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Die Loge der Nacht

Die Loge der Nacht

Titel: Die Loge der Nacht
Autoren: Vampira VA
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sondern absolut - ohne jeden Laut und jegliche Bewegung. Wenigstens über jenem Teil der Stadt, in dem Lilith weilte und den der mächtige Bau einer gotischen Kirche überragte - nicht schützend jedoch, wie es Gotteshäusern eigen war, sondern dunkel und eher drohend.
    Lilith schrieb den Eindruck ihrem vampirischen Erbteil zu. Zwar schauderte sie vor Kirchen nicht zurück wie ein reinblütiger Vampir, und sie vermochte ihren Fuß auch auf geweihten Boden zu setzen (wie sie es in dem Kapuzinerkloster zu Regensburg ja vor kurzem erst getan hatte), aber recht wohl war ihr dennoch nicht dabei.
    Langsamen Schrittes inspizierte sie die Häuser rechts und links ihres Wegs. Besondere Aufmerksamkeit widmete sie dabei den Fenstern. Hinter keinem war auch nur der vage Widerschein einer Kerze auszumachen. Wie von Krähen ausgefressene Augenhöhlen, schwarz und tot, starrte allein Leere auf Lilith nieder.
    Wirklich nur Leere .?
    Sie blieb stehen.
    Etwas war da jenseits der finsteren Fenster, und sie glaubte es hinter jedem einzelnen wahrnehmen zu können, wie einen kühlen Hauch, für den sie jedoch keinen Namen fand. Als hätte ein enger Bruder des Todes in jedes Haus Einzug gehalten und sich dort eingenistet.
    Was war dies nur für ein höchst eigenartiger Ort, dieses Heidelberg? So still, wie tot - und doch ganz anders.
    Als erinnerte sie eine lautlose Stimme mit Worten daran, fiel Lilith die seltsame Geschichte ein, die ihr über das absonderliche Verhalten der Vampire zu Regensburg zu Ohren gekommen waren. Was, wenn auch die hiesige Sippe sich wider ihre Natur verhielt, in irgendeiner Weise - war es dann nicht denkbar, daß diese beunruhigende Stille ringsum etwas damit zu schaffen hatte?
    Liliths Entschluß festigte sich, ohne ihr bewußtes Zutun. Wie von selbst setzte sich ein Fuß vor den anderen, und kaum daß sie sich darüber zu wundern begonnen hatte, stand sie auch schon an der nächsten Haustür, die Hand auf der Klinke. Und einen überraschten Atemzug später trat sie in den engen Flur dahinter.
    Was tu' ich nur? fragte sie sich. Doch die Antwort auf die eigene Frage interessierte sie schon im nächsten Moment nicht mehr. Sie wußte sehr wohl, was sie hier zu finden hoffte - aller namenlosen Furcht zum Trotz: Gewißheit. Ob es Vampire gab in Heidelberg, und ob sich in diesem oder einem anderen Haus ihre Fährte aufnehmen ließ.
    In einem Mauerloch hinter der Tür fand Lilith eine Kerze, die auf einen eisernen Halter gespießt war, und einen Bund Schwefelhölzer. Im Licht der Kerze begann sie schließlich, das Haus zu erkunden.
    Die unteren Stuben waren samt und sonders menschenleer - die Küche ebenso wie das Wohnzimmer daneben, und die Backstube schließlich, in der wohl der Herr des Hauses buchstäblich das Brot für die Seinen verdiente, erweckte gar den Eindruck, als wäre darin seit Tagen nichts angerührt worden. Mehlstaub lag halbfingerhoch über allem, und der Geruch von Verdorbenem hing stechend in der Luft.
    Hinter der Haustür führte eine schmale Stiege ins Dachgeschoß hinauf. Jede Stufe ächzte und stöhnte unter Liliths Leichtgewicht, als wollte sie gleich brechen, und die Geräusche klangen in der bislang so vollkommenen Stille überlaut, dröhnend fast.
    Droben führten drei Türen von dem morschen Treppenabsatz ab.
    Hinter der ersten fand Lilith nichts.
    Hinter der nächsten das Grauen.
    Sie schaute wohl in die Schlafkammer der Bäckersleute. Darauf wies wenigstens die breite Bettstatt unter der Dachschräge hin, wenngleich sie von dem Paar, das eigentlich darin hätte schlafen müssen, auch nichts sah.
    Es sei denn, der Bäcker und sein Eheweib steckten in den seidigen Behältnissen, die auf den Strohsäcken lagerten und von denen faseriges Gespinst nach allen Seiten weglief, wo es sich am Ende mit dem Gebälk des Daches und dem Möbel der Kammer verbinden mochte.
    Für Lilith sah es aus, als befänden sich die beiden Kokons im Zentrum eines riesigen Spinnennetzes. Und sie schauderte unter der Vorstellung, wie groß eine Spinne sein mußte, die solch gewaltiges Webwerk zustande gebracht hatte.
    Sie wollte sich umschauen, ob das Tier nicht in irgendeinem Winkel lauerte, doch ihr Blick hing an den Kokons. Menschengroß waren sie, und Lilith war sicher, daß sie nicht von ungefähr an Mumien gemahnten. Und ganz zu dieser ägyptischen Art der Totenbalsamie-rung passend, entdeckte Lilith am Fußende des Bettes ein drittes Gespinst - von der Größe und der groben Form einer Katze.
    Endlich löste sie
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