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Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht
Autoren: Vince Flynn
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auf das Signal der Pressesekretärin warteten, damit sie mit ihren Fragen beginnen konnten. Präsident Hayes, ein gemäßigter Demokrat aus Columbus, Ohio, kannte die beiden Männer, die neben ihm saßen, bereits von seiner Zeit im Senat. Er unterhielt sich freundschaftlich mit ihnen und machte sogar hin und wieder einen Scherz, während die Kameras ohne Unterlass klickten.
    Die Veranstaltung war einer der seltenen Anlässe in Washington, wo die beiden Parteien zusammenkamen, um ihre Differenzen zum Wohle des Landes zu überwinden. Präsident Hayes war ein recht ansprechend aussehender Mann; er war einen Meter dreiundachtzig groß und hatte etwas schütteres braunes Haar, das zunehmend grauer wurde. Hayes blieb schlank, indem er sich vier- bis fünfmal die Woche eine halbe Stunde auf dem Heimtrainer oder auf dem Fahrrad abstrampelte. Er tat das zumeist in den frühen Morgenstunden, weil er genau wusste, dass das so ziemlich die einzige Tageszeit war, wo niemand etwas von ihm wollte.
    Hayes blickte auf die Uhr und gab der Pressesekretärin mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass es Zeit war, mit den Fragen zu beginnen.
    Nachdem nicht genug Platz vorhanden war, um jedes Mal allen Medienvertretern Zutritt zu gewähren, hatte man einen Pool eingerichtet, aus dem die Reporter und Fotografen abwechselnd berichteten und danach ihr Material an ihre Kollegen weitergaben. Heute war Anna Rielly an der Reihe, um über das Ereignis zu berichten, das ohnehin kaum etwas Neues bringen würde. Die NBC-Korrespondentin für das Weiße Haus drückte auf die Aufnahmetaste ihres Diktiergeräts und sah Hayes lächelnd an.
    »Guten Morgen, Mr. President«, sagte sie. »Wird es in Washington einen Gottesdienst zum Gedächtnis an Direktor Stansfield geben?«
    »Nein. Direktor Stansfield hat kurz vor seinem Tod den Wunsch geäußert, dass er im kleinen Kreis in seiner Heimat in South Dakota beigesetzt werden möchte. Die CIA hat vor, ihm zu Ehren ein Denkmal in Langley zu errichten, und ich habe angeregt, dass man auch in Arlington seine Verdienste im Zweiten Weltkrieg mit einer Gedenktafel würdigen sollte.«
    »Sind Sie schon zu einer Entscheidung gelangt, wer seine Nachfolge in der CIA antreten soll?«
    »Ja, diese Entscheidung ist tatsächlich bereits gefallen«, antwortete Hayes und sah seine beiden ehemaligen Kollegen an. »Es ist einer der seltenen Fälle, wo zwischen den Parteien Einigkeit herrscht«, fuhr er lachend fort. »Wir hatten jedenfalls keine Probleme, uns auf den unserer Ansicht nach besten Kandidaten für die Nachfolge zu einigen.« Der Präsident wandte sich nach links. »Hank, möchten Sie es verkünden?«
    Anna Rielly war ein wenig überrascht. Es musste tatsächlich große Übereinstimmung herrschen, wenn ein republikanischer Senator die Nominierung des demokratischen Präsidenten bekannt geben durfte. Anna wandte sich dem beliebten Senator aus Arizona zu. »Senator Clark?«, fragte sie.
    »Nun, um die Wahrheit zu sagen, mussten wir nicht allzu lange suchen, um den besten Mann für den Job zu finden«, sagte Clark mit einem Augenzwinkern, weil er sich ganz bewusst über die üblichen Gepflogenheiten der Political Correctness hinwegsetzte. »Der beste Mann für den Job ist eine Frau, die derzeit die Antiterrorzentrale der CIA leitet. Wir haben uns auf Dr. Irene Kennedy als neue Direktorin der CIA geeinigt.«
    Die fünf Männer nickten einander lächelnd zu, während die Blitze der Kameras das Zimmer erhellten. Um ebenfalls ein wenig von der allgemeinen Aufmerksamkeit zu erhaschen, räusperte sich Senator Moeller und sagte: »Das ist ein wahrhaft historischer Augenblick. Dr. Kennedy wird die erste Frau sein, welche an der Spitze der CIA steht – ja, es ist überhaupt noch nie vorgekommen, dass eine der Behörden der Intelligence Community von einer Frau geleitet wird.«
    Anna Rielly schrieb rasch etwas auf ihren Notizblock und sagte, ohne aufzublicken: »Vorausgesetzt, sie wird vom Senat bestätigt.«
    »Das versteht sich von selbst«, sagte Clark, »aber Senator Moeller und ich können Ihnen versichern, dass Dr. Kennedy in meinem Ausschuss auf keinen Widerstand stoßen wird.«
    »Überraschungen kommen immer wieder einmal vor.«
    Clark sah Anna Rielly aufmerksam an. Sie war wirklich eine sehr schöne Frau, die außerdem blitzgescheit und recht temperamentvoll zu sein schien. Er fragte sich kurz, ob sie sich eigentlich darüber im Klaren war, was für ein Mensch ihr Freund war und wie viele Menschen er schon getötet
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