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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel
Autoren: Emma Sternberg
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Ladung Weißwäsche, der Wanderschilder und eines gescheiterten Anschlags mit einem bösartigen Darmbakterium.
    Fritz Jirgl zeigte sich ordentlich reumütig, doch seine Angetraute ließ sich nicht erweichen – sie will sich tatsächlich von dem Arsch scheiden lassen. Ich habe ihr eine Woche Urlaub gegeben, damit sie ein paar Sachen regeln kann, und hoffe, sie zieht die Sache auch tatsächlich durch und kommt danach zu uns zurück. Wir können hier wirklich Hilfe gebrauchen. Die deutsche Ausgabe von Food and Travel hat sich für ein Fotoshooting angemeldet, genauso wie die Brigitte und GEO Saison. Was Vera mit ihrem Riecher so alles in Bewegung gesetzt hat! Wenn das so weitergeht, werden wir das Alpine Relax kaufen müssen – um all die Gäste irgendwo unterzukriegen.
    Ich forme den Teig zu einer Kugel, decke ihn mit einem Geschirrtuch ab und lege ihn zur Seite. Dann hole ich die Marillen aus dem Vorratsraum. Ich schneide die erste auf und stecke eines der Würfelzuckerherzen hinein, die von Nicks Marillenknödeln noch übrig sind.
    » Signora Sophia!«
    Ich drehe mich um. Gianni steht in der Tür – es muss also inzwischen halb sieben sein, denn heute ist er es, der sich ums Frühstück kümmert. Wir lächeln uns an, und ich werde gleich noch viel froher, weil ich zum ersten Mal seit Langem Giannis Zähne sehe. Es dürfte klar sein, wieso. Nicht, dass die irrsinnig schön wären, ich freue mich nur, dass er lacht.
    » Was macke Sie?«, sagt er und nimmt sich Nicks Kochjacke vom Nagel. Sie ist ihm natürlich sechs Nummern zu groß, und er sieht darin aus wie zu heiß gebadet. Es ist nicht so, dass er keine eigene Arbeitskleidung hätte, aber als er das graue Modell von Nick gesehen hat, fand er es so schick, dass der ihm erlaubt hat, sie an seinem ersten Arbeitstag zu tragen. Natürlich haben wir Gianni dann eine eigene bestellt, in der richtigen Größe und mit eingesticktem Namen. Sie wird unser Begrüßungsgeschenk für ihn.
    Nick und er werden sich den Küchendienst teilen. Die beiden verstehen sich ziemlich gut, jedenfalls dafür, dass Gianni nun einmal Gianni ist und nicht gerade der Hape Kerkeling unter den Köchen. Gestern Abend saßen sie nach dem Essen einträchtig bei einem Glas Rotwein auf der Terrasse, um die Menüs für die kommende Woche zu planen, und tauschten sich über Rezepte aus wie zwei Omas beim Kaffeekränzchen.
    Gianni bindet sich die Schürze vor dem Bauch zu und kommt näher.
    Interessiert beobachtet er, wie ich Würfelzuckerherz um Würfelzuckerherz in die Marillen stecke.
    » Marilleknedel all’amore«, stellt er fest. » Wo isse Teig für?«
    » Du sollst das Frühstück machen«, rüge ich ihn, » nicht deiner Chefin hinterherschnüffeln!«
    Aber da hat er ihn schon gefunden. Er hebt das Tuch an, zwackt ein Stück davon ab und kostet.
    » Bene, bene«, sagt er. » Aber musse mehr Grieß.«
    Ich nehme einen herumliegenden Kochlöffel und versuche, ihn damit zu verjagen. » Lass mich das alleine machen!«, sage ich.
    » Mehr Grieß«, insistiert er. » Icke macke.«
    Ich gebe mich geschlagen und sehe zu, wie er noch etwas Grieß blitzschnell mit dem Kartoffelteig verknetet.
    » Fertig«, sagt er. » Jetzte macke alleine.« Er greift sich den Speck und geht zur Schneidemaschine.
    » Okay«, sage ich, nehme ein Stück Teig und drücke es flach in meine Hand. So, jetzt die Marille.
    Ich glaube, es gibt ein paar Sachen, die ich gelernt habe in den letzten Wochen. Eine davon ist die: Man darf sich nie einfach so geschlagen geben. Wirklich nie.
    Ich meine, klar, ich konnte ja nicht ahnen, dass Nick und Annie seit dem Tod ihrer Eltern unzertrennlich sind, aber dass ich einfach so Hals über Kopf geflohen bin, als ich die beiden gesehen habe, das war vielleicht der größte Fehler, den ich je begangen habe. Vielleicht sogar der größte meines Lebens.
    Aber ich will, dass dies der letzte gewesen ist.
    Meine Chancen stehen nicht schlecht: Gestern hat Nick mich nach Brixen begleitet, um Gianni zu holen, denn es war klar, dass wir nicht zulassen können, dass er weiter im Großmarkt Regale füllt. Mir war ein bisschen bang vor der Entscheidung, ihn zurückzuholen, und dem, was sie mit sich bringen könnte. Ich habe all meinen Mut zusammengenommen und Nick gefragt, ob er eventuell auch dann in Alrein bleiben würde, wenn es einen zweiten Koch gäbe.
    Er ist auf die Bremse gestiegen und hat angehalten. Und dann hat er mich geküsst.
    Ich hätte heulen können vor Glück, ehrlich.
    Ich kann nicht
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