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Die Maurin

Die Maurin

Titel: Die Maurin
Autoren: Lea Korte
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Mädchen in Gefangenschaft geraten und versklavt worden. Zwei Jahre später hatte Yazids Vater die junge kastilische Adlige zum ersten Mal am Hofe gesehen, sich in das stille, feinsinnige Mädchen verliebt und es bald darauf geheiratet – ein Schritt, den Yazid ihm nie verziehen hatte. Yazids Großvater mütterlicherseits war schließlich der berühmt-berüchtigte Maurenkrieger Ali al-Attar, und sein Enkel hatte nicht nur dessen dunkle Hautfarbe, sondern auch den unbeugsamen Kampfgeist und den Hass auf Kastilien geerbt. Für ihn waren Kastilier nichts als stinkende Ratten und gehörten ausgerottet. In seinen Augen hatte sein Vater mit dieser Heirat die Ehre seiner verstorbenen Mutter und ihren alten maurischen Familiennamen beschmutzt. Und auch wenn er seine Abneigung gegen die sanfte Leonor mit den Jahren nicht hatte aufrechterhalten können, war der Hass auf die Kastilier doch immer größer geworden.
    »Ihr Jungen habt wohl nur noch Wasser statt Blut in den Adern«, knurrte Don Juan ob Gonzalos sorgenumwölkter Miene.
    »Wasser kann man trinken«, erwiderte sein Begleiter mit einem gleichmütigen Schulterzucken. »Zumindest, solange es nicht mit dem Blut sterbender Soldaten durchtränkt ist.«
    Don Juan machte eine verächtliche Handbewegung und herrschte im nächsten Moment den wieder zu ihnen tretenden Yazid an, sie endlich aus dem Palast zu führen. »Wir wollen hier schließlich keine Wurzeln schlagen!«
    Yazid verzog keine Miene, einzig die rechte Augenbraue hob sich ein winziges Stück. Wie Zahra es nicht anders erwartet hatte, setzte er sich erst etliche Atemzüge später in Bewegung.
    Als die drei Männer um die erste Ecke verschwunden waren, eilte Zahra ihnen nach. Im Löwenhof verbarg sie sich hinter einem ausladenden Orangenbusch und beobachtete, wie Gonzalo im Unterschied zu seinem grimmig dreinschauenden Begleiter beim Anblick der vor ihm liegenden Pracht aufstrahlte. In der Mitte des langgezogenen Hofes entsprang der sogenannte Quell des Lebens in einem von zwölf Löwenfiguren getragenen Brunnen. Gonzalo ließ seinen Blick bewundernd über den von hundertvierundzwanzig grazilen Säulen aus weißem Marmor getragenen Bogengang gleiten, der in seiner Leichtigkeit an den Palmenhain einer Wüstenoase erinnerte.
    »Welch Wunderwerk der Architektur«, rief er beeindruckt, trat näher an den Brunnen und fragte Yazid auf Arabisch, ob die Gestaltung des Patios eine tiefere Bedeutung habe, die sich dem ungeübten christlichen Auge verschloss.
    »Euren ungeübten christlichen Augen verschließt sich so manches mehr als nur das«, gab Yazid zurück.
    Ungeachtet dieser Spitze sah sich Gonzalo weiter bewundernd im Patio um. Don Juan aber zischte: »Euren Heidenaugen entgeht auch so manches, zum Beispiel, dass Ihr Euch nicht mehr lange in dieser Pracht aalen werdet. Die unbefleckte Jungfrau wird den Kastiliern beistehen und ihnen zum Sieg über euch Heiden verhelfen!«
    »An unserer Seite kämpft Allah,
ta’ala,
und ich glaube kaum, dass sich der Allmächtige von einem Götzenbild einschüchtern lässt!« Yazids Augen blitzten.
    »Ihr und Euer Allah«, schnaubte Don Juan. »Aber Euer Heidenverstand ist eben zu winzig, als dass darin der wahre Glaube Einzug halten könnte.«
    »Winzig erscheint mir eher der Eure«, konterte Yazid. »Bei aller Hochachtung vor den Überzeugungen der Jünger des Propheten Isa kann ich über seine Lehre von der Empfängnis eines Gottessohnes durch Maria doch nur lachen. Es gibt keinen Gott außer Allah,
ta’ala,
und Mohammed ist sein Prophet!«
    Don Juan riss sein Schwert aus der Scheide und holte gegen Yazids Kopf aus. Zahra wollte aufschreien, presste aber schnell die Hände vor das Gesicht. Das nachfolgende Klatschen klang schauerlich. Das Schlimmste befürchtend, lugte Zahra durch ihre Finger – doch ihr Halbbruder trug den Kopf noch auf den Schultern. Auf seiner rechten Wange flammte eine breite, rote Strieme. Yazid zog seinen Krummsäbel und stürzte auf den Kastilier los. Hart prallten die Klingen aufeinander. Beim nächsten Schlagabtausch kreuzten sich ihre Schwerter in Augenhöhe. Plötzlich wich Yazid zurück. Don Juan verlor das Gleichgewicht und kippte nach vorn. Sofort hieb Yazid erneut auf ihn ein, doch der Kastilier hatte sich rasch wieder gefangen und wehrte den Angriff meisterlich ab. Wie tollwütige Katzen umschwirrten ihre Waffen einander; nach jedem Schlagabtausch erzitterten die Knäufe in ihren Händen.
    Gonzalo versuchte, die Kämpfenden
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