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Die Loge der Nacht

Die Loge der Nacht

Titel: Die Loge der Nacht
Autoren: Vampira VA
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Morlaix aus?« fragte er.
    »Ich erinnere mich nicht«, gab ihm die »Frau ohne Haut« zur Antwort.
    Er fluchte. Racoons Augen glommen, aber er schwieg.
    Während sie ihre Reise fortsetzten, sagte Beth unvermittelt: »Übrigens erinnere ich mich sonst nun wieder an alles, was mein Vorleben ausmachte. Auch an Details .«
    Nicht wirklich interessiert fragte er: »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel daran«, erwiderte sie in einem Ton, der alles beinhalten konnte, »wer mich getötet hat .«
    *
    Nahe Heidelberg, an den Ufern des Neckars
    Vor Tagen waren sie im Morgengrauen in Regensburg aufgebrochen und gen Westen geritten. Immer wieder hatten sie an einzelnen Orten länger gerastet, als es zur Erholung allein bedurft hätte. Denn stets waren dort weitere Brüder zu ihnen gestoßen, und nun zählte Lilith gut zwanzig Mönchsgewänder tragende Männer.
    Ihr Ziel lag bereits in Sichtweite, als sie sich zu einer letzten Rast am Flußufer niedergelassen und eingerichtet hatten. Salvats Worten zufolge würden hier die letzten der Ausgesandten zu ihnen finden. Dann erst würden sie die Stadt aufsuchen.
    Salvat ...
    Lilith war sich ungewiß, was es tatsächlich war, das sie für den kräftigen Führer des mysteriösen Ordens empfand. Irgend etwas war unleugbar da, aber es war nicht vergleichbar mit jenem Band, das sie einst mit Beth MacKinsay und später, bis sie ihrer Zeit und ihrem eigenen Leib entrissen worden war, mit dem Arapaho-India-ner Hidden Moon verbunden hatte. Nicht Liebe also - oder auch nur das vampirische Äquivalent dazu. Eher schon empfand sie für Salvat wie für einen Vater.
    Ganz und gar nichts mit der Liebe zwischen Tochter und Vater hatte jedoch das zu tun, was sie in den vergangenen Nächten zusammengeführt hatte .
    Vielleicht war es diese Ungewißheit, die einen Entschluß in Lilith reifen ließ; vielleicht aber lag es auch daran, daß sie mit all ihren bislang unausgesprochenen Fragen kaum mehr hinter dem Berg halten konnte. Sie wollte einerseits nichts lieber, als Salvat danach zu befragen, wie es sein konnte, daß sie einander hier, in dieser fremden, fernen Zeit wieder hatten begegnen können - und weshalb er sie, von ihrer momentanen Warte aus betrachtet, in der Zukunft haßte wie offenbar nichts anderes auf der Welt.
    Vielleicht fürchtete Lilith die Antworten ...
    In jedem Fall verließ sie das Lager der Bruderschaft in dieser Nacht, heimlich, still und unbemerkt.
    Salvat hatte sich am Abend verabschiedet, um, wie er gesagt hatte, den weiteren Brüdern entgegenzugehen. Lilith hatte indes den Eindruck gehabt, daß dies nicht der Grund seines Fortgehens gewesen war. Über den wahren jedoch hatte sie nicht einmal Vermutungen anstellen können. Zu wenig wußte sie auch nach all den Tagen über Salvat. Er war ein wandelndes Mysterium und würde es immer bleiben. Und auf solchem Terrain konnte kein Vertrauen gedeihen. Deshalb glich Liliths Verschwinden denn auch einer Flucht. Lieber hätte sie auf andere Weise Abschied von Salvat genommen.
    Ein flüchtiges Frösteln überlief sie, während sie über Felder und Wiesen den Mauern Heidelbergs zustrebte. Das Schloß auf einem der Hügel schien vom Berge aus über die nachtschlafene Stadt zu wachen.
    Vielleicht, überlegte Lilith, wäre es klüger gewesen, die Stadt zu meiden. Denn Heidelberg war auch das Ziel der Brüder, und ihre Wege mochten sich dort von neuem kreuzen. Aber sie nahm sich vor, die Stadt am Neckar früh am nächsten Morgen wieder zu verlassen. Wenn sie bis dahin herausgefunden hatte, ob schwarzblütige Herrscher sie aus dem Geheimen regierten .
    Dem Anschein nach war Heidelberg nicht groß genug, als daß eine Vampirsippe sich die Stadt als Heimstatt erkoren haben mochte. Aber es wäre Lilith nur allzu recht gewesen. Denn der Durst begann tief in ihr bereits wieder zu brennen, und bald, in wenigen Tagen schon, würde er ihre Eingeweide in trockener Hitze peinigen, wenn sie ihn nicht mit dem Blut ihres Stiefvolkes löschte.
    Das Tor in der Mauer, durch das Lilith die Stadt betrat, war zu ihrer Verwunderung von keinem Stadtknecht bewacht. Als hätten die Heidelberger nichts zu fürchten - nicht einmal in dieser Zeit des Krieges. Seltsam .
    Nach kurzem Marsch erreichte Lilith einen langgestreckten Marktplatz, ohne einer Menschenseele zu begegnen, wäre es nun ein Nachtwächter oder ein später Zecher gewesen, der heimwärts torkelte. Nicht einmal ein streunender Hund ließ sich sehen.
    Die Nacht lag nicht einfach nur still über Heidelberg,
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