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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission
Autoren: Bernd Sieberichs
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Straßen mit den Häusern der reichen Bürger aus massiven Steinblöcken, mit den wunderschön anzusehenden bunten Pfannendächern aus Muschelkalk und den Obsidian verzierten Türstürzen, deren Pracht man sich in dieser schwarzen Nacht nur mit viel Phantasie vorstellen konnte; die etwas schlichteren Wohnhäuser der gebildeten Handwerker; der Steinmetze und Holzmeißler, der Jadeschnitzer und Stuckmaler, deren Wohnviertel sie eben hinter sich gelassen hatten. Die meisten Gebäude hatte er nicht nur geplant sondern eigenhändig gebaut. Aber das war lange her. Fünf tun beinahe.
    Kabyum Kin unterdrückte ein Husten und legte seine Hand für einen Augenblick auf die kühle, trockene Mauer eines Lagerhauses: sein let ztes Werk, bevor er zum Straßenbau befohlen wurde. Ein Meisterwerk der Architektur. Die trockene Wand inmitten des Dauerregens zeugte davon. Die verborgenen Fallrinnen, der Dachüberstand und eine ausgetüftelte Boden- und Deckenkonstruktion waren das Geheimnis dieses Gebäudes. Auch wenn Panxor, der neue Weihe-Priester aus Cobá, hartnäckig behauptete, dass es nur das Herzblut des gefangenen Conchal-KriegerKaufmanns gewesen sei, dessen Opferung die letzten spärlichen Vorräte an Mais, Bohnen, Kartoffeln, Kürbissen, Kakao und Kaktusfeigen vor Schädlingen, Schimmel und Fäulnis bewahrt habe, so wusste Kabyum Kin, dass es seine Kunstfertigkeit und sein Geschick im Umgang mit Baustoffen und –techniken waren, die den Bürgern von Toxtlipan Hungersnöte auch künftig ersparen würden. Während der endlosen Trockenheit der vergangenen Jahre hatten die Menschen allerdings vergessen, wie wichtig eine Baukunst war, die ihre Häuser vor Nässe schützte. Kabyum Kins besondere Fähigkeit war nicht mehr gefragt. Und die Dankbarkeit der Menschen war begrenzt wie ihr Gedächtnis.
    Doch das musste man verstehen. Ihre Au fmerksamkeit wurde von zu vielen anderen Dingen in Anspruch genommen: welterschütternde Ereignisse wie die Thronerhebung SchlangenVogels oder die versuchte Ermordung des alten Königs, Pakal; Grenzzwistigkeiten, Kriege, Gelbfieber, Hunger, Tod. Kabyum Kin hasste diese Menschenopfer, die nicht enden wollenden Ströme von Blut. Und er verabscheute die Priesterinnen und Tempeldiener, die, von ihrer Macht berauscht, die Blutzölle für ihre dürstende Gottheit eintrieben. Mit diesem Gesindel wollte er nichts mehr zu tun haben. Und seine Gefolgsleute auch nicht.
    Kabyum Kin riss sich zusammen und gab durch einen Händedruck das Zeichen zum Weitermarsch. Die Gesichter der Einwohner Toxtl ipans blieben genauso wie die leuchtenden Farben der schmucken Hausfassaden und die in Stein gemeißelten Gesichter ihrer Götter im Nachtschatten zurück.
    An die Götter hatte Kabyum Kin sich schon als ganz junger Mann nicht gewöhnen mögen. Zu blutig waren ihm ihre Gelüste, zu streng ihre Moral. Er hatte Tikal, die Stadt seiner G eburt, seine Eltern, seine Geschwister, seine Sippe, im Zorn und unter Lebensgefahr verlassen, weil er nicht bereit gewesen war, die begehrlichen Riten der obersten Götterdiener, der Priester, zu unterstützen. Er wollte nicht helfen, einem einfachen Bauern das Feld zu nehmen, um dort einen prunkvollen Tempel zu bauen. Und so war er aufgebrochen, eine neue Stadt in einem anderen Land unter weitherzigeren Menschen zu errichten. Der Anfang war berauschend gewesen. Toxtlipan war aus dem Dschungel gewachsen. Die Menschen aus der Umgebung strömten herbei, ließen sich nieder und trugen mit ihrer Kraft und ihrem Geschick dazu bei, dass aus Häusern eine Stadt und aus Familien eine Gemeinschaft wurde. Aber mit der Stadt und dem Wohlstand ihrer Bewohner wuchsen Neid, Missgunst, Macht und Begier. Und so flüchtete Kabyum Kin zum zweiten Mal.
    " Seid vorsichtig!", raunte er den araucanischen Sklaven zu, die die Bahre mit seinem Sohn trugen. Es gab kaum noch Hoffnung. Nichts, was er für FeuerLicht hätte tun können. Nichts, was er nicht längst schon getan hatte. Niemand wusste Rat. Selbst der buhitihu, der städtische Medizinmann, und all die anderen Schamanen, die er um Hilfe gebeten, ja, förmlich angefleht hatte, waren ratlos. Trotz all ihrer Macht und des gesammelten Heilwissens vieler Generationen schafften sie es nicht, den Dämon des Fiebers zu vertreiben, der von seiner Familie Besitz ergriffen hatte. Auch FeuerLichts Lebenskreis würde sich bald schließen.
    Kabyum Kin hoffte auf seinen Freund, den FeuerEisMann, den sie drei Tagesmärsche en tfernt an der Küste treffen wollten.  Die
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