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Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2
Autoren: Arthur Conan Doyle
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sahen sie nicht das geringste von dem Favoriten, hingegen bemerkten sie etwas, das sie ahnen ließ, ihnen stünde eine Tragödie bevor.
      Etwa eine Viertel Meile von den Ställen entfernt flatterte John Strakers Mantel an einem Ginsterbusch. Gleich dahinter befindet sich eine kugelförmige Vertiefung im Moor, und auf ihrem Grund entdeckten sie den Leichnam des unglücklichen Trainers. Sein Kopf war von einem rohen Schlag mit einem schweren Gegenstand zerschmettert, und quer über dem Schenkel klaffte ein langer, glatter Schnitt, den offensichtlich ein sehr scharfes Instrument verursacht hatte. Es war jedoch klar ersichtlich, daß Straker sich heftig gegen seine Angreifer verteidigt hatte, denn in der rechten Hand hielt er ein kleines Messer, das bis zum Heft mit Blut beschmiert war, und die Linke hielt eine rot-schwarze Krawatte umkrampft, die das Mädchen als die wiedererkannte, die der Fremde trug, der am vorangegangenen Abend den Ställen einen Besuch abgestattet hatte.
      Auch der aus seiner Starre erwachte Hunter war ganz sicher, was den Eigentümer der Krawatte betraf. Genauso sicher war er, daß dieser Fremde, als er am Fenster stand, sein Hammelragout vergiftet und so die Ställe wächterlos gemacht hatte.
      Was das Pferd anging, so gab es in dem Schlamm am Grund der verhängnisvollen Vertiefung ausreichend Beweise dafür, daß es zur Zeit des Kampfes dort gewesen war. Aber von diesem Morgen an blieb es verschwunden, und obwohl eine große Belohnung ausgesetzt wurde und alle Zigeuner von Dartmoor auf dem Posten sind, hat man nichts Neues über Silver Blaze gehört. Schließlich hat eine Analyse der Reste des Abendbrots, die der Stallknecht übriggelassen hatte, eine erhebliche Menge pulverisierten Opiums nachgewiesen, während bei den Leuten, die am selben Abend von der gleichen Mahlzeit gegessen hatten, keine üblen Folgen festgestellt wurden.
      Dies sind die Fakten des Falles, ohne alle Vermutungen und so sachlich wie möglich dargestellt. Ich werde jetzt rekapitulieren, was die Polizei in der Angelegenheit unternommen hat.
      Inspektor Gregory, dem der Fall übertragen wurde, ist ein äußerst fähiger Beamter. Wäre er nur mit Vorstellungskraft begabt, könnte er es zu Großem in seinem Beruf bringen. Nach seinem Eintreffen fand und verhaftete er sofort den Mann, auf den der Verdacht natürlicherweise fallen mußte. Das bereitete wenig Schwierigkeiten, denn in der ganzen Gegend kannte man ihn gut. Sein Name, scheint es, ist Fitzroy Simpson, ein Mann von ausgezeichneter Herkunft und Erziehung, der ein Vermögen auf dem Turf verschwendet hat und zuletzt davon lebte, daß er in den Londoner Sportclubs still und standesgemäß ein bißchen Buchmacherei betrieb. Eine Prüfung seiner Wettliste ergab, daß er Wetten bis zu einer Höhe von fünftausend Pfund gegen den Favoriten getätigt hatte.
      Als man ihn verhaftete, gab er freiwillig die Erklärung ab, er sei in der Hoffnung nach Dartmoor gefahren, einige Informationen über die Pferde von King’s Pyland zu erhalten und auch über Desborough, den zweiten Favoriten, der im Training von Silas Brown in den Stallungen von Capleton steht. Er versuchte nicht zu leugnen, daß er sich am vorangegangenen Abend wie beschrieben verhalten habe, wiederholte aber, er hätte keine finsteren Absichten gehabt und nur Auskünfte aus erster Hand einholen wollen. Als man ihm die Krawatte vorhielt, wurde er sehr blaß, und er konnte nicht erklären, wie sie in die Hand des Ermordeten hatte gelangen können. Seine nasse Kleidung bewies, daß er in dem Unwetter der vergangenen Nacht draußen gewesen war, und sein Stock, ein bleigefülltes Penangrohr, war eine Waffe, mit der durch wiederholte Schläge die schrecklichen Verletzungen hervorgerufen worden sein konnten, denen der Trainer erlegen war.
      Andererseits hatte er selber keine Wunde, während doch Strakers Messer darauf hindeutet, daß wenigstens einer der Angreifer von ihm gezeichnet worden sein muß. Da haben Sie alles in nuce, Watson, und wenn Sie mir ein Licht aufstecken könnten, wäre ich Ihnen äußerst verbunden.«
      Ich hatte mit dem größten Interesse der Darstellung gelauscht, die Holmes mit der ihm eigenen Klarheit vor mir ausbreitete; doch obwohl mir jetzt die meisten Fakten vertraut waren, konnte ich sie noch nicht so recht nach ihrer Wichtigkeit einordnen und wußte auch nicht, wie sie zusammenhingen.
      »Ist es nicht möglich«, schlug ich vor, »daß die Schnittwunde an Strakers
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