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Die Liebe ist ein Daemon

Die Liebe ist ein Daemon

Titel: Die Liebe ist ein Daemon
Autoren: Dorotea de Spirito
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angekommen. Dieser Gedanke jagt mir eine panische Angst ein.
    Ich will nicht, dass sie mich weinen sieht. Sie soll sich nicht über meine Angst freuen, sich nicht an meiner Panik ergötzen. Die Dämonen fressen unsere Seelen auf, sie verschlingen unser Leben und saugen es bis zum letzten Schluck aus. Ich gönne ihr meinen Schmerz nicht. Sie soll sich nicht wie eine hungrige Schlange übers Maul lecken in der Erwartung, bald ein paar Tränen von mir naschen zu können.
    Zeit.
    Schenkt mir ein Jahr.
    Ein Jahr, um die Zeit zurückzudrehen und alles anders zu machen? Um andere Entscheidungen zu treffen? Nein, ich würde nie die Vergangenheit ändern, nur um das hier nicht erleben zu müssen.
    |321| Schenkt mir einen Monat.
    Einen Monat, um noch ein letztes Mal die Dinge, die mir wichtig sind, zu sehen und von den Leuten, die ich liebe, Abschied zu nehmen. Einen Monat, um jeden einzelnen von ihnen ein letztes Mal zu grüßen.
    Oder schenkt mir einen Tag.
    Ich möchte wissen, wie sich der letzte Tag im Leben anfühlt, wie es ist, wenn man zum letzten Mal die Morgendämmerung auf der Haut spürt, der Wind einem das letzte Mal um die Nase weht, wenn man den letzten Traum träumt und zum letzten Mal den Mond sieht.
    Schenkt mir eine Stunde, nur eine Stunde. Die werde ich nutzen, um mich vom Leben zu verabschieden – und von Federico. Und ich werde sie gut nutzen, das verspreche ich.
    Schenkt mir eine Minute, mir reichen auch ein paar Sekunden, um ihm Auf Wiedersehen zu sagen, um ihm zu sagen, dass es mir leidtut, und ihn zu bitten, abzuhauen – solange es noch geht.
    Mit meinem Tod kann ich mich vielleicht abfinden   … aber was wird mit ihm geschehen? Was passiert, wenn er zu dem Ort zurückkehrt, von dem er geflohen ist? Oder wenn er hierbleibt und ihm so was Schreckliches wie ein Mord angehängt wird? Ich will mir sein Leid nicht vorstellen, ich halte diesen Gedanken nicht aus, ich kann den Schmerz auf seinem Gesicht und in seinen Augen einfach nicht ertragen.
    Schenkt mir nur eine Sekunde.
    Eine Sekunde, die so schnell vergeht wie ein Flügelschlag, |322| wie das letzte Klopfen eines Herzens, wie mein letzter Atemzug. Dann werde ich an dich denken, Federico.
    Eva, beeil dich, wo bist du eigentlich? Bist du hier in diesem Zimmer? Komm raus, du giftiges Wesen. Du versteckst dich sicher hier irgendwo in der Dunkelheit.
    Ich schaue aus der einzigen Öffnung, die nach draußen führt. Es ist ein kleines Fenster, das zu einem Platz hinausgeht. Es ist die
Piazza della Morte
, der Todesplatz. Der Platz heißt so, weil einer alten Legende nach der Teufel den Menschen erschienen ist, sobald sie sich aus einem der Fenster der oberen Stockwerke gelehnt haben, und sie dann gezwungen hat, sich hinunterzustürzen. Das ist zwar nur eine Geschichte, aber dennoch wohnt niemand in den obersten Stockwerken der umliegenden Häuser. Und niemand wird jemals hier hochsteigen, um hinauszuschauen.
    Die Sonne geht unter und sendet ihren letzten Strahl. Es ist mein letzter Tag.
    Eine Krallenhand packt mich auf einmal am Nacken und zwingt mich, mich umzudrehen.
    Da ist sie. Sie lächelt. Grinsend zeigt sie ihre spitzen Reißzähne. Ihre Augen sind kalt und unmenschlich und ihr langes Haar steht wild in alle Richtungen ab.
    Sie drückt meinen Hals noch fester zusammen. Ich halte den Atem an und versuche, mich aus dem Griff zu befreien. Endlich lässt sie mich los und ich verkrieche mich schnell in die entgegengesetzte Ecke des Zimmers. Sie wirft mir einen sadistischen, amüsierten Blick zu. Sie spielt mit mir wie mit einem Mäuschen in der Falle.
    |323| Ich keuche und mein Hals brennt dort, wo sie ihn berührt hat.
    Langsam heben sich in der Dunkelheit die Umrisse des Zimmers ab.
    Sie lacht höhnisch und ich starre sie voller Entsetzen an.
    Wieder geht sie auf mich los. Sie kommt ganz nah zu mir, dann packt sie mit einer Hand meine Handgelenke und schleudert mich mit dem Rücken gegen die Wand.
    Sie kommt noch näher, leckt sich über die Lippen und lächelt boshaft.
    Ich versuche, nicht zu weinen und meinen zitternden Körper unter Kontrolle zu bekommen. Ich blicke ihr fest in die Augen.
    Sie fährt sich mit der Zunge über die Zähne. Dann zieht sie eine ihrer scharfen Krallen über mein Gesicht, langsam und leicht, von der Schläfe über die Wange bis zum Kinn.
    Und ganz langsam wieder bis zur Schläfe zurück.
    »Das wäre wirklich schade, ein solch hübsches Wesen zu töten   …«
    Ihre Hand gleitet an meinem Hals hinunter und weiter bis
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