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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd
Autoren: Lena Falkenhagen
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immer
wenn es ihnen passt! Was wird Schwester Kunigunde sagen, wenn wir bloß einen halben Korb Fische mitbringen? Wenn wir alle Reusen leeren würden, wäre es mindestens ein ganzer!«
    Thomas hatte derweil ein Stück Baumrinde im nahen Gebüsch gefunden. Er hob es hoch und lief zu den beiden Frauen zurück. »Schau! Ich habe ein Boot gefunden. Ein Boot für die Ameisen!«
    Anna sah von der Freundin hinüber zu ihrem Sohn, der in voller Begeisterung mit seinem Fund wedelte, damit die Mutter mit ihm spiele. Einen Augenblick später warf die in nur halb gespielter Verzweiflung die Hände in die Luft. »Wo soll das nur enden, Luzinde? Immer machst du solche Sachen! Kennt der Schalk in deinem Nacken denn gar keine Grenzen? Wenn das rauskommt, dann sind wir alle dran! Du bringst uns noch in Teufels Küche!«
    Luzinde tat betreten. »Aber ich wollte euch doch nur ein wenig Zeit miteinander verschaffen. Du arbeitest immer so viel, und da dachte ich, du würdest dich freuen, wenn du und Thomas mal ein wenig Zeit füreinander hättet …« Sie sprach nicht aus, was für eine Sehnsucht sie empfand, wenn die Mutter ihren kleinen Sohn verwöhnte und liebkoste.
    »Aber die Arbeit macht sich doch nicht selbst, Luzinde! Das muss ich alles später nachholen!« Sie schüttelte ungläubig den Kopf. »Manchmal benimmst du dich mehr wie ein verwöhntes Bürgertöchterlein denn eine Magd!«
    Luzinde wich dem Blick der Freundin aus. Wie nahe die manchmal der Wahrheit kam! »Vielleicht kann ich dir bei der Arbeit helfen, damit es schneller geht?«
    »Ach!«, tat Anna verärgert und winkte ab. Doch Luzinde konnte sehen, dass die rundliche Frau längst überzeugt war. »Jetzt ist es ja eh zu spät.«

    Luzinde planschte ans Ufer zurück und streckte die Glieder auf dem trockenen Gras aus.Thomas derweilen klatschte in die Hände und krähte: »Das Boot! Das Boot!« Doch Luzinde wusste ganz befangen gar nicht, was sie mit dem Buben anfangen sollte. Also scheuchte sie ihn weg. »Lass es doch schwimmen, Kleiner!«
    Der Junge ließ sich durch die Abweisung nicht einschüchtern und zog Luzinde am Rock. »Lass dass!«, murrte sie schließlich. »Mir sind die Beine kühl geworden.« Doch es dauerte noch eine Weile, bis Thomas davon abließ und allein zum Ufer stapfte. Dort brachte er das Rindenboot zu Wasser und setzte dann Steine als Fischer darauf. Der innigliche Eifer, in den er dabei bald versank, schien das schlechte Gewissen der Mutter schnell zu beruhigen.
    »Wilbert sagt, du machst dem Trautmann schöne Augen«, sagte Anna halbwegs versöhnt und legte sich neben Luzinde auf die Wiese; die Hände hinter dem Kopf gefaltet.
    »Ich würde eher sagen, der Trautmann macht mir schöne Augen.« Doch Luzinde konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Anna hatte Recht – der Knecht gefiel ihr gut. Er hatte eine Art an sich, Luzinde anzuschauen, dass ihr ganz warm wurde. Gut aussehende Männer hatten es leicht bei ihr, das wusste sie. Und sie erinnerte sich auch, was für Folgen das bereits gehabt hatte.
    Anna rollte sich auf die Seite, um dem Jungen beim Spiel zuzuschauen. »Wenn du dich nicht in Acht nimmst, dann endet das übel«, mahnte sie. »Wilbert«, das war ihr Mann und ein Ackerknecht des Beginenhofes, »sagt, dass der Trautmann kein Blatt vor den Mund nimmt und über die Frauen redet, mit denen er ins Heu steigt.Wenn du dich nicht in Acht nimmst, dann verbreiten sich Gerüchte. Und dann werfen die Beginen dich raus. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.«

    Die Angst formte einen harten Klumpen in Luzindes Bauch. Die Aussicht, wieder zurück auf die Straße zu müssen, nirgends willkommen zu sein, nicht zu wissen, wohin sie gehen, und woher sie den nächsten Bissen Brot bekommen sollte … Sie verdrängte den Gedanken schnell. Dann wurde ihr bewusst, was Anna gerade gesagt hatte. »Andere Frauen?«, wiederholte sie perplex.
    Die rundliche Magd grinste breit. »Du dummes Ding! Wie kannst du bei all deinen Torheiten so leichtgläubig sein, nur weil ein schöner Mann deine Augen bewundert? Schon bei Volckert dem Hufschmied warst du so behext! Alle paar Wochen kommt er und umwirbt dich, und du wähnst dich schon im Stand der Ehe«, sie lachte, »bis ihn die Meisterin schließlich aus dem Bett der Schwester Sophia und dann vom Hof wirft. Und Sophia gleich mit.«
    Luzinde fand das nicht lustig. Wenn die Knechte bereits darüber sprachen, dann sollte sie den Trautmann besser auf Abstand halten, egal, was seine Absichten waren. Sie wollte
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