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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin
Autoren: Lea Korte
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auseinanderzubringen. »Don Juan, wir sind hier als Gesandte des Königshauses!«
    »Und als gute Christen«, brüllte der Kastilier und stieß auf die Kehle seines Gegners zu. Yazid duckte sich, und Don Juans Schwert schrammte knapp an seiner Stirn vorbei. Nur durch einen hastigen Sprung zur Seite konnte Gonzalo verhindern, selbst von Don Juans Schwert getroffen zu werden.
    Zahra raffte ihre Tunika und rannte zurück in den Myrtenhof. »Wachen, kommt schnell, ihr müsst sie auseinanderbringen, sonst gibt es Tote!«
    Die Wachen würdigten Zahra keines Blickes. Helle Jungmädchenstimmen gehörten nicht zu den Geräuschen, auf die zu reagieren sie gewohnt waren.
    »Beim Allmächtigen, hört ihr denn nicht? Sie bringen einander um!«, schrie sie noch einmal und gestikulierte dabei heftig mit den Armen. Endlich sahen die Wachen zu ihr her. Doch erst als sie ihnen noch einmal zurief, was im Löwenhof vor sich ging, herrschte der Ältere den Jüngeren an, aus dem Thronsaal Verstärkung zu holen, und stürmte in die von Zahra gewiesene Richtung. Noch vor der Ankunft Hassans und weiterer Wachleute hatte sich Zahra erneut hinter dem Orangenbusch verborgen. Nach einem kurzen Gefecht gelang es den Wachleuten, die beiden Kämpfenden zu trennen und zu entwaffnen. Um sie bewegungsunfähig zu machen, bogen sie ihnen im Rücken die Arme hoch.
    »Was ist hier los?«, donnerte der Emir Yazid an und machte dem Wachsoldaten Zeichen, ihn loszulassen.
    »Der Kastilier hat mich angegriffen«, gab Yazid wütend zurück und drückte seine Rechte auf die stark blutende Wunde am Unterarm.
    Erbost versuchte Don Juan, sich aus den ihn eisern umklammernden Pranken zu winden. »Euer Laufbursche hat unsere Heilige Jungfrau beleidigt!«
    Bei dem Wort Laufbursche wollte Yazid erneut auf ihn losstürmen, doch Hassan verstellte ihm den Weg. »Die christlichen Abgesandten sind unantastbar, solange sie sich auf meinem Territorium befinden!«
    Yazid biss so heftig die Zähne zusammen, dass seine Kiefermuskeln wie die Griffe von Krummsäbeln hervortraten. Trotzdem wich er zurück und verbeugte sich vor seinem Herrscher. »Euer Wunsch ist mir Befehl, mein Gebieter.«
    Zahra sah, wie Hassan Yazid zuzwinkerte, und schloss daraus, dass ihm der kleine Schwertkampf keineswegs so ungelegen kam, wie er vorgab.
    »Begleite unsere hochverehrten Gäste jetzt zum Tor!« Er verbeugte sich vor den Kastiliern und zog sich mit den Wachleuten zurück.
    »Irgendwann werden wir uns wieder über den Weg laufen«, knurrte Yazid, kaum dass Hassan außer Hörweite war.
    »Das will ich hoffen!«, giftete Don Juan zurück.
    Gonzalo legte ihm mahnend die Hand auf den Arm. »Ich denke, wir sollten jetzt wirklich gehen!«
    Don Juan wischte Gonzalos Hand wie eine lästige Fliege von seinem Arm und stapfte auf das erstbeste Tor zu. Im gleichen Moment merkte Zahra, dass jemand sie ansah. Sie wandte den Blick und sah in Gonzalos warme, braune Augen. Er verbeugte sich kaum merklich in ihre Richtung und machte eine Geste des Dankes. Zahra schüttelte heftig den Kopf. Aus Angst, auch ihr Halbbruder könne ihre Anwesenheit bemerken, wurde ihr gleichzeitig heiß und kalt. Da Gonzalo noch immer nicht ging, legte Zahra beschwörend die Finger auf ihre von dem Schleier verdeckten Lippen und blickte ihn bittend an. In seinen Augen leuchtete Verstehen und ein Hauch Belustigung auf, dann folgte er seinem Landsmann und Yazid, der sich an die Spitze des Trupps gesetzt hatte.
    Als sich das Tor hinter ihnen schloss, sank Zahra mit einem erleichterten Aufseufzen gegen einen Marmorpfeiler und sah noch lange in die Richtung, in der die Männer verschwunden waren. Sie war froh und dankbar, dass alles glimpflich ausgegangen war, froh vor allem für diesen Don Gonzalo, wie sie sich eingestehen musste, und lächelte – ohne zu begreifen, wieso.

2.
    Granada
    15 . August 1478
    A ns Fenster gelehnt, lauschte Aischa mit düsterer Miene Zahras Bericht.
    »Hassan ist ein Holzkopf«, murrte sie anschließend. »Wie kann er den Christen drohen, ohne sich zuvor der Treue unserer Verbündeten in Afrika zu versichern und ohne für einen Krieg überhaupt gerüstet zu sein?« Mit einem Mal stieß sie sich vom Fensterrahmen ab und lachte auf. »Immerhin hat das Ganze auch ein Gutes: Die Absage an das kastilische Königspaar dürfte Hassans Christenhure so manch schlaflose Nacht bereiten.« In ihre großen, dunklen Augen trat ein schadenfrohes Leuchten. »Dieses hinterhältige Weibsstück hat doch schon ihren ältesten
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