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Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Magd und das Teufelskind: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Gabriele Breuer
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auch in absehbarer Zeit nichts verdienen, wovon der Rat den hundertsten Pfennig verlangen könnte.«
    Nun meldete sich auch der andere Soldat zu Wort. »Nein, Roder, das Werkzeug werden wir dir nicht nehmen.« Der Klang seiner Stimme erinnerte an das Brummen eines Bären. Der Mann kratzte sich am Kopf, warf einen vielsagenden Blick zu dem lispelnden Soldaten und wandte sich dann wieder an Iven. »Dennoch werden wir nachsehen müssen, ob sich nicht ein brauchbares Möbelstück darin befindet.«
    Iven hatte es geahnt. Wenn er schon einmal log, und das war gewiss nicht oft in seinem Leben geschehen, dann stand ihm die Lüge auf die Stirn geschrieben. Warum nur erlegte Gott ihm eine Prüfung nach der anderen auf?
    Die Stadtsoldaten rückten ihre Uniformen zurecht und schritten im Gleichschritt zu dem Schuppen. Wahrscheinlich hatten sie ihre Ausbildung von Kindesbeinen an gemeinsam genossen. Iven folgte ihnen mit hängenden Schultern. Er dachte an seine Wasserspeier, die in Reih und Glied nebeneinanderstanden, geschaffen, um vielleicht eines Tages die Dämonen von der großen Kathedrale fernzuhalten.
    Die Tür öffnete sich knarzend, und das Sonnenlicht fiel auf die Kunstwerke. Iven traten die Tränen in die Augen. Noch nie hatte er seine Figuren in solch einem Licht betrachtet, und er ahnte, dass er sich nun von ihnen verabschieden musste.
    Der lispelnde Stadtsoldat pfiff durch die Zähne. »Na, wenn die nicht das Stadtsäckel erfreuen werden, dann hol mich der Teufel.«
    Iven glaubte, an dem Kloß in seinem Hals zu ersticken.
    »Beschlagnahmt!«, stieß der andere Soldat hervor. »Die Skulpturen werden wir gleich auf den Karren laden.«
    »Nein!«, schrie Iven auf. In seinem Blut wallte der Zorn. »Das sind meine Werke. Ich habe sie geschaffen. Sie gehören mir! Die Stadt Köln darf keinen Anspruch auf sie erheben.«
    »Da wäre ich an deiner Stelle nicht so sicher«, lispelte der Soldat, schritt auf die Skulpturen zu und betrachtete sie mit nachdenklicher Miene.
    Iven spürte, wie die reine Mordlust von ihm Besitz ergriff. Er schaute sich nach dem Meißel um. Doch der lag genau vor den Füßen des lispelnden Stadtsoldaten. Zischend zog er den Atem ein.
    »Mach bloß keinen Blödsinn! Ich sag’s dir im Guten.« Der andere Stadtsoldat konnte offenbar Gedanken lesen.
    Iven schloss die Augen und betete, Gott möge ihn aus diesem schlechten Traum erwecken.
    »Komm, Tilman, lass uns die Figuren auf den Karren schaffen.« Der lispelnde Soldat griff nach einer der Steinfratzen.
    Mit einem Satz war Iven bei dem Mann. Doch bevor er ihm den Wasserspeier aus der Hand reißen konnte, hatte der andere Soldat ihm bereits den Arm auf den Rücken gedreht. »Wir erledigen nur unsere Arbeit. Hast du verstanden? Hättest du deine Abgaben geleistet, wäre das alles nicht nötig.«
    Eine Skulptur nach der anderen verließ ihren Platz und landete auf dem Karren. Am Ende blieb nur noch eine übrig: das halbfertige Ungeheuer, in dessen Maul der Mann mit dem Lockenkopf den letzten Schrei tat.
    Iven ballte die Fäuste und schluckte den Zorn hinunter, der in seiner Kehle brannte. Urplötzlich dachte er an seinen Bruder, der sich schon seit Jahren nicht mehr hatte sehen lassen. Hans Jorgen zog als Musikant lustig durch die Lande und überließ ihm die ganze Verantwortung für die Eltern, die mit zunehmendem Alter immer schwieriger wurden. Dazu hatte er den Steinmetzbetrieb des Vaters am Hals, der keinen einzigen Albus abwarf. Ivens Wut auf den älteren Bruder wurde immer größer. Doch was nutzte es ihm? Auf dessen Hilfe konnte er ohnehin nicht bauen. Er würde sich allein aus dem Schlamassel befreien müssen. Noch heute würde er sich eine Anstellung suchen.
    Der Schreiber, der im Laubengang des Rathauses zwischen den Säulen saß, schickte Iven die Stufen hinauf zum Zimmer des Rentmeisters Kreps. Mit einem unguten Gefühl im Bauch klopfte Iven an die üppig mit Ornamenten verzierte Tür. Eine tiefe Stimme gewährte Einlass.
    Kreps’ ausladendes Kinn ruhte auf einem Mühlsteinkragen. Tranige Augen blickten aus einem missgelaunten Gesicht. »Was wünschst du?«
    »Ich habe den Beruf des Steinmetzes gelernt und suche nun eine Anstellung als Stadtwerker.« Iven legte seinen Gesellenbrief auf das Schreibpult. »Die Lehrjahre habe ich bei meinem Vater verbracht und die Wanderschaft bereits hinter mir. Nun arbeite ich wieder im Betrieb meines Vaters und bin dabei, mein Meisterstück zu fertigen.«
    »Soso«, brummte Kreps. »Deinem Vater bleiben wohl
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