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Die Maya-Midgard-Mission

Die Maya-Midgard-Mission

Titel: Die Maya-Midgard-Mission
Autoren: Bernd Sieberichs
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Sterne sagten, dass der FeuerEisMann, in drei kin über das Meer kommen würde. Kabyum Kin betete, dass die Sterne nicht logen. Und er betete, dass der Lederbeutel seines Freundes vor heilbringenden Kräutern nur so barst. Nur der FeuerEisMann konnte FeuerLichts Lebensstern wieder zum Leuchten bringen. Er musste.
    In seinem Schmerz, seiner Trauer und sp äter auch in seiner Wut hatte Kabyum Kin sich Gedanken gemacht, woran seine Familie krankte. Die Dürre alleine wollte er nicht verantwortlich machen, denn auch sie musste ihren Grund haben. Er war Menschen begegnet, die seinen Kummer teilten. Gemeinsam hatten sie erkannt, dass nicht nur Kabyum Kins Familie von einer heimtückischen Krankheit bedroht wurde, sondern ihre gesamte Gemeinschaft. Das Gelbfieber war vielleicht für das Siechtum einiger Familien verantwortlich, aber die Gesellschaft litt unter einer noch viel ansteckenderen Krankheit. Ihr Name war Machtgier. Nur die Schamanen und die Priesterherrscher von Yaxuná, Cobá und Toxtlipan, der Hauptstädte des Dreikönigreiches, schienen nichts von der Unruhe zu bemerken, die das Volk befallen hatte. Sonst hätte ihre Politik friedliebender sein müssen.
    Die Könige hatten zu viele Kriege geführt; zu viele Bauern zu Kri egern gemacht; zu viele Söhne geopfert; zu viele Nachbarn getötet und versklavt; zu viele unnütze, belastende Dinge angehäuft. Sie hatten durch zuviel Wohlstand zuviel Bequemlichkeit erfahren; zuviel Wesentliches verleugnet, vergessen oder verlernt. Zwar war auch das einer der Kreisläufe des Lebens, wie Kabyum Kin sich eingestand, aber einer von höchst unheilvoller Art.
    Kabyum Kin war sich der Konsequenzen nur zu sehr bewusst. Mehr Menschen brauchten mehr von allem. Sie verlangten nach Schutz, nach einem Dach über dem Kopf, nach mehr Mais, mehr Wasser und immer mehr. Also musste mehr bebaubarer Boden her; für mehr Fe lder und mehr Häuser. Doch gerodetes Land war ebenso knapp wie Menschen, die es bestellen und besiedeln konnten. Also wurden noch mehr Nachbarvölker überfallen und ihrer Äcker, der Schätze ihrer Böden und der Kraft ihrer Menschen beraubt. Danach begann der Kreislauf von Neuem: mehr Wohlstand, mehr Menschen, mehr Gier nach immer  mehr. Dazu kamen Unruhen und Aufstände in den neuen Grenzgebieten. Die ebenso geschäftstüchtigen wie waffenkundigen Itzá drängten aus dem Nordosten heran. Gefolgt von Zerstörung und Zerfall. In mehreren Schlachten war es den kriegerischen Händlern gelungen, befestigte Siedlungen entlang der Nordküste zu errichten und zu halten. Vor wenigen Tagen erst hatte Kabyum Kin die Nachricht vom Tode seines Bruders erreicht. RauchFrosch, der eigentlich ein Bauer war, musste bei den Kämpfen um Emal im Norden im Kampf gegen die Itzá gefallen sein.
    Der Staat zerfranste an seinen Rändern wie ein alter Umhang und siechte im Innern gleich einer faulen Frucht. Ein verhängnisvoller Kreislauf. Es war, als würde ein Baumeister s olange neue Mauern auf die Grundmauern eines alten Hauses türmen, bis der Himmel erreicht wäre und schließlich das gesamte Gebäude beim geringsten Wind-hauch wanken würde wie ein Blütenblatt unter dem Flügelschlag eines Affenadlers. Begännen dann innere und äußere Kräfte im Wechselspiel auf die Mauern zu wirken, so würde jedes Bauwerk, selbst eines aus Stein, in sich zusammenstürzen wie die erbärmlichste Hütte aus Maisstroh.
    Kabyum Kin, der Baumeister, wusste wie kein anderer, wie schnell man unter den Trümmern eines sorglos gebauten Hauses begraben werden konnte. Er hatte es von seinen Vorvätern gelernt und bangte, ob er das Wissen jemals würde weitergeben kö nnen. Mehr und immer mehr und noch mehr würden in ihrer Summe schließlich nur Nichts ergeben. Das hatte die Dürre den Menschen überdeutlich gemacht.
    Wie seine innersten Gedanken, so übe rstürzten sich auch die Unheil bringenden Ereignisse im Dreikönigreich. Toxtlipan war nur eine kleine Stadt, je zwei Tagesmärsche von den Metropolen Cobá und Yaxuná entfernt. Aber die Auswirkungen der gesellschaftlichen Notlage waren deutlich spürbar. Einige Toxtlis erkannten das nicht, andere wollten es nicht wahrhaben. Die meisten spürten die Folgen am eigenen Leib. Die Forderungen der beiden Metropolen an ihre ländlichen Vasallen wurden zusehends dreister. Die Bauern, die nicht lernen mussten Speere zu werfen oder Steine zu schleudern, wurden immer weniger, sollten aber immer mehr Menschen mit den Früchten ihrer zwangsweise vernachlässigten und
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