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Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Gabriele Breuer
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Zahlen auf dem Papier vor sich. Eine Strähne des welligen ergrauten Haares hatte sich in seine Stirn geschoben und verdeckte die tiefen Falten. »Viel zu viele arme Leute kommen zu uns. Wie heute erst die schwangere Korbmacherin. Sieben Albus bekommt sie als Pfründe in der Woche, obwohl sie sich nicht bei uns eingekauft hat. Es sei Gottes Wille. So jedenfalls haben es die Provisoren angeordnet«, seufzte Ambrosius. »Wenn nicht mehr betuchte Bürger am Aussatz erkranken, dann weiß ich nicht, wie wir die Siechen noch ernähren sollen. Die Mildtätigkeit der Kölner Bürger hält sich in diesen Zeiten in Grenzen.«
    »Vielleicht sollten wir den Bürgermeister um Rat fragen.« In Elsgens Gedärmen rumorte es schon wieder. Sie hob erneut den Hintern und entließ die Luft ins Freie.
    »Das stinkt ja grässlich, Frau. Was hast du bloß gegessen?«
    »Puckel, halt die Schnüss und pack dich an deine eigene Placknas! Schlimmer als du aus dem Hals kann kein Furz stinken.« Elsgen warf ihrem Mann einen bitterbösen Blick zu.
    Dieser kratzte sich am Buckel, spannte die Schultern und versuchte, Haltung anzunehmen, bevor er seinen Vorschlag kundtat. »Warum sollen nur die Aussätzigen hier Unterschlupf finden? Was ist denn mit den Alten und Gebrechlichen, die auch auf Versorgung angewiesen sind? Sie könnten ein stattliches Sümmchen zahlen, Hab und Gut dem Hof vermachen und dann hier von ihren Pfründen leben.«
    Ambrosius legte die Stirn in Falten und starrte nachdenklich auf die Zahlen. »Das wäre eine Möglichkeit. Ich könnte darüber mit den Provisoren sprechen.«
    »Rede lieber mit dem Bürgermeister«, warf Elsgen ein. »Diese Provisoren wiegeln doch jeden Vorschlag ab, und hier rafft eher der Hunger als die Sieche die Leutchen hinweg.«
    »Ach was. Der Bürgermeister stört sich doch nicht daran. Dafür sind die Provisoren gerade da«, widersprach Puckel ungehalten. Der Ausdruck in seinen Augen verriet, dass er seiner Frau die Beleidigung noch nicht verziehen hatte. Rot vor Zorn, erinnerte sein kahler Kopf an eine Rosine.
    »Was redest du denn?«, gab Elsgen verächtlich zurück. »Du hast doch keine Ahnung.« Sie tippte sich mit dem Finger gegen die Stirn und verdrehte die Augen. Dann wandte sie sich wieder an Peltzer. »Hör auf mich, Ambrosius, und geh zum Bürgermeister. Aber vergiss nicht, eine kleine Aufmerksamkeit mitzunehmen.«
    »Einverstanden. Und dann sehen wir, wie es weitergeht.« Der Hospitalmeister erhob sich von seinem Stuhl.
    Elsgen tat es ihm gleich und glättete sich mit der flachen Hand die Schürze. »Ich werde nun die neue Sieche in Empfang nehmen und ihr die Ordnung vortragen. Puckel, du kontrollierst die Vorratskammer und notierst, was fehlt. Und vergiss mir nichts!« Sie bedachte ihren Mann mit einem kalten Blick, bevor sie das Häuschen des Hospitalmeisters verließ.
    Auf dem Hof traf Elsgen auf Diederich, das Klappermännchen der Leprosen. Freudestrahlend hielt er ihr die Büchse und den Bettelsack hin. »Hat sich richtig gelohnt heute. Die Bürger waren freigebig wie lange nicht mehr. Keine Ahnung, warum.« Seine Augen verrieten die Vorfreude auf seinen Lohn, und er schwenkte die Klapper, mit der er sich als Bewohner des Leprosencampus auswies, wenn er durch die Straßen Kölns zog.
    Wie so oft spielte Elsgen mit dem Gedanken, seinen Anteil aus der Büchse um die Hälfte zu verringern. Doch das Klappermännchen war gewieft. Jedes Mal wenn sie einen Vorstoß in diese Richtung unternahm, drohte er mit den Provisoren, bei denen er hohes Ansehen genoss. Denn kaum einer verstand sich so gut aufs Betteln wie er.
    Ein warmer Wind wirbelte die Strohspäne vor der Scheune auf. Unsicher blickte Theres sich auf dem Hof der Siechen um. Sie wusste nicht recht, wohin sie sich wenden sollte. Doch da eilte schon eine hochgewachsene hagere Frau auf sie zu, die sich kurz und knapp als Verwalterin vorstellte. Ohne langes Gerede führte sie Theres vorbei an der Scheune zu den Häuschen der Aussätzigen. Das Zimmer war einfach eingerichtet. Es gab ein Bett, eine Truhe und einen kleinen Tisch mit einer Waschschüssel. Aber es war sauber und roch nach Seife. Theres packte seufzend ihr Bündel in die Truhe, worin schon der weiße Siechenmantel lag, und drehte sich zu der Verwalterin um.
    Die Hände in die Hüften gestemmt, stand sie im Türrahmen. »So, meine Liebe. Als Erstes nun die Ordnung. Es ist wichtig, dass du dich an die Regeln hältst. Sonst bist du schneller fort, als du gekommen bist, und kannst dich
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