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Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2

Titel: Die Memoiren des Sherlock Holmes Bd. 2
Autoren: Arthur Conan Doyle
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es sich herausstellte, daß außer der Verhaftung des jungen Fitzroy Simpson nichts geschehen war, fühlte ich, es sei Zeit für mich, in Aktion zu treten. Dennoch kommt es mir irgendwie vor, als sei der gestrige Tag nicht verschwendet.«
      »Sie haben also eine Theorie aufgebaut?«
      »Wenigstens habe ich die wichtigsten Fakten des Falls im Griff. Ich werde sie Ihnen aufzählen, denn nichts macht einen Fall übersichtlicher, als wenn man ihn jemandem vorträgt, und außerdem kann ich Ihre Mitarbeit kaum erwarten, wenn ich Ihnen nicht die Stelle zeige, bei der wir anfangen.«
      Ich lehnte mich in das Polster und paffte meine Zigarre, während Holmes, vorgebeugt, mit seinem langen Zeigefinger die einzelnen Punkte an der linken Hand abzählend, mir einen Umriß der Ereignisse vermittelte, die zu unserer Reise geführt hatten.
      »Silver Blaze«, sagte er, »stammt aus der Isonomy-Linie und hat eine ähnlich glänzende Siegesliste wie sein berühmter Vorfahr. Er steht jetzt in seinem fünften Jahr und hat Colonel Ross, sei nem glücklichen Besitzer, hintereinander alle Preise des Turfs gebracht. Bis zu der Katastrophe war er der erste Favorit für den Wessex-Cup – die Wetten standen drei zu eins. Er war immer der Liebling des Rennpublikums, und bis jetzt hat er es nie enttäuscht; selbst bei kleinen Wetten wurden enorme Summen auf ihn gesetzt. Es liegt deshalb auf der Hand, daß viele Leute das stärkste Interesse hatten, den Start von Silver Blaze am nächsten Dienstag zu verhindern.
      Das war natürlich in King’s Pyland, wo die Stallungen des Colonel liegen, bekannt. Alle Vorsichtsmaßnahmen, den Favoriten zu schützen, waren getroffen. Der Trainer, John Straker, war ein ehemaliger Jockey – er ritt für Colonel Ross’ Farben, bevor er für die Waage zu schwer wurde. Er hat dem Colonel fünf Jahre als Jockey gedient und sieben Jahre als Trainer, und immer hat er sich als eifriger und ehrlicher Angestellter erwiesen. Unter Straker arbeiteten nur drei Burschen, denn es handelt sich um einen kleinen Rennstall, in dem nur vier Pferde betreut werden. Jeweils einer von diesen Burschen hält Nachtwache, während die anderen auf dem Speicher schlafen. Alle drei Jungen haben einen hervorragenden Ruf. Der verheiratete John Straker wohnte in einem kleinen Landhaus, etwa zweihundert Yards von den Ställen entfernt. Er hatte keine Kinder, hielt sich ein Dienstmädchen und war ganz gut dran. Die Gegend ist sehr einsam, aber ungefähr eine halbe Meile nördlich gibt es eine kleine Gruppe Landhäuser, die von einem Unternehmer aus Tavistock für Kranke und andere Leute, die die reine Luft von Dartmoor genießen wollen, erbaut worden sind. Das Städtchen Tavistock liegt zwei Meilen weiter westlich, und jenseits des Moors, in ebenfalls ungefähr zwei Meilen Entfernung, befindet sich der größere Rennstall von Capleton, der Lord Backwater gehört und von Silas Brown geleitet wird. Nach jeder anderen Richtung ist das Moor völlige Wildnis und wird nur von ein paar umherziehenden Zigeunern bewohnt. Das war die allgemeine Situation am Abend des letzten Montags, als sich die Katastrophe ereignete.
      Die Pferde waren wie gewöhnlich trainiert und getränkt worden, und man schloß die Ställe um neun Uhr ab. Zwei von den Burschen gingen hinüber zum Haus des Trainers, wo sie in der Küche ihr Abendbrot aßen, während der dritte, Ned Hunter, als Wache zurückblieb. Das Dienstmädchen, Edith Baxter, brachte ihm einige Minuten nach neun sein Essen, eine Schüssel Hammelragout mit Curry, in den Stall. Zu trinken hatte sie nichts mit; es gab im Stall einen Wasserhahn, und es war angeordnet, daß der wachhabende Bursche nichts anderes trinken durfte. Das Mädchen trug eine Laterne bei sich, denn es war sehr dunkel, und der Pfad läuft durchs offene Moor.
      Edith Baxter war noch dreißig Yards von den Stallungen entfernt, als aus der Dunkelheit ein Mann auftauchte und sie anrief stehenzubleiben. Als er in den Lichtkreis trat, den die Laterne warf, sah sie, daß es ein Mann von vornehmem Äußeren war, in einen grauen Tweedanzug gekleidet, auf dem Kopf hatte er eine Tuchmütze. Er trug Gamaschen und hatte einen schweren Stock mit einem Knauf bei sich. Sie war höchst beeindruckt von der außerordentlichen Blässe seines Gesichts und seinem nervösen Gebaren. Sein Alter, dachte sie, mußte eher über dreißig liegen als darunter.
      ›Können Sie mir sagen, wo ich hier bin?‹ fragte er. ›Ich hatte mich fast damit
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