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Die Macht

Die Macht

Titel: Die Macht
Autoren: Vince Flynn
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Pressesekretärin zu. Diese trat sogleich in Aktion und geleitete die Medienvertreter aus dem Zimmer, damit der Präsident und seine Gäste sich ungestört unterhalten konnten.

4
    Rapp duschte und ließ sich mit dem Anziehen Zeit. Er entschied sich für einen dunkelgrauen Anzug mit weißem Hemd und Krawatte. Schließlich verließ er das Haus ein wenig später als vorgesehen, doch das machte ihm nichts aus. Während er in seinem Wagen vom Osten der Stadt zur Westseite unterwegs war, schaltete er das Radio bewusst nicht ein, sondern ging noch einmal seine letzte Mission in allen Einzelheiten durch. Bisher war Rapp stets davon ausgegangen, dass seine wahre Identität ein gut gehütetes Geheimnis war. Er konnte sich frei in Washington bewegen, ohne befürchten zu müssen, von jemandem erkannt zu werden, der wusste, dass er mehr tat, als nur ein kleines Computer-Beratungsgeschäft zu betreiben. Die einzigen Menschen, mit denen er in den letzten Jahren engeren Kontakt gehabt hatte, waren einige Weltklasse-Triathleten so wie er, mit denen er gelegentlich zusammen trainierte – doch auch das hatte vor einigen Jahren aufgehört, als sich Rapp vom aktiven Sport zurückzog.
    Während er sich seinen Weg durch den morgendlichen Berufsverkehr bahnte, rief er sich noch einmal in Erinnerung, was vor wenigen Wochen in Deutschland vorgefallen war. Vor etwa einem Monat hatte ihm Irene Kennedy eine überaus heikle Mission übertragen. Die CIA hatte in Erfahrung gebracht, wie ein deutscher Industrieller namens Graf Heinrich Hagenmüller hochsensible Güter an den Irak verkaufte – Güter, wie man sie für die Herstellung von Atomwaffen benötigte. Rapp flog mit einem klar definierten Auftrag nach Deutschland, wo er zunächst mit zwei Helfern, dem Ehepaar Tom und Jane Hoffman, zusammentraf. Sie waren bereits seit einer Woche vor Ort gewesen, um den Grafen zu überwachen. Die drei gaben sich als Beamte des deutschen Bundeskriminalamts aus, um sich schließlich eines Abends, als der Graf gerade ein privates Fest gab, Zutritt zu Hagenmüllers Anwesen zu verschaffen. Rapp betrat das Haus zusammen mit Jane Hoffman, während ihr Mann draußen im Wagen blieb.
    Zunächst verlief alles wie geplant; der Graf kam aus dem Festsaal zu ihnen ins Arbeitszimmer, begleitet von seinem Anwalt und einem Leibwächter. Rapp tötete den Grafen mit einem gut gezielten Schuss aus seiner Ruger-Pistole Kaliber .22 und setzte anschließend den Anwalt und den Leibwächter außer Gefecht, ohne sie jedoch zu töten. Als Rapp schließlich Jane Hoffman auffordern wollte, dem Anwalt Handschellen anzulegen, sah er plötzlich den Lauf ihrer Pistole auf sich gerichtet. Sie drückte zweimal ab und traf ihn in die Brust. Er stürzte rücklings zu Boden und krachte mit dem Kopf gegen die Bibliotheksleiter, worauf es schwarz vor seinen Augen wurde.
    Was die Hoffmans nicht wussten, war, dass Rapps Lederjacke mit einer Schicht aus kugelsicherem Kevlar gefüttert war. Als er nach etwa fünf Minuten aus der Bewusstlosigkeit erwachte, waren die Hoffmans fort, der Bodyguard war tot, und eine kleine Blutlache aus Rapps Kopfwunde bedeckte den Boden. Rapps Reaktion erfolgte ganz instinktiv; er legte im Arbeitszimmer Feuer, um nicht durch sein Blut auf dem Fußboden eine verräterische Spur zu hinterlassen, und stahl einen Wagen, der einem der Gäste gehörte. Rapp ließ sich nie auf eine Mission ein, ohne vorher entsprechende Fluchtmöglichkeiten ins Auge zu fassen, falls etwas schief ging. Diese Vorsichtsmaßnahme machte sich nun bezahlt, und am Nachmittag des folgenden Tages hatte er es bereits geschafft, ohne irgendeine Unterstützung durch die CIA Deutschland hinter sich zu lassen.
    Zum ersten Mal, seit Rapp in der Terrorbekämpfung tätig war, musste er der beängstigenden Möglichkeit ins Auge sehen, dass er für seine Vorgesetzten einen Unsicherheitsfaktor darstellen könnte, den es zu beseitigen galt. Rapp konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen, als dass Stansfield oder Irene Kennedy ihn verraten haben könnten. Er vertraute gerade diesen beiden Menschen mehr als irgendjemandem auf der Welt. Zum Glück stellte sich kurz nach seiner Rückkehr in die Vereinigten Staaten heraus, dass ihn seine Vorgesetzten keineswegs verraten hatten. Nein, das Problem war ganz anderer Art: Es gab offenbar eine undichte Stelle in der Agency. Irgendjemand musste von Rapps Mission in Deutschland erfahren und ihm eine Falle gestellt haben. Bei den Ermittlungen stellte sich heraus, dass ein Mann
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