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DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren

Titel: DIE MEROWINGER: Schwerter der Barbaren
Autoren: Robert Gordian
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sich vorgestellt, einem gesetzten, ernsten Mann zu begegnen, aus dessen Zügen der Geist seiner großen Vorgänger leuchtete: des gewaltigen ersten Alarich, des ehrgeizigen Athaulf, des kühnen Wallia, des furchtbaren Eurich.
    Stattdessen stand vor ihm ein heiterer, hübscher, harmlos wirkender junger Herr mit einem fast mädchenhaften Gesicht, im reich bestickten, gefältelten Mäntelchen, sorgsam geordnet das Haar, dicke Goldreife an den Armen. Einer, der zweifellos wenig gekämpft hatte (wozu er auch nicht genötigt war) und der die königliche Stellung genoss, die er seit sieben Jahren innehatte. Er war schon ein bisschen dicklich und aufgedunsen, die Spuren des Wohllebens waren unübersehbar.
    »Was für ein herrlicher Tag!«, rief Alarich, nachdem auch er sein Gegenüber einen kurzen Augenblick lang kritisch gemustert hatte. »Was hält mein Herr Bruder von einem Spaziergang, bevor wir uns unseren kleinen Sorgen zuwenden?«
    Chlodwig stimmte zu, und Alarich legte ihm vertraulich seine fünffach beringte Hand auf den Arm und führte ihn auf einen breiten Sandweg, der hinter dem Tempel ein Laubwäldchen gerade durchschnitt.
    Freundlich winkte der Gotenkönig den hundert Franken zu, die sich auf den Stufen des halb verfallenen Bauwerks zur Begrüßung der Könige aufgestellt hatten. Seine hundert Goten standen ein Stück entfernt am Rande des Wäldchens. Die beiden bewaffneten Hundertschaften waren, wie vorher vereinbart, als Eskorten zum Schutz ihrer unbewaffneten Könige vor deren Eintreffen herübergerudert worden.
    Sonst war fast niemand auf der kleinen Flussinsel der Loire bei Amboise, die zwar zum Herrschaftsgebiet der Goten gehörte, doch für die Zeit des Treffens der Könige für neutral erklärt worden war. Am östlichen Ende des Inselchens duckten sich ein paar schilfgedeckte Hütten, in denen Fischerfamilien hausten.
    Alarich, der ein vollendetes, wenn auch ein wenig geziertes Latein sprach, eröffnete das Gespräch mit Komplimenten für seinen neuen Nachbarn. Chlodwig habe sich in den letzten fünf Jahren in der Welt ein bemerkenswertes Ansehen erworben, und sein Wirken verdiene Anerkennung. Indem er auch das Land zwischen Seine und Loire unter seine Kontrolle brachte, habe er einer langen Periode der Unsicherheit und des Chaos ein Ende bereitet.
    »Sei versichert, mein Bruder, dass ich dir dafür dankbar bin«, sagte Alarich, während sie langsam den Weg entlanggingen, an dessen Ende das Wasser des Flusses schimmerte. »Wir westlichen Goten sind friedfertig, und wir wünschen nichts mehr als sichere, stabile Verhältnisse. Nichts ist ärgerlicher als diese ständige Unruhe an den Grenzen. Immer wieder belästigen uns ja die Habenichtse aus dem Norden, die aus Britannien oder sonst woher. Tag und Nacht kommen sie über den Fluss, auf Boten, auf Flößen, viele schwimmen sogar. Die meisten plündern nur, manche versuchen aber auch, sich festzusetzen. Das hat nun hoffentlich ein Ende, wir haben in euch Franken tüchtige Grenzwächter bekommen.«
    »Eure Grenzwächter sind wir nicht«, sagte Chlodwig, den der leicht herablassende Ton des Goten schon ärgerte. »Ich habe mit denen aus Britannien ein Abkommen. Sie erkennen die Oberhoheit der Franken an, sind aber sonst sich selbst überlassen. Sie dürfen nur nichts unternehmen, was mich stört.«
    »Aber du willst damit nicht sagen, dass es dir recht ist, wenn sie uns weiter belästigen«, sagte Alarich in einem Ton, als scherze er. »Wenn du die Oberhoheit über sie hast, müssen wir künftig ja dich für alles verantwortlich machen.«
    »Falls ihr damit einen Grund zum Krieg suchen solltet ...«
    »Ich bitte dich, glaube mir, nichts liegt uns ferner!« Der König der Westgoten hob beschwörend beide Arme, so dass die goldenen Reife klapperten. »Das werde ich dir immer wieder bestätigen! Wir wünschen keinen neuen Krieg, wir sind ja hier, um eine friedliche Übereinkunft zu treffen. Ich bin überzeugt, dass wir die wenigen strittigen Punkte in der Grenzfrage schnell abhandeln werden. Das ist im Grunde alles ganz unerheblich, wir können es unseren Ratgebern überlassen. Unterdessen verbringen wir Könige den Tag etwas angenehmer. Ich hoffe doch, dass du noch heute mein Gast sein wirst!«
    »Erledigen wir erst unsere Angelegenheiten«, erwiderte Chlodwig. »Dann werden wir sehen, ob noch Zeit zum Vergnügen bleibt.«
    »So hat man mir euch Franken geschildert!«, sagte Alarich lachend. »Beharrlich, zupackend, zielbewusst, ungeduldig. Und damit habt ihr
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