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Die Lichtfaenger

Die Lichtfaenger

Titel: Die Lichtfaenger
Autoren: Elmar Bereuter
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sich unter Schmerzen, ihre Körper waren mit braunen, entsetzlich stinkenden Pusteln überzogen. Wer das überlebte, war für sein ganzes weiteres Leben gezeichnet.
    Seit die Seuche im Herbst auch die Stadt erfasst hatte, war die Stadtkasse leer und der Bürgermeister musste um sein ausstehendes Gehalt vom letzten Jahr bei Johannes von Schönenberg vorstellig werden. Der Druck der Straße, befeuert durch die Jesuitenschüler, wurde immer größer, da halfen auch die Ermahnungen des Magistrats zur Zurückhaltung und die Tanz- und Verkleidungsverbote des Erzbischofs nicht viel.
    Der Ruf nach Bestrafung der bösen Weiber, die zweifelsohne für das ganze Unglück verantwortlich waren, wurde immer lauter, aber Rat und Hochgericht zögerten noch, während im Umland eine dieser Unholdinnen nach der anderen hingerichtet wurde. Die Wende kam, als ein paar Frauen in Trier Zuflucht suchten. Zwar wurden sie unverzüglich bis auf eine aus der Stadt getrieben, doch eben diese eine, die Ehefrau des Saarburger Schultheißen, konnte kein Entlastungsschreiben für die ihr angelasteten Zaubereien beibringen. Bevor sie in ihren Heimatort überstellt wurde, um dort ihrer Bestrafung zugeführt zu werden, hatte sie unter der Folter die Trierer Bürgerin Margarethe Braun sowie deren Tochter der Komplizenschaft bezichtigt. Die Braun, auch von der zeitgleich verhafteten Witwe Margarethe Lenninger beschuldigt, war nicht nur Wäscherin, sondern zudem eine stadtbekannte Kupplerin, was ihrer Tochter, die mit einem ehrbaren Bäcker verheiratet war, gehörig zuwider lief. Und auch der alte Braun war übel beleumundet und zusammen mit seiner Frau der Geldfälschern verdächtig. Zusätzlich angeheizt wurde die Stimmung durch Studenten, die gehört haben wollten, wie ein Knecht die Braun beim Wäschewaschen in der Weberbach als Zauberin
    beschimpft hatte, und die das Gerücht umgehend durch die Stadt trugen. So jedenfalls versuchte sie sich dann vor Gericht zu verteidigen, aber da war sie beim Vorsitzenden kurfürstlichen Schultheißen Dietrich Flade an den Falschen geraten. Flade saß fest im Sattel und hatte Stadt und Magistrat im Würgegriff. Er hatte sein als Jurist und durch Ämter erworbenes nicht unbeträchtliches Vermögen durch die Heirat mit der wohlhabenden Witwe Barbara Walter und geschickte Geldgeschäfte weiter vermehrt und war nun unbestritten der reichste Bürger Triers. In zwei unsäglichen Prozessen hatte er die Stadt in den wirtschaftlichen und politischen Ruin gehetzt, sodass von Schönenberg, damals noch Statthalter, und die beiden regierenden Bürgermeister sich gezwungen sahen, ausgerechnet bei ihm einen gewaltigen Kredit aufzunehmen, um die angefallenen Prozesskosten bezahlen zu können.
    Unterwürfig hatte der gedemütigte Rat, wenn auch mit heimlichem Zähneknirschen, Dietrich Flade für diesen Kredit einen vergoldeten Becher für seine Verdienste um die Stadt überreicht. Flade war einer der unbeliebtesten Männer Triers und er wusste das. »Wenn sie mich schon nicht mögen, dann sollen sie mich zumindest fürchten!«, das hatte er mehr als einmal nicht nur zu Binsfeld gesagt.

    Peter Binsfeld stand noch immer am Fenster, als es an der Tür klopfte. Seine schweren Gedanken wichen nur zäh aus seinem Kopf, als er den Gerichtsschreiber zum Eintreten aufforderte.
    »Was macht der Prozess gegen die Braun?«, fragte er müde, während er eine zweite Kerze auf dem Schreibpult entzündete.
    »Hier sind die Protokolle, wie Ihr sie angefordert habt!«
    »Legt sie da drüben auf den Tisch!«, sagte er mit einem Blick auf den etwa daumendicken Papierstapel. »Und, kommt das Verfahren voran?«
    Der Schreiber hob leicht die Schultern. »Schwer zu sagen.
    Doktor Flade hat bis jetzt immer wieder neue Indizien vorgebracht, um eine erneute Tortur zu rechtfertigen. Er befragt sie jedes Mal etwas schärfer, aber sie ist halsstarrig, auch eine Verlegung in eine Kammer mit schlechteren Haftbedingungen machte sie nicht gesprächiger. Er hat zudem selbst schon persönlich mehrere Hausdurchsuchungen durchgeführt – allerdings ohne Ergebnis. Wie Ihr vielleicht wisst, ist ihr Mann mit der gesamten beweglichen Habe auf und davon. Sie ist nun siebenmal gemartert worden und der Doktor meint, sie würde wohl eher gestehen, wenn man ihres Mannes habhaft werden könnte, der ja selbst der
    Münzfälscherei verdächtig ist!«
    »Was ist Euer Eindruck?«, wollte Binsfeld wissen.
    »Sie ist bestimmt eine Hexe, der Doktor ist felsenfest davon überzeugt.
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