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Die Mädchenwiese

Die Mädchenwiese

Titel: Die Mädchenwiese
Autoren: Martin Krist
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ihr Handy ans Ohr. »Rolf, ich dachte, ich hätte mich klar ausgedrückt.«
    Ein oder zwei Sekunden drang nur ein Knistern aus dem Hörer.
    »Verflixt, Rolf!«
    »Frau Theis?«, fragte eine weibliche Stimme.
    »Oh, Entschuldigung.« Laura warf der Kassiererin einen Fünf-Euro-Schein auf das Kassenband. Ohne auf das Wechselgeld zu warten, drückte sie Sam die beiden Sandwiches in die Hand und zog ihn zum Ausgang. »Also, ich dachte, Sie wären … jemand anderes.«
    »Nein, hier ist Bertrams.«
    »Ah ja, Frau Bertrams, hallo.«
    Die Anruferin schwieg erneut, als würde sie darauf warten, dass Laura sich an sie erinnerte.
    »Also, äh …«, sagte Laura. »Sie waren noch mal?«
    »Die Klassenlehrerin Ihrer Tochter.«
    »Ach so, ja, natürlich.« Laura hüstelte verlegen. Sie trat nach draußen. Die Luft war kühl, aber die Sonne schien und ließ einen angenehmen Herbsttag erwarten. Ihr Sohn blieb auf dem Bürgersteig stehen. »Frau Bertrams, bitte warten Sie einen Augenblick.« Sie ordnete notdürftig ihre Frisur. »Sam, was ist denn jetzt schon wieder?«
    Sein Blick war furchtsam auf einen Hund gerichtet, der neben den Fahrradständern in der Sonne döste.
    »Der schläft doch nur, der tut dir nichts.« Doch Sam rührte sich keinen Zentimeter von der Stelle. Laura stellte sich vor den Vierbeiner. »Jetzt besser?«
    Ohne den Hund aus den Augen zu lassen, tapste Sam an ihm vorüber. Laura nahm ihren Sohn wieder an die Hand und schleifte ihn über die Straße zum Dorfplatz. Der Bus hatte mittlerweile die Haltestelle erreicht. Zischend öffneten sich die Türen, die Kinder drängten hinein.
    »So, Frau Bertrams«, sprach Laura in ihr Handy, »jetzt bin ich wieder dran. Worum geht es?«
    »Um den Ausflug ins Museum, der für heute geplant ist.«
    »Ach ja, Lisa hat davon erzählt.« Beinahe hätte Laura den Postboten auf dem Fahrrad übersehen, der ihren Weg kreuzte. Ungeduldig ließ sie ihn vorbei. »Ich habe das Geld für die Busfahrt schon vor Wochen überwiesen. Es ist doch auf dem Schulkonto eingegangen, oder?«
    »Ja, natürlich.« Die Lehrerin zögerte. »Aber wir warten auf Ihre Tochter. Ist sie wieder krank?«
    »Nein, Lisa ist …« Sam prallte gegen Lauras Rücken, als sie unvermittelt stehen blieb. »Ist sie nicht in der Schule?«
    Alex drehte sich zu seinem Freund um. »Was hast du gesagt?«
    »Ich sagte, lass die Finger von ihr.«
    »Von wem?«
    »Ach komm.« Paul verdrehte die Augen. »Ich hab’ doch deinen Blick gesehen.«
    »Wer hat welchen Blick gesehen?« Ben gesellte sich mit Kaffee und Kondensmilch zu ihnen ans Kassenband.
    »Ich den von Alex, gerade eben«, erklärte Paul, »wie er der Theis auf den Arsch gestarrt hat.«
    »Erzähl keinen Scheiß!«, widersprach Alex. Durch das Schaufenster sah er Laura Theis am Dorfplatz stehen, nicht weit von der alten Telefonzelle entfernt. Mit der einen Hand hielt sie den Arm ihres Sohnes umklammert, mit der anderen presste sie ihr Handy ans Ohr.
    Ben folgte seinem Blick. »Na ja, hübsch ist sie ja.«
    »Schaut lieber mich an!« Paul verstellte ihnen die Sicht.
    Alex und Ben wandten sich gleichzeitig ab. »O Gott!«
    »… und dann wisst ihr, was zählt.«
    »Was? Graue Haare? Eine dicke Wampe?«
    »Ein guter Kumpel, das zählt«, verkündete Paul. »Keine Frau, die euch irgendwann …«
    »… das letzte Hemd kostet?«, fragte Alex lächelnd.
    »Ganz genau, ich kann es …«
    »… nicht oft genug wiederholen, sag bloß?«, fügte Ben grinsend hinzu.
    Paul runzelte die Stirn. »Macht ihr euch lustig über mich?«
    »Nie im Leben«, erwiderte Ben.
    Alex hustete in seine Faust, um ein Lachen zu unterdrücken. Er bezahlte Butter, Aufschnitt und Käse und stopfte alles in einen Rucksack. »Und was wolltest du mir eigentlich sagen?«
    »Wisst ihr was?«, knurrte Paul. »Ihr könnt mich mal!«
    Achselzuckend trat Alex nach draußen in die Sonne. Gizmo sprang auf, kam tänzelnd auf ihn zu und leckte sich die Lefzen.
    »Vergiss es!«, wies ihn Alex zurecht.
    Doch der Retriever hatte den Kochschinken in der Einkaufstüte bereits gewittert. Kläffend folgte er seinem Herrchen über den verwahrlosten Dorfplatz.
    Finkenwerda mochte von idyllischen Flussläufen umgeben sein, aber zugleich wirkte es verloren im Spreewald, beinahe von der Zeit vergessen. Die Altbauten im Ortskern wiesen überwiegend Zeichen des Verfalls auf. Abgeblätterter Putz ließ erkennen, dass die meisten von ihren Besitzern aufgegeben waren.
    Die Elster machte da keine Ausnahme. An der Kneipe
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