sich noch immer nicht erholt hat.
«So ist es.»
«Und wo ist Euer Mann?»
«Was weiß ich? Seit Tagen seh ich den nicht! Verlassen hat er mich, der Dreckskerl! Allein gelassen und ohne einen Centesimo! Wie sollt ich denn essen, wenn der Buchhalter nicht wär?»
Als er sich wieder in der Gewalt hat, kann Melluso feststellen, dass Ficarra am selben Tag verschwunden ist, an dem der Mord an Cammarota entdeckt wurde.
Da bleibt nur, eine Großfahndung nach
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