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Die Maechtigen

Titel: Die Maechtigen
Autoren: Brad Meltzer
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Kellner gegangen war, zog sie einen Ordner mit vielen Wasserflecken heraus, in dessen oberer rechten Ecke ein bekannter Name gedruckt war. Wallace, Orson.
    Es waren die unbearbeiteten Dokumente, die Beecher in den unterirdischen Lagerräumen ausfindig gemacht hatte … die Originalakten aus der Nacht vor sechsundzwanzig Jahren, als sie die Schwarze Acht ins Krankenhaus gebracht hatten und der spätere Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika wegen eines gebrochenen Fingers behandelt worden war. Soweit Clementine es beurteilen konnte, war dies der einzige Beweis dafür, dass der spätere Präsident in jener Nacht dort gewesen war.
    Aber all dies verblasste neben den unbezahlbaren Einzelheiten, die Clementine nicht erwartet hatte. Was sie mittlerweile über die Klempner in Erfahrung gebracht hatte, war nichts im Vergleich zu dem zweihundert Jahre alten Spionagering, der seit der Gründung der Vereinigten Staaten existierte: Der Culperring.
    Clementine wusste alles über den Culperring.
    Und sie kannte mindestens eine Person, die dazugehörte.
    Die Heizlampe über ihr strahlte knisternde Wärme aus. Clementine bemerkte es nicht, denn sie blickte auf den Polizeiwagen, der über die King Street fuhr. An der Ampel bremste er ab. Der Polizist auf dem Beifahrersitz schaute nicht zu ihr hinüber. Er bemerkte sie gar nicht.
    Die Ampel sprang auf Grün, und der Polizeiwagen fuhr davon. Clementine war sich jedoch sehr wohl bewusst, wie gefährlich es war, wenn man überstürzt vorging.
    Natürlich könnte sie an die Öffentlichkeit gehen. Sie könnte Totte und den Culperring auf die erste Seite jeder Zeitung und jeder Website bringen. Dann könnte sie sich einfach zurücklehnen und zusehen, wie die Welt Präsident Wallace und Totte durch den Reißwolf drehte.
    Nur würde Clementine dann nicht bekommen, was sie wirklich wollte.
    Sie hatte sich schon so lange eingeredet, dass es hierbei um ihren Vater ging. Das war auch so. Es war schon immer so gewesen.
    Aber es ging auch um sie.
    Und jetzt, nach fast drei Jahrzehnten voller Zweifel, nach jahrelanger Suche, nach sechs Monaten Planung und einigen Monaten mehr, bis ihre Wunden verheilt waren, saß Clementine Kaye auf einem Stuhl in einer kleinen Stadt in Kanada unter einer glühenden Heizlampe und überlegte, wie genau sie endlich die Antworten bekommen würde, die sie haben wollte.
    Beecher hatte sie die Vorzüge der Geduld gelehrt.
    Der Culperring hatte sie die Vorzüge der Geheimhaltung gelehrt.
    Aber jetzt war es wieder genauso wie damals auf dem Schulhof, als sie sich vor all diesen Jahren mit dem Sprungseil auf Vincent Paglinni gestürzt hatte. Selbst die schwersten Kämpfe im Leben werden einfacher, wenn man das Überraschungsmoment auf seiner Seite hat.
     

121. Kapitel
    Washington, D.C.
     
    Draußen hupt ein Auto zweimal.
    Ich habe es jetzt seit einer Woche jeden Morgen ignoriert. Genau wie die Anrufe, die SMS und das Hämmern an meiner Tür. Stattdessen habe ich meinen Computerbildschirm angestarrt und auf Nachrichten gehofft, die nicht kommen. Und mich in Preisschlachten auf eBay verloren, bei denen es um eine Fotopostkarte von einem Pub in Dublin aus dem Jahre 1902 ging und einer seltenen Sammlung von Kriegsschiffen aus dem Ersten Weltkrieg. Aber es hilft nicht mehr so wie früher.
    Ich nehme die Aktentasche aus dem weichen Leder, die meinem Vater gehört hat, springe in meinen Wintermantel, marschiere durch das Wohnzimmer und öffne die Eingangstür.
    Natürlich wartet er noch. Er wusste, dass ich irgendwann nachgebe.
    Wenigstens fragt er mich nicht, wie es mir gehe, als ich die Tür des taubenblauen Mustang öffne und mich auf den Beifahrersitz fallen lasse. Totte weiß es ohnehin schon.
    Er hat die steigenden Umfragewerte des Präsidenten gesehen. Als er losfährt, versucht er gar nicht erst, mich aufzumuntern oder mich abzulenken, und auch das Radio bleibt stumm. Erst als wir den Rock Creek Park erreichen, sagt er das Einzige, was wirklich wichtig ist. »Ich habe mir Sorgen um dich gemacht, Beecher.«
    Da ich nicht antworte, fährt er fort: »Die Leichen von Dallas und Palmiotti wurden freigegeben.«
    Ich nicke und blicke starr geradeaus.
    »Die des Friseurs auch.« Er hat die Hände durch das Lenkrad geschoben und steuert mit den Handgelenken. Die acht Zylinder brummeln wie eh und je über die Constitution Avenue. »Aber es gibt immer noch keine Spur von Clementine.«
    Ich nicke wieder.
    »Was bedeutet, dass du immer noch keinen Beweis hast«, sagt
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