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PR 2677 – Rhodans Entscheidung

PR 2677 – Rhodans Entscheidung

Titel: PR 2677 – Rhodans Entscheidung
Autoren: Christian Montillon
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Prolog
    Abgesang (3)
     
    Das Geräusch erinnerte an das Brechen eines Knochens. Es tropfte in die Stille wie Blut in den Schmutz eines Schlachtfelds.
    Aber der Knochen brach nicht. Niemand wandte Gewalt an, es gab keinen Unfall.
    Stattdessen hatte sich der Protektor nur hastig umgedreht, als er die Zentrale verlassen und sein Privatquartier betreten hatte. Der Laut war aus seiner Schulter gekommen, und das machte ihn wütend. Sollte er sich auch noch darum kümmern? Um seinen schwachen Leib, der nicht so funktionierte, wie er musste?
    Kaowen hatte es von Anfang an geahnt. Seit er gestorben und in diesem Klonkörper wiedererwacht war, wusste er, dass etwas nicht in Ordnung war. Die Muskulatur gehorchte ihm nicht perfekt, der Leib war hinfällig.
    Der Protektor sprach mit niemandem darüber und offenbarte sich keinem Mediker. Er hasste die Vorstellung, über seine Unzulänglichkeiten zu reden wie ein gewöhnlicher, erbärmlicher Xylthen-Schwächling. Alte Frauen mochten so handeln oder Ausgestoßene – aber er nicht!
    Wieso steckte er in dieser ... Fehlproduktion fest? Während des Klonvorgangs oder der viele Jahrzehnte langen Lagerung war es offenbar zu einem Fehler gekommen. Dieser ebenso simplen wie bitteren Erkenntnis musste sich Kaowen stellen.
    Eine Ausweichmöglichkeit gab es ohnehin nicht mehr. Dies war der letzte Klonkörper, der ihm zur Verfügung stand, das letzte neue Leben, das QIN SHI seinem treuen Diener geschenkt hatte. Wenn der Protektor diesmal starb, dann für immer. Seinem Bewusstsein stand keine neue Heimat mehr zur Verfügung.
    Damit fand er sich ab. Er akzeptierte es, weil ihm nur diese Möglichkeit blieb, sosehr ihn diese Vorstellung auch erschreckte, sosehr er es auch hasste. Allerdings kam es ihm vor, als wäre sein Körper an diesem Tag besonders schwächlich und anfällig für ...
    ... Fehler.
    Er verabscheute Fehler.
    Von Anfang an war mit diesem Klonleib etwas nicht in Ordnung gewesen. Er reagierte nicht in allen Einzelheiten so, wie Kaowen es von seinen früheren Körpern gewohnt war. Und er zeigte immer wieder Phantomschmerzen.
    Im rechten Auge.
    Der Protektor musste keinen Mediker hinzuziehen, um zu wissen, woher diese Schmerzen kamen. Nicht von seinem Körper. Denn er kannte sie nur zu gut. Er erinnerte sich an sie. Er hatte sie lange genug empfunden, als sie noch echt gewesen waren.
    Wenn er die Augen schloss und seine Umgebung aussperrte, sah er die Bilder aus der Vergangenheit vor sich ... damals, in dem Leib, in dem er einst von seiner Mutter geboren worden war.
    Er kannte diese Bilder noch nicht lange. Erst seine letzte Begegnung mit QIN SHI hatte ihm all seine Erinnerungen zurückgegeben.
    Er stand kurz davor, den Ausleseprozess für sich zu entscheiden. Nur noch ein anderer Xylthe war übrig. Ein einziger Konkurrent um QIN SHIS Gunst und um die Möglichkeit, den eigenen Tod zu überleben.
    Zu zweit hatten sie sich als die besten erwiesen und alle Gefahren überstanden. Aber nun gab es keine Gemeinsamkeiten mehr, sondern nur noch Feindschaft. Respekt vor dem anderen zählte nicht mehr. Es ging nur um den endgültigen Sieg.
    Die Sonnenstrahlen blitzten auf der weiten Ebene des rötlichen Salzsees, in dessen Mitte er stand. Das Wasser reichte ihm nur bis zu den Unterschenkeln, es war so flach, dass vereinzelte Salzkristalle vom Boden bis ins Freie ragten. Sie sahen aus wie tiefrot verkrustete Speere.
    Es piepste. Eine Nachricht ging ein, genau wie programmiert. Die Schiffspositronik der RADONJU setzte ihn über jede Irregularität im Flug zum Sammelpunkt mit seinen Truppen in Kenntnis. Dem hatte er absolute Priorität eingeräumt. Er wollte jederzeit über den aktuellen Stand informiert sein.
    Er ließ sich die Meldung akustisch vorspielen. Demnach gab es eine Hyperraum-Instabilität durch ein plötzlich ungewöhnlich aktives Viibad-Riff; nach dem nächsten Zwischenstopp musste die Positronik den Kurs neu berechnen. Die Ankunft am Ziel verzögerte sich voraussichtlich um mehr als vier Stunden.
    Ein äußerst bedauerlicher weiterer Zeitverlust, bis endlich die Attacke auf das zufällig entdeckte Versteck des Verzweifelten Widerstands startete. Es ärgerte ihn, aber es gab ihm auch Gelegenheit, seine Strategie noch einmal zu hinterfragen.
    Um besser nachdenken zu können, änderte er die Beleuchtung im Raum. Die Frequenz, Helligkeit und die fast unmerkliche bläuliche Einfärbung glichen nun den Verhältnissen auf Xylth, der Ursprungswelt seines Volkes.
    Es tat gut; es hatte etwas
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