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DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

Titel: DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren
Autoren: Robert Gordian
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Erfolg, das sei zugestanden. Erstaunlich, wo man doch bis vor kurzem nur gerade euren Namen kannte. Meine Lehrer, die mich über die Völker und Stämme der Welt unterrichteten, wussten wenig von euch zu berichten. Jedenfalls ist mir nicht viel in Erinnerung geblieben.«
    »Dann hattest du schlechte Lehrer. Wir Franken standen schon mit dem Heermeister Aetius gegen die Hunnen. Das war, bevor du auf die Welt kamst!«
    »Aber auch bevor du auf die Welt kamst, mein königlicher Bruder! So hat man dich sicher gelehrt, dass es vor allem wir Westgoten waren, die gemeinsam mit Aetius die Hunnen vertrieben. Unser König, mein Großvater, blieb auf dem Schlachtfeld. Und du weißt natürlich auch, dass es Goten seit Hunderten Jahren gibt und dass sie in aller Welt gefürchtet sind. Zweimal haben die Goten Rom erobert!«
    »Beim nächsten Mal erobern die Franken Rom«, warf Chlodwig missgestimmt hin.
    Alarich lachte nachsichtig.
    »Ein Scherz. Da müsstet ihr ja unseren ostgotischen Vetter Theoderich vertreiben, den überragenden Helden unserer Tage. Zurzeit belagert er Ravenna. Es ist höchstens noch eine Frage von Monaten, bis er mit diesem hergelaufenen Skiren, dem Odoaker, ein Ende macht. Bald wird er Italien beherrschen, und ich kann stolz darauf sein, dass ich ihm bei seinen Kämpfen zur Seite stand.«
    »Du hast in Italien gekämpft?«, fragte Chlodwig verwundert.
    »Ich habe Theoderich auf seine Bitte ein Entsatzheer geschickt und es bis an die Grenze begleitet. Er war in Pavia eingeschlossen, im letzten August. Nach dem Entsatz kam es zur Entscheidungsschlacht an der Adda. Auch dort hat mein Heer sich glänzend bewährt. Es entstand eine Waffenbrüderschaft für alle Zeiten. Auf Theoderichs Hilfe kann ich fest rechnen, wenn ich sie brauche. Ja, das kann ich«, bekräftigte Alarich, »ich habe keinen treueren Freund.«
    Chlodwig schwieg. Darauf hatte er gewartet. Er war sicher, dass sich der König der Westgoten auf seine Freundschaft zu Theoderich berufen würde. Nun hatte dieser verweichlichte, ruhmredige Alarich nicht einmal zweihundert Schritte zurückgelegt, ohne bereits ganz unverhohlen mit seinem großen ostgotischen Verbündeten zu drohen.
    Chlodwig wusste schon alles, was er erzählt hatte. Was in Italien passierte, wurde ja gleich in die Welt posaunt. Wer berichtete von den Taten der Franken in Gallien, von seinen eigenen Verdiensten? Aber dass der große Theoderich in Italien ein Heldenstück nach dem andern vollbrachte, hörte er mindestens zweimal im Monat von Gesandten, Sängern, Reisenden, Flüchtlingen.
    Dabei bestellte Theoderich nicht einmal sein eigenes Feld, sondern tat alles nur für den Kaiser Zeno. Ein Auftragsheld war er, der den trägen Byzantinern das verlorengegangene Westreich zurückeroberte. Ein achtbarer Mann, gewiss, aber keiner, vor dem ein Chlodwig, der nunmehr als sein eigener Herr ganz Nordgallien besaß, erblassen müsste.
    Alarich deutete das Schweigen des Frankenkönigs anders. Er glaubte, ihn beeindruckt zu haben, und setzte diesem raschen Erfolg seines diplomatischen und rhetorischen Geschicks, auf das er sich viel zugutehielt, noch eine Pointe auf.
    »Übrigens haben Theoderich und ich auch beschlossen«, sagte er, »verwandtschaftliche Beziehungen aufzunehmen. Nichts festigt ja ein Bündnis unter Königen besser und dauerhafter als eine Heirat. Gleich nach dem Sieg an der Adda schickte er mir eine Gesandtschaft und bot mir seine Tochter Thiudigotho an. Ein Juwel von achtzehn Jahren! Die Gesandten brachten ein Bildnis mit – ich war überwältigt. Die Hochzeit wird noch in diesem Jahr sein.«
    »Ich beglückwünsche dich dazu.«
    Sie hatten das Ende des kleinen Hains erreicht, wo es steil hinab zum Wasser ging. Chlodwig setzte sich auf einen flachen Felsen und blickte hinüber zum Nordufer des Flusses. Dort sah man sein Lager, nur ein paar Zelte, zwischen denen Pferde grasten. Dahinter erhob sich ein Wald im ersten Frühlingsgrün.
    Niemand konnte hier ahnen, dass nur eine Viertelmeile entfernt ein zehntausend Mann starkes Heer in Bereitschaft lag.
    Auch der König der Westgoten ließ, die Arme in die Seiten gestemmt, seinen Blick über den Fluss und die Landschaft gleiten. Ein zufriedenes Lächeln zog sein glattes, rosiges Gesicht in die Breite. Da der Franke wieder lange schwieg, glaubte Alarich, die Nachricht von seiner Heirat mit der Tochter Theoderichs habe ihn endgültig eingeschüchtert. In so gehobener Stimmung stand ihm der Sinn nach Poesie, und da er literarisch
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