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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd
Autoren: Lena Falkenhagen
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Stadt.«

    »Was können wir ihm denn noch bieten?«, fragte Gruntherr. »Geld? Geld kann er immer brauchen. Unterwerfung? Der Ehrgeiz des Mannes ist grenzenlos.«
    Hosto dachte nach. »Geld, ja. Karl hat Schulden. Er hat Wahlversprechen gemacht und Ludwig den Brandenburger gekauft.« »Aber wir haben auch kein Geld mehr!«
    »Dann müssen wir uns welches besorgen.« Doch das Stichwort vom Ehrgeiz, das Gruntherr ihm geliefert hatte, gab ihm eine Idee ein. Karl war ein frommer Mann, der sich gut mit dem Papst in Avignon verstand. Und zum ersten Mal gab es keinen anderen König, der Karls Macht hätte bedrohen können. Plötzlich erkannte Hosto, dass der nächste Schritt unausweichlich war. Karl würde Kaiser werden. Und mit dem Kaiser stellte man sich besser gut.
    Er sah von diesem höchsten Punkt auf die Stadt hinunter. Die Gassen kleiner und krummer Häuschen, die bereits überall aus der Stadtmauer herauswucherten, drängten sich über den Fluss. Die Fleischbrücke, noch im letzten Jahrhundert erbaut, vereinte mit den beiden Ufern nördlich und südlich des Wassers die beiden Stadthälften. Eine neue Stadtmauer, die das stetig anschwellende Nürnberg wieder besser vor seinen Feinden schützen würde, befand sich seit Jahren langsam, aber stetig im Bau. Das Einzige, was der Stadt fehlte, um ihr ganzes Potenzial zu entfalten, war ein angemessen großer Marktplatz. Da die beiden Stadthälften lange unabhängig voneinander gewachsen waren, gab es keinen zentralen Markt. Ein solcher würde den Handel Nürnbergs zu einer Größe wie etwa in Venedig führen. Nein, mitten in der zusammengewachsenen Stadt lag die Judenschule, und darum herum scharten sich die Häuser der Hebräer. Das Land, das einst mühsam aus dem Schlamm der Pegnitz gewonnen worden war, galt nun als bester Baugrund der Stadt. Er selbst wohnt dort, am Zotenberg.

    Die Frage der Königstreue hatte Nürnberg zerrissen. Damit lag die Stadt auf den Knien; wirkte schwach und angreifbar. Wie sollte sie Karl so auf Augenhöhe begegnen können, wie früher? Nein, es musste etwas geschehen. Nürnberg musste wieder auf die Füße kommen. »Wir können Karl noch etwas bieten. Etwas, das er dringender braucht als Geld.«
    »Was?«
    »Ein starkes Nürnberg. Ein einiges Nürnberg. Und besonders ein reiches Nürnberg. Wir werden Geld brauchen. Und wir werden noch ein wenig aushalten, damit er nicht denkt, wir knicken genauso ein wie Ludwig der Brandenburger. Und dann werden wir ihm mehr bieten als der Burggraf und der Bischof zusammen.«
    »Und was soll das sein? Das letzte Jahr hat uns beinahe pleite gemacht, Hosto. Die Kassen der Stadt gehen zur Neige. Der Handel floriert nicht mehr so, wie er sollte. Ludwig steht unter dem Bann des Papstes, und wir dadurch mit ihm! Für andere Städte hat das Wort des Papstes viel Gewicht, Hosto! Selbst wenn der Bann von uns genommen wird, läuft der Handel nur langsam wieder an. Das Geld der Juden reicht auch nur so weit! Und eigentlich schulden wir seit Karls Verfügung auch davon jeden Heller dem Bischof von Bamberg und dem Burggrafen – und zwar rückwirkend! Gott verfluche die beiden dafür, dass sie dem König so weit in den Arsch gekrochen sind, bis nur noch die Füße rausschauen!«
    Doch Hosto hörte dem Mann nicht zu. »Karl wird kommen«, brummelte er nachdenklich. Er ging die runden Mauern des Turmes entlang und musterte die schlichte Kaiserburg aus dunklen Ziegelsteinen. »Wir müssen bald die Räume bemöbeln, Gruntherr, damit der König sich auch recht wohlfühlt.«
    »Hosto«, beschwor Ulrich Gruntherr ihn. »Ich frage dich
noch einmal: Was hätten wir König Karl zu bieten, was Fürsten und Grafen ihm nicht geben können?«
    Ulrich Stromer, genannt Hosto, genannt Ulrich vom Zotenberg, runzelte die Stirn. »Was wir dem König bieten können?« Er schüttelte den Kopf. »Dem König Karl können wir nichts bieten.«
    Gruntherr starrte ihn an, als habe er den Verstand verloren. »Hosto?«, fragte Gruntherr misstrauisch. »Willst du nun jemanden Dritten unterstützen?«
    »Nein.« Ulrich Stromer lächelte. Nürnberg würde nicht unter dem Bischof und dem Burggrafen aufgeteilt werden und auf den Status einer kleinen Provinzstadt herabsinken. Nürnberg würde sich aus dem Schlamm, in dem es kniete, aufraffen und sich zu ungeahnter Größe erheben.
    Hosto drehte sich nicht um, als er sprach, denn Gruntherr würde gar nicht zu würdigen wissen, an was für einer großen Entscheidung er teilgehabt hatte. Hosto konnte endlich
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