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Die Liebe in Grenzen

Die Liebe in Grenzen

Titel: Die Liebe in Grenzen
Autoren: Veronika Peters
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machte.
    Ich selbst betrachtete meine Erscheinungsform eher als Experimentierfeld, es bereitete mir einfach Vergnügen, mich immer wieder zu verändern, andere Bilder von mir zu entwerfen. Das mochten manche vielleicht unreif nennen, ließ sich aber nicht ändern. Manu wollte mich im Grunde auch nicht anders. Sie nannte mich ihre » exzentrische Igel-Freundin « , hatte mich genau so gern, wie ich war, obwohl sie das nur ungern zugab. Ansonsten regte sie sich über mich auf und regte sich wieder ab, so funktionierte unsere Freundschaft seit Schulzeiten. » Die Schöne und das Biest « hatten uns die Lehrer gelegentlich genannt, und auch nach dem Ende der Schule stand unzweifelhaft fest, wer den einen und wer den anderen Part darstellte. Während Manu nach einem hervorragenden Abitur, gesegnet mit ebenso viel Fleiß wie Talent, von drei Musikhochschulen gleichzeitig einen Studienplatz angeboten bekam, lohnte es sich für mich nicht, mit meinem mäßigen Notendurchschnitt und meiner fehlenden Motivation jahrelanges Herumsitzen in Hörsälen und Seminarräumen nur in Erwägung zu ziehen. Die Ausbildung zur Erzieherin war dann anfangs auch eher eine Verlegenheitslösung. Entsprechend war mein Start in die Berufsausbildung kein sonderlicher Erfolg gewesen, und oft genug hatte Manu mein Engagement als » saumäßig « bezeichnet.
    Jetzt aber hatte ich mich » richtig und ordentlich « und aus dem Bestreben heraus beworben, ein finanziell unabhängiges Leben zu führen, was selbst in den Augen meiner strengen Freundin ein erwachsenes Vorhaben sein musste.
    Vielleicht passte es ja diesmal. Jedenfalls hatte meine Ansprechpartnerin am Telefon einen deutlich unverkrampfteren Eindruck gemacht, als ich das von den Leitern pädagogischer Einrichtungen gewohnt war. Allerdings waren bislang weder ich noch meine Papiere dieser lässigen Carmen unter die Augen gekommen, und wahrscheinlich standen noch diverse normentsprechend aussehende Mitbewerberinnen mit weitaus besseren Zensuren zur Auswahl. Zudem hatte in der Stellenbeschreibung » Mindestalter siebenundzwanzig Jahre « gestanden. Es sprach eine Menge gegen mich.
    So machte ich mich denn auch mit ziemlich heruntergeschraubten Erwartungen auf den Weg, nachdem ich eine schmerzliche halbe Stunde mit dem Gebrauch einer nagelneuen Haarbürste verbracht hatte und eigens noch einmal in den Supermarkt gerannt war, um ein Zopfgummi zu kaufen.
    Es war einer der ersten Frühlingstage, noch nicht wirklich schön, aber einer, der schon klarstellte, dass der Winter vorbei war. Die Luft roch anders, die Vögel sangen lauter, das sprießende Grün wirkte saftiger. Vorsichtiger Optimismus breitete sich in mir aus. Die nächsten Monate würden so viel einfacher sein, wenn ich diese Stelle bekäme.
    Einfacher. Das hatte ich wirklich geglaubt.
    Alles, was ich damals wusste, war das: Ich musste bald in Lennau meine Zelte abbrechen, wenn es mir nicht schnellstens gelang, Geld in Form eines regelmäßigen Einkommens aufzutreiben. Meinen Vater hatte ich in diesem Frühjahr schon zweimal angepumpt, und obwohl die Miete für die kleine Einliegerwohnung sehr gering ausfiel, würde ich sie nur noch ein-, maximal zweimal aufbringen können. Ich brauchte einen Job, das hatte höchste Priorität.
    Â» Warum willst du überhaupt in diesem Kaff wohnen bleiben? « , hatte Manu einmal am Telefon verständnislos gefragt, als wir wieder über meine Situation diskutierten, » sozialpädagogische Einrichtungen gibt es in Hamburg wie Sand am Meer. «
    Â» Mir gefällt es hier « , hatte ich geantwortet. » Die Gegend ist schön, das Landleben günstig, und ich kann auf Wiesen liegen, ungestört weite Horizonte abschreiten, das Hirn freiräumen, verstehst du? «
    Â» Kein bisschen! «
    Für Manu war es völlig unbegreiflich, dass ich nicht die erste Gelegenheit nutzte, aus Lennau zu fliehen, das aufregende Partyleben wiederaufzunehmen oder wenigstens die freundschaftliche Koexistenz mit ihr. Alles, was nicht Hamburg, Köln oder Berlin war, nannte sie » Exil « und nicht wert, von uns bewohnt zu werden. Mich hatte das großstädtische Dauerfeiern irgendwann gelangweilt, diese immer gleichen künstlichen Aufregungen, diese öffentliche Zurschaustellung von Coolness, die sich um rein gar nichts drehenden Bargespräche, die Müdigkeit am nächsten Morgen, auf all das
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