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Die Märchen von Beedle dem Barden

Die Märchen von Beedle dem Barden

Titel: Die Märchen von Beedle dem Barden
Autoren: J.K Rowling
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stand nicht ganz im Einklang mit seiner Zeit, als er eine Botschaft von brüderlicher Liebe zu den Muggeln predigte. Die Verfolgung von Hexen und Zauberern nahm im frühen fünfzehnten Jahrhundert in ganz Europa an Heftigkeit zu. In der magischen Gemeinschaft waren viele aus gutem Grund der Auffassung, dass ein Angebot, das kränkliche Schwein des Nachbarmuggels mit einem Zauber zu belegen, so viel bedeutete, wie freiwillig das Feuerholz für den eigenen Scheiterhaufen zu sammeln. [Fußnote: Es stimmt natürlich, dass echte Hexen und Zauberer ziemlich geschickt darin waren, dem Brandpfahl, dem Schafott oder dem Galgenstrick zu entkommen (siehe meine Anmerkungen zu Lisettc de Lapin im Kommentar zu »Babbitty Rabbitty und der gackernde Baumstumpf«). Doch es gab tatsächlich einige Todesfalle: Sir Nicholas de Mimsy-Porpington (zeit seines Lebens ein Zauberer am königlichen Hof und zeit seines Todes Gespenst im Gryffindor-Turm) wurde der Zauberstab weggenommen, ehe man ihn in ein Verlies einschloss, und er war nicht in der Lage, sich auf magische Weise vor seiner Hinrichtung zu retten; und Zaubererfamilien verloren besonders häufig jüngere Angehörige, da diese ihre Zauberkräfte nicht beherrschen konnten und so den Hexenjägern der Muggel auf- und zum Opfer fielen.]
    »Sollen die Muggel doch ohne uns zurechtkommen!«, lautete die Parole, während sich die Zauberer immer weiter von ihren nichtmagischen Brüdern zurückzogen, eine Entwicklung, die mit dem Inkrafttreten des Internationalen Abkommens zur Geheimhaltung der Magie im Jahre 1689 ihren Höhepunkt erreichte, als die Zaubererschaft freiwillig in den Untergrund ging.
    Da Kinder nun einmal sind, wie sie sind, hatte sich aber der seltsame hüpfende Topf in ihrer Vorstellungswelt eingenistet. Die Rettung bestand darin, die muggelfreundliche Moral über Bord zu werfen, den warzigen Kessel jedoch beizubehalten, so dass Mitte des sechzehnten Jahrhunderts eine andere Version des Märchens unter Zaubererfamilien weit verbreitet war. In der revidierten Fassung schützt der hüpfende Topf einen unschuldigen Zauberer vor seinen fackeltragenden und mistgabelschwingenden Nachbarn, indem er sie vom Haus des Zauberers verscheucht, einfängt und mit Haut und Haaren verschlingt. Am Ende der Geschichte, als der Topf schon die meisten seiner Nachbarn aufgefressen hat, geben die wenigen übrig gebliebenen Dorfbewohner dem Zauberer das Versprechen, dass sie ihn künftig in Frieden seine Magie betreiben lassen werden. Dafür befiehlt der Zauberer dem Topf, seine Opfer wieder auszuspucken, die er dann ordnungsgemäß und leicht entstellt aus seinen Tiefen hervorwürgt. Bis zum heutigen Tag bekommen manche Zaubererkinder von ihren (in der Regel muggelfeindlichen) Eltern nur die revidierte Fassung der Geschichte erzählt, und falls sie das Original dann jemals lesen sollten, ist es eine große Überraschung für sie.
    Wie ich jedoch bereits angedeutet habe, war der muggelfreundliche Gedanke darin nicht der einzige Grund, weshalb »Der Zauberer und der hüpfende Topf« Zorn erregte. Als die Hexenverfolgungen immer blutrünstiger wurden, begannen Zaubererfamilien, ein Doppelleben zu führen und sich selbst und ihre Angehörigen mit Hilfe von Verbergungszaubern zu schützen. Im siebzehnten Jahrhundert wurden alle Hexen und Zauberer, die sich dafür entschieden, mit Muggeln freundschaftlichen Umgang zu pflegen, in ihrer eigenen Gemeinschaft zu Verdächtigen, ja sogar zu Geächteten. Zu den vielen Beleidigungen, die man muggelfreundlichen Hexen und Zauberern an den Kopf warf (derlei saftige Schimpfwörter wie »Schlammsuhler«, »Dunglutscher« und »Speichellecker« stammen aus dieser Zeit), gehörte auch der Vorwurf, schwache oder minderwertige magische Kräfte zu besitzen.
    Einflussreiche zeitgenössische Zauberer wie zum Beispiel Brutus Malfoy, Herausgeber des Magischen Kriegers, einer muggelfeindlichen Zeitschrift, festigten das Klischee, dass ein Muggelfreund ungefähr genauso magisch sei wie ein Squib [Fußnote: Ein Squib ist eine Person, die magische Eltern hat, aber keine magischen Kräfte besitzt. Das kommt selten vor. Hexen und Zauberer, die von Muggeln abstammen, gibt es viel häufiger. JKR]. Im Jahr 1675 schrieb Brutus:
    Dies können wir mit Gewissheit feststellen: Ein jeglicher Zauberer, welcher der Gesellschaft der Muggel Zuneigung entgegenbringt, ist von niederem Intellekt, mit derart schwachen und erbärmlichen magischen Fähigkeiten, dass er sich nur im Kreise von
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