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Die Liebe in Grenzen

Die Liebe in Grenzen

Titel: Die Liebe in Grenzen
Autoren: Veronika Peters
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Mannes vor dem Kühlschrank ebenfalls, sogar dieses Vermissen, dem ich keinen Namen zu geben bereit gewesen war, um es im Zaum zu halten, hatte er kurzfristig verscheucht, beiseitegeschoben mit seiner alles andere verdrängenden Anwesenheit.
    Das war gut gewesen. Und schmerzhaft. Aber gut.
    Jetzt, hier vor mir, unverwechselbar seine Schrift: Den Unterschwung beim großen K in der Adresszeile würde ich immer und überall sofort erkennen. Mit dem gleichen schräg nach hinten wegkippenden Buchstaben hat er all die Zettel unterschrieben, die er mir zugespielt hat, nur dass hier auf der Karte die restlichen Buchstaben meines Vornamens angefügt sind statt dieses Kringels hinter seinem K, der mich zuerst an eine Comic-Sprechblase erinnert hatte.
    Â» Einfach normal unterschreiben geht nicht? « , habe ich ihn einmal gefragt, als ich mich über eine allzu kryptische Botschaft von ihm geärgert hatte, und seine Antwort war:
    Â» Die meisten Leute übersehen die Zeichen, die in ihrem Leben ausgestreut sind, aber uns, die wir bereit sind, sie zu lesen, zeigen sie, wenn etwas eigen- oder einzigartig ist. «
    Â» Hä? «
    Â» Was glaubst du, könnten wir beide sein: eigen oder einzig oder beides? «
    Ich sah in sein schönes Gesicht, und weil ich mir nicht sicher war, ob ich mich über dieses » Wir « freuen oder es von mir weisen wollte, behauptete ich:
    Â» Ich hab nicht die allergeringste Ahnung, wovon du redest! «
    Â» Verständigung auf dem verschlüsselten Weg, das Zeichen nur für uns zwei lesbar, was ist daran nicht zu verstehen? « , fragte er.
    Â» Mit mir musst du Klartext sprechen « , sagte ich und meinte das auch so.
    Â» Das K ist unser beider Buchstabe, schicksalshaft gefügt, einer wurde für den anderen damit markiert, wenn wir es nur zulassen. Der Kreis ist nicht nur ein Sinnbild für die ideale Ordnung, er kann in unserem Fall auch stehen für … «
    Â» Du bist ja verrückt « , habe ich ihn unterbrochen, weil ich mich dem, was womöglich folgen würde, nicht gewachsen sah.
    Er hat mir grinsend entgegnet: » Ja, was denkst du, weshalb ich hier bin? «
    Spaltungskonzept, Schwarz-Weiß-Weltsicht, heftige Affekte, professionelle Distanz, bla bla bla … Ich habe das alles gewusst, die Fachbegriffe in Lehrbüchern nachgeschlagen, es musste mich niemand über bestimmte Symptome und ihre Wirkung auf das Umfeld aufklären, unabhängig davon, ob seine Diagnose nun richtig oder falsch gewesen war.
    Â» Gift « , hat Manu letzten Sommer gewettert, » der Typ ist pures Gift für dich! «
    Damals habe ich mit den Schultern gezuckt und gesagt: » Kann sein. «
    Zu diesem Zeitpunkt war mir das auch tatsächlich egal.
    Niemand außer ihm hat je ein Gedicht für mich auswendig gelernt, es später vor allen Leuten über den Jahrmarkt gebrüllt, nur um einen Anflug von Trauer zu vertreiben:
    â€¦ und manches Mal ein Lächeln hergewendet …
    Er schaute zu mir herüber, strahlte wie von allem losgelöst, und ich liebte für die Dauer eines Schlagers bedingungslos und angstfrei: Den Mann oder das Bild, das er abgab, das war nicht so wichtig, aber es hat ihn unwiderruflich gegeben, diesen Moment, in dem ich nichts hinterfragt, meinem Glück einmal nicht sofort wieder misstraut habe, mich in der Gewissheit sonnen durfte, von diesem einen Menschen dort drüben auf dem Karussell gemeint und gewollt zu sein. Ich kann ihn auflachen hören, kann ihn sehen, wie er Runde um Runde dreht, die viel zu langen Beine affenartig um den Schimmel aus lackiertem Holz gefaltet, die Strophen für mich deklamierend, während die Mütter besorgt ihre Kleinen vom Karussell wegzerrten und mir der letzte Rest Traurigkeit von der Haut wehte.
    â€¦ und verschwendet
    an dieses atemlose blinde Spiel …
    Â» Lass uns spielen « , hat er dann später zu mir gesagt, » lass uns doch einfach ein bisschen spielen und schauen, ob uns das Spiel gefällt. «
    Aber zum Spielen fühlte ich mich auf Dauer ungeeignet, und die Leichtigkeit bekam wieder bleierne Füße.
    Â» Wer spielen will, riskiert, die Kontrolle zu verlieren « , habe ich gesagt, und er hat auf diese eigenartige Weise gelächelt, von der ich nie ganz zu sagen wusste, ob sie mehr aus Spott oder aus Mitleid oder aus Zuwendung bestand.
    Â» Ich mag es nicht, wenn du mich so ansiehst, hörst du? «
    Â» Wie bitte? «
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