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Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht
Autoren: Vince Flynn
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zu ihrem Job, die Menschen zu beobachten. Und sie hatte große Zweifel, ob Rapp die Umstellung vom Undercoveragenten zum Büroangestellten bewältigen würde. Er war einfach viel zu sehr daran gewöhnt, unabhängig und allein zu arbeiten. In Langley würde er sich in ein Team einordnen und ständig irgendjemandes Anweisungen befolgen müssen. Aber das Schlimmste von allem war, dass er sich jedes Wort, das er sagte, genau würde überlegen müssen. Und Washington war nun einmal ein Ort, wo man es nicht so gern hörte, wenn jemand die Wahrheit unverblümt aussprach.
    Anna stand auf, ging zu ihm und küsste ihn auf die Wange. »Egal, wie du dich entscheidest, Liebling – meine Unterstützung hast du. Wenn du zu Hause bleiben und die Kinder aufziehen willst, dann fände ich das toll.«
    »Moment«, wandte Rapp ein. »Sollten wir über Ehe–leben und Kinder nicht erst reden, wenn du einen Ring am Finger trägst?«
    Anna machte ein säuerliches Gesicht. »Das ist doch lächerlich. Du weißt genauso gut wie ich, dass wir heiraten werden.« Sie kniff ihn in die Taille und fügte mit einem verschmitzten Lächeln hinzu: »Also, sehen wir zu, dass die Dinge in Bewegung kommen.«
    Rapp fasste sie an den Schultern. »Ich bin in den nächsten Tagen leider ziemlich beschäftigt.« Er blickte zu der Stelle in der Küche hinüber, wo er vor nicht mehr als zwei Wochen einen Mann erschossen hatte. »Ich würde gerne noch ein paar Dinge in Ordnung bringen, bevor wir diesen großen Schritt tun.«
    »Ach, es gibt doch immer irgendeinen Grund, um es aufzuschieben«, entgegnete Anna und wandte sich zum Gehen. »Ich muss jetzt ins Weiße Haus. Ich rufe dich später an.«
    Rapp begleitete sie zur Haustür. »Du bist mir doch nicht böse, oder?«
    »Nein«, sagte Anna lächelnd. »Ich muss jetzt wirklich los, und du …« – Sie fasste ihn ans Kinn – »… musst dich jetzt für deine Sitzung fertig machen.« Er verdrehte die Augen, und sie küsste ihn auf die Lippen. »So schlimm wird es schon nicht werden. Versuch einfach, möglichst offen an die Sache heranzugehen. Vielleicht kannst du mich hinterher anrufen. Ich wüsste gern, wie es gelaufen ist.«
    »Also, wenn dich der Präsident nicht über seine abhörsichere Leitung telefonieren lässt, müssen wir wohl bis heute Abend warten, um über mein Jobangebot zu sprechen.«
    »Oh, ich verstehe. Ich vergesse immer, wie paranoid ihr Geheimdienstler seid«, sagte Anna und öffnete die Tür.
    »Also, ich kann nur sagen, was ich dir schon oft gesagt habe: Auch Leute, die paranoid sind …«
    Anna war schon draußen auf der Veranda, als sie, ohne sich umzudrehen, sagte: »Ich weiß, ich weiß … Auch Leute, die paranoid sind, werden manchmal verfolgt.«
    Rapp sah Anna lächelnd zu, wie sie die Tür ihres Wagens öffnete. Shirley folgte ihr und sprang um den Wagen. »Ich liebe dich«, rief er ihr nach.
    Anna blickte lächelnd zu Mitch auf, der in seinen Boxershorts in der Haustür stand. »Ich liebe dich auch. Und jetzt geh hinein und zieh dir was an, bevor dich die Nachbarn so sehen.«

3
    Im Weißen Haus, Montagmorgen
    Die Sonne schien strahlend hell durch die Fenster des Cabinet Room im Westflügel herein. Der graue Morgenhimmel hatte sich aufgeklart. Es war eine Pressekonferenz wie viele andere; die Leute, die den Tagesablauf des Präsidenten regelten, hatten den Termin angesetzt, und er hatte es akzeptiert, ohne sich zu beklagen. Es gehörte nun einmal zum Job, und er hatte gelernt, mit diesen Dingen zu leben. Mit den Kameras war es wie mit chronischen Rückenschmerzen; sie waren stets da, und man konnte kaum etwas dagegen machen. Präsident Robert Xavier Hayes saß mit dem Rücken zu den Fenstern in seinem Ledersessel in der Mitte des langen Tisches. Sein Sessel war größer als die anderen, für den Fall, dass irgendjemand vergaß, wer der Wichtigste hier im Zimmer war.
    Zur Rechten des Präsidenten saß Senator Moeller, ein Demokrat und gleichzeitig der dienstälteste Vertreter seiner Partei im Geheimdienstausschuss des Senats. Rechts von ihm hatte General Flood, der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, Platz genommen. Zur Linken des Präsidenten saßen der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Senat Hank Clark sowie der Sicherheitsberater des Präsidenten Michael Haik. Die übrigen Plätze wurden von verschiedenen Assistenten und Mitarbeitern eingenommen. Zwei Fotografen aus dem Pressepool des Weißen Hauses schossen ein Foto nach dem anderen, während zwei Reporter geduldig
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