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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel
Autoren: Emma Sternberg
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Diese Schlaglöcher! Diese Serpentinen! Oh, tut mir der Hintern weh. Ich schlage die Tür meines Allrad-Pandas zu, werfe einen Blick auf die gegenüberliegenden Gipfel, die heute bedrohlich nahe stehen, und hieve meine Einkäufe ins Haus.
    Natürlich ist es nicht bei den Zutaten fürs Gulasch geblieben – neben neuem Deo und einem Vorrat Fünf-Minuten-Terrinen habe ich mir sämtliche deutschsprachigen Zeitschriften in den Wagen gepackt, die ich finden konnte. Hätte ich auch nicht gedacht, aber kaum ist man mal vier Tage ohne Telefon, Internet oder Fernseher auf einem Berg, fühlt man sich in einem Supermarkt wie eine Verdurstende, die in der Wüste Sahara tatsächlich auf die Punica-Oase gestoßen ist.
    In der Küche packe ich die Einkäufe aus und reihe sie auf der Arbeitsfläche aus Edelstahl auf. Mir wird fast ein bisschen schwindelig. Ausgerechnet ich soll daraus etwas kochen? Eigentlich hatte ich ja gehofft, dass Gianni mir dabei hilft, aber der ist spurlos verschwunden, genauso wie diese unberechenbaren Jirgls . Und das, wo doch jederzeit ein Gast kommen kann.
    Gut nur, dass ich Tante Johannas Kochbuch habe – in Zukunft bekommt hier niemand mehr Dosenfutter serviert. Ab sofort wird sich hier etwas ändern!
    Wagemutig schlage ich die Seite mit dem Rezept auf.
    Gadertaler Gulaschsuppe. Zubereitung, steht da, und: Als Erstes die Zwiebeln schälen und würfeln.
    Okay, es kann losgehen. Ich schiele noch einmal auf die Mengenangabe. 1500 Gramm. Dann schiele ich noch einmal auf die drei Netze, die vor mir liegen. Je 500 Gramm. Es sind extra kleine Zwiebelchen, ungefähr so groß wie Pingpongbälle. Ich hätte ein bisschen nachdenken sollen statt einfach die Sorte in den Wagen zu packen, die am niedlichsten aussieht. Bis ich diese blöden Minidinger geschält habe, ist Justin Bieber ein Bart gewachsen.
    Vielleicht fange ich doch lieber einfach mit dem zweiten Schritt an.
    Das Fleisch trocken tupfen.
    Meine leichteste Übung. Ich reiße das Päckchen mit dem Fleisch auf, breite die Würfel auf einem großen Holzbrett aus und sehe mich um. Die Wände hängen voller Pfannen, die Regale und Schränke sind mit riesigen Töpfen und Sieben gefüllt und jeder Menge anderem Profi-Bedarf. Und ausgerechnet Küchenrolle soll es hier nicht geben? Aber nein, ich finde keine. Na ja. Werde ich einfach etwas Klopapier benutzen. Ist am Ende doch dasselbe, nur dass die Blätter kleiner sind.
    Sag ich doch. Ganz einfach. Fleisch trocken tupfen. Tupf, Tupf, Tupf. Und es geht ganz schnell. Ich meine, es war vielleicht auch ein bisschen übertrieben, von mir zu behaupten, ich könne überhaupt nicht kochen. Ich kann zum Beispiel Nudeln mit Sahnesauce, mein Spezialgericht. Und Wokgemüse mit Sojasauce und Hühnchen. Außerdem kann ich Fünf-Minuten-Terrine und Ikea-Tiefkühl-Köttbullar. Die kann ich sogar so gut, dass sie genauso schmecken wie im Ikea-Restaurant. Der Trick: Die Sauce gibt es im Schweden-Shop ebenfalls zu kaufen. Man muss das Pulver nur in Wasser einrühren, aufkochen lassen, Schuss Sahne dazu, umrühren – fertig!
    Oh. Was ist das? Das Klopapier löst sich ja auf! Da passt man ein paar Minuten nicht auf, und schon ist das ganze schöne Fleisch voller weißer Fetzen.
    Ich hätte ein OP -Besteck mit einpacken sollen, statt Nagelfeile und Wimpernzange.
    Es dauert fast eine halbe Stunde, bis ich die Papierschnipsel weitgehend abgefieselt habe, deshalb beschließe ich, das Fleisch, das noch nicht klopapierkontaminiert ist, eben einfach feucht zu lassen. Am Ende wird es in der Pfanne ja sowieso erhitzt, da verdunstet doch das ganze Wasser. Und wenn nicht: Hinterher wird es ohnehin mit Rotwein abgelöscht. Da ist es doch grad egal.
    So, was kommt als Nächstes?
    Schmalz in einem gusseisernen Bräter erhitzen.
    Ich hole Tante Johannas Lieblingsschmortopf aus dem Regal und sehe mich in der Küche um … Schmalz … Schmalz … Was meinen die jetzt wohl mit Schmalz? Wahrscheinlich Butter, oder? Ich meine, das Wort gibt es doch: Butterschmalz. Ist vermutlich dasselbe. Eben.
    Manchmal muss ich meinem Vater schon recht geben: Die Fähigkeit zu logischem Denken ersetzt so manchen Studiengang.
    Als ich die Butter aus dem Kühlschrank hole, fällt mein Blick auf die drei Netze mit den Zwiebeln. Die hätte ich fast vergessen. Hm. Aber na ja, seien wir doch mal ehrlich: In Tante Johannas Gulasch hatten sich die Zwiebeln doch stets vollständig aufgelöst, sodass man sie gar nicht mehr bemerkte. Und besonders stark danach geschmeckt hat
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