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Die Meerjungfrau

Die Meerjungfrau

Titel: Die Meerjungfrau
Autoren: Carter Brown
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Armaturenbretts
anschaltete.
    »War es Joe?« sagte sie mit rauher Stimme.
    »Nein«, sagte ich. »Beruhigen
Sie sich, es war jemand, der ihm überhaupt nicht ähnlich sieht.«
    Sie fiel in sich zusammen wie
eine Stoffpuppe. Ich ließ den Motor an und fuhr im ersten Gang über den
unebenen Boden auf die Autostraße zu.
    Ungefähr fünf Minuten später sah
ich, wie sie begann, sich wieder aufzurichten.
    »Ihr Mann ist also vor drei
Tagen verschwunden?« sagte ich. »Er ging einfach morgens weg und ist seither
nicht zurückgekommen?«
    »Ja.«
    »Hat ihn irgend
etwas bedrückt — ich meine, irgend etwas Besonderes, verstehen Sie?«
    »Joe hat nie etwas bedrückt.«
    »Es ist also nicht
wahrscheinlich, daß er sich umgebracht hat. — Er ist einfach wie ein Rauchring
in einem Ventilator verschwunden? «
    »Finden Sie das Ganze so
komisch, Mr. Royal?«
    »Nein«, gab ich zu. »Ich
versuche nur, irgendwo eine Spur zu finden. Die Agentur hat an allen Orten
nachgeforscht, wo Vermißte im allgemeinen
aufzutauchen pflegen.«
    Ich fügte nicht hinzu, daß wir
zuerst in der Leichenhalle und dann in den Krankenhäusern nachgeforscht hatten
— der Tag war ohnehin unerfreulich genug für sie gewesen.
    Regen spritzte gegen die
Windschutzscheibe und entwickelte sich schnell zu einem Wolkenbruch.
    »Eine widerliche Nacht«, sagte
ich. »Ich bringe Sie nach Hause.«
    »Bitte, bemühen Sie sich
nicht«, sagte sie. »Setzen Sie mich nur irgendwo ab.«
    »Es macht keine Mühe. Sie sind
schließlich unsere Auftraggeberin, Mrs. Baxter.«
    »Setzen Sie mich irgendwo in
der Innenstadt ab«, wiederholte sie.
    »Ich möchte Sie unterwegs zu
einem Drink einladen«, sagte ich. »Sie sehen aus, als ob Sie ein Glas vertragen
könnten.«
    »Nein, danke«, sagte sie mit
Festigkeit.
    Ich konnte das nicht verstehen.
Sie war die erste Frau, die die Chance, sich in meiner Gesellschaft aufzuhalten,
von sich wies. Sie konnte meiner Ansicht nach nicht ganz normal sein.
    Die Unterhaltung stockte, bis
wir in der Innenstadt angelangt waren.
    »Bitte, setzen Sie mich hier
ab, Mr. Royal«, sagte sie, »Ich möchte Ihnen nicht auf die Nerven fallen, aber...«
    Der Regen tanzte wie eine
Truppe Revuegirls auf dem Dach der Limousine.
    »In einer solchen Nacht wie
heute«, sagte ich, »ließe nur ein Ehemann seine Frau allein nach Hause gehen.«
    »Bitte«, sagte sie verzweifelt.
    Ich bremste scharf vor einer
auf Rot wechselnden Verkehrsampel, und der Wagen rutschte einen knappen Meter
weit, sah dann das rote Licht und benahm sich. Irgend jemand hatte mit dem Rotlicht einen Fehler begangen. Mrs. Baxter öffnete schnell die Tür, sprang hinaus, schlug die Tür wieder hinter
sich zu. Ich sah sie über die Straße rennen.
    »He!« schrie ich mit schwacher
Stimme, aber sie war weg, und das Licht wechselte erneut, so daß ich
weiterfahren mußte.
    Ich überquerte die Kreuzung und
fand ungefähr hundert Meter weiter vom eine Parklücke. Dort hielt ich und stieg
aus.
    Es schüttete. Am besten, so
redete ich mir ein, ginge ich jetzt nach Hause, setzte mich in einen bequemen
Sessel, schenkte mir einen Whisky ein und lauschte auf den gegen das Fenster
prasselnden Regen.
    Aber Mrs. Baxter beunruhigte mich. Ich hätte nachts nicht mehr schlafen können, wenn man
sie irgendwann morgen aus dem Fluß gezogen hätte.
    Also mußte ich nach ihr
Ausschau halten. Ihre Wohnung lag ungefähr sechs Häuserblocks weit entfernt.
Ich stieg wieder in den Wagen und ließ den Motor an.
    Cramer hätte mich mit einer
solchen Sache ungeschoren lassen sollen, dachte ich verbittert. Keine Mrs. Baxter — ich bin nicht der mitfühlende Typ. Ich ziehe
es vor, mich um Blondinen zu kümmern, die bereits drei Ehemänner vergiftet
haben und einem jeweils zwei Tropfen Blausäure in die Drinks schütten, nur um
nicht außer Übung zu kommen. Mit solchen Frauenzimmern weiß ich immer, woran
ich bin, und wenn es nahe an der Leichenhalle ist.
    Zehn Minuten später machte ich
das Haus ausfindig. Ein Appartementgebäude in einer der schmutzigeren Straßen.
Wenn die Müllabfuhr jemals dorthin kommen sollte, so dachte ich, konnte
hinterher außer den Gehsteigen nichts mehr vorhanden sein. Ich stieg aus,
stolperte über einen unebenen Randstein und revidierte meine Meinung über die
Gehsteige. Auch sie würden hinterher verschwunden sein.
    Der Eingangsflur war dunkel —
lediglich über der Namenstafel war eine Wandlampe angebracht. Appartement zehn
im vierten Stock war von Mr. und Mrs. Baxter bewohnt.
    Der
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