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Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Gabriele Breuer
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1. K APITEL
    E ndlich fiel die Tür ins Schloss. Alena atmete erleichtert auf und sprang aus dem Bett. Ohne Gotthardt im Zimmer zu wissen, konnte sie sich nun in Ruhe waschen und ankleiden. Nichts war ihr verhasster, als wenn er ihre nackte Gestalt mit einem Blick musterte, den sie beim besten Willen nicht deuten konnte. Manchmal hatte sie den Eindruck, als läge Abscheu darin. Dann wiederum schien er durch sie hindurchzuschauen, als wäre sie gar nicht da. Einmal hatte sie ihn gebeten, die Kammer zu verlassen, während sie sich ankleidete. Doch da hatte Gotthardt gefragt, ob sie den Verstand verloren hätte. Schließlich sei er ihr Gemahl.
    Nachdem Alena sich gewaschen hatte, zog sie das kobaltblaue Kleid mit der goldfarbenen Spitze über. Vaters Lieblingskleid. Nun musste sie sich nur noch das Haar richten. Ungeduldig versuchte sie, es aufzustecken, doch die seidigen Strähnen glitten immer wieder aus den Kämmen. Nach getaner Arbeit würde sie am Abend ohnehin wie ein Waldschrat aussehen. Und das Kleid war viel zu fein für die Drecksarbeiten, die die Schwiegermutter ihr sicherlich wieder auftragen würde. Seufzend legte Alena die Haarnadeln zurück in das Kästchen auf dem Frisiertisch und flocht sich einen Zopf. Dabei fiel ihr Blick auf die wuchtige Truhe neben dem Bett. Sie war die einzige Habe, die Gotthardt mit in die Ehe gebracht hatte – abgesehen von seiner Mutter, die sich in nur wenigen Tagen wie die Sintflut in Vaters Haus ausgebreitet hatte und herrschte, als wäre sie Königin und Kaiserin zugleich.
    Plötzlich vernahm Alena auf der Gasse den Lärm der herannahenden Marktleute, die wie jeden Morgen zum Aldemarkt zogen. Rasch räumte sie den Frisiertisch auf und eilte zum Fenster. Das bevorstehende Schauspiel durfte sie sich nicht entgehen lassen. Vor allen Dingen nicht die Kappesbäuerin, die Kohlköpfe auf den Karren getürmt hatte, um sie auf dem Markt feilzubieten. Bestimmt verfing sich wieder eines der Räder in dem Loch, das der letzte Regen in die Gasse gespült hatte. Alena rieb sich aufgeregt die Hände und wurde nicht enttäuscht. Wie erwartet kippte auch an diesem Morgen der Karren, und schon kullerten die Kohlköpfe zwischen die Füße der Marktleute. Die Karawane geriet ins Stocken. Endlich war es so weit! Alena lauschte mit angehaltenem Atem, um auch ja keinen Fluch zu verpassen.
    »Verdammter Dress! Leck mich doch, wo ich eh kaum was sehen kann!«, schrie die Kappesbäuerin, spie aus und trat wütend gegen einen der Kohlköpfe, der daraufhin einer Rübenbäuerin zwischen die Füße rollte.
    Diese stolperte darüber und fiel mit dem Gesicht in den Dreck. »Du Höhnerföttche!«, keifte sie, während sie sich aufrappelte. »Wart’s ab, dir reiß ich die Fusseln vom Kopf!« Schnaubend griff sie nach einer Rübe und stürzte sich auf die Kappesbäuerin.
    »Wie nennst du mich, du Allermannshure?« Die Kappesbäuerin stellte sich breitbeinig vor ihren Karren und ballte die Fäuste.
    Doch bevor die Weiber aufeinander losgehen konnten, warf sich ein Bauer mit der Statur eines Bären dazwischen und hielt sie auseinander.
    »Dreckiger Hungsfresser, mach Platz!«, kreischte die Kappesbäuerin.
    Alena hielt sich kichernd die Hand vor den Mund. »Hundefresser« hatte das Weib den Bauern genannt. Dieses Wort hatte sie noch nie gehört. Allerdings gefielen ihr die Beschimpfungen »Allermannshure« und »Hühnerpopöchen« fast noch besser.
    Als die Marktfrau erkannte, dass sie gegen den Bauern nichts ausrichten würde, lud sie laut keifend die Kohlköpfe auf den Karren. »Tochter eines Maulesels und einer Hure! Dich krieg ich noch!«, fluchte sie ungehalten weiter.
    Alena stockte der Atem. Es war ihr unbegreiflich, wie solche Worte einen Frauenmund verlassen konnten.
    Nachdem die Kappesbäuerin ihre Ware endlich aufgeladen und währenddessen gut ein weiteres Dutzend Schimpfwörter ausgestoßen hatte, zog sie sich das sackfarbene Tuch vom Kopf und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. Zum ersten Mal sah Alena ihr Haar, das wie Spinnweben auf ihre Schultern fiel. Die Frau war bestimmt nicht mehr die Jüngste, aber so alt, dass das einer Greisin würdige weiße Haar zu ihr passen würde, schien sie doch nicht zu sein. Plötzlich traf Alena der Blick des Weibs. Eisige Schauer rieselten über ihren Rücken.
    »Dir wird das Lachen noch vergehen, du Fubbelsmatant!«, zeterte die Bäuerin in ihre Richtung.
    Eilig trat Alena vom Fenster weg, verbarg sich hinter dem Vorhang und blies die
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