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Die Lichtermagd

Die Lichtermagd

Titel: Die Lichtermagd
Autoren: Lena Falkenhagen
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die Stromers. Ein König sollte mehr von einem Ritter in sich haben als von einem Pfeffersack.«
    An einer Wegscheide wussten beide, dass der Abschied nahte. »Ich werde nun heimgehen«, erklärte er Johanna. »Doch zuerst muss ich nach Prag, meinen Abschied beim König nehmen.«
    »Was ist Prag?«, fragte das Mädchen die Mutter.
    »Eine große, schöne Stadt, habe ich mir sagen lassen«, erwiderte Luzinde. Dann runzelte sie die Stirn. »Genau sagen kann ich dir das auch nicht. Ich habe kaum etwas davon gesehen.«
    »Gehen wir nach Prag?«, fragte die Kleine.
    Luzinde warf dem Ritter einen Seitenblick zu. Ihre Antwort schien für ihn mindestens ebenso interessant wie für die Tochter. »Ja«, stellte sie überrascht fest. »Ja, warum nicht? Die Straßen dort sollen aus Gold sein, habe ich gehört.«
    Da lächelte Wenzel warm. »Ich fürchte, die Straßen dort sind so dreckig wie überall.«
    »Das kann man nicht wissen, wenn man es nicht selbst gesehen hat, oder?«, schmunzelte sie.
    »Und danach?«, fragte Wenzel. »Was machst du danach?« Sein Blick wanderte von ihren Augen zu ihren Lippen und zurück, als sei er stets auf der Suche nach einem Lächeln. Luzinde fühlte den Schalk in ihrem Nacken sitzen, als sie unentschlossen seufzte.
    »Danach, Ritter Wenzel, will ich einen Freund besuchen. Einen Ritter, aufrecht, edel und gut. Ein Mann, der mir vielfach seine Treue bewiesen hat, obwohl ihn das seinen Ruf und seinen Kopf hätte kosten können.« Der Augenblick der Neckerei war vergangen, und Luzinde senkte den Blick. Wenn er sie
abwies, wollte sie ihm nicht in die Augen sehen. »Aber nur, wenn der das will.«
    Der Ritter zuckte mit den Schultern. Würde er sich den Konventionen beugen und sie fortschicken? »Ich kann mir kaum vorstellen, Frau Luzinde«, begann er nachdenklich, »dass ein solch edler Mensch, wie Ihr ihn beschreibt, das würde ablehnen können.« Dann lächelte er so aufrichtig, dass Luzinde das Herz aufging.
    »Ich auch nicht«, erwiderte sie.
    »Ich auch nicht«, meinte Johanna.
    Damit lenkten die drei ihre Schritte gen Osten. Luzinde wusste nicht, ob ein Ritter und eine Magd in dieser Welt einen Weg miteinander finden konnten. Aber Wenzel und sie würden es versuchen. Und das war ihr genug. Sie wagte wieder, davon zu träumen.

HISTORISCHES NACHWORT
    Während Luzinde und Wenzel fiktive Charaktere sind, entsprechen die Stromers, Gottschalk von dem Steyne und viele andere Figuren historischen Persönlichkeiten.
    Im Dezember 1349 wurden die über 1500 Juden von Nürnberg brutal aus der Stadt vertrieben. Bei dem Pogrom starben mindestens 562 Menschen, derer in den Memorbüchern von Nürnberg gedacht wird. Nach 1349 lebten in Nürnberg nur noch 150 bis 200 jüdische Einwohner. Historiker vermuten, dass wirtschaftliches Kalkül der Hauptgrund der Vertreibung war.
    Ulman Stromer stand von 1369 an dem Handelshaus Stromer als einer der führenden Verantwortlichen vor. Seine Tante Elisabeth leitete das Klarissenkloster ab 1367 als Äbtissin. Ungefähr ab 1388 war Ulman einer der führenden Politiker Nürnbergs. 1391 gründete er die erste Papiermühle auf deutschem Boden. Er blieb ein Vertrauter Karls IV. Bis zu seinem Pesttod im Jahr 1407 stand Ulman Nürnberg im höchsten Rang als der vorderste der drei Obersten Hauptleute vor. Heute gilt er als eine der Schlüsselfiguren der Finanzwelt des 14. Jahrhunderts.
    Der spätere Kaiser Karl IV. sprach den Stadtrat in der Marktverordnung, die er am 16. November 1349 in Prag ausstellte, von jeglicher Schuld frei, sollten die Juden der Stadt in einem Aufstand getötet werden. Ulrich »Hosto« Stromer wurde in der Urkunde durch die königliche Schenkung mehrerer Häuser von Juden am deutlichsten begünstigt. Darunter befanden sich die Häuser Ysaacs von Schesslitz und Gottschalks von dem Steyne. Man nimmt an, dass er einer der Architekten des Ereignisses
ist. Gleichzeitig gewährte Karl der Stadt Nürnberg das Recht zum Bau eines Marktplatzes an der Stelle des Judenviertels und verfügte den Bau einer Marienkirche an Stelle der alten Synagoge.
    Karl (ursprünglich Wenzel) von Böhmen zog im Jahre 1354 mit einem kleinen Heer nach Rom und ließ sich dort 1355 zum Kaiser Karl IV. krönen. Schon 1356 erließ er in Nürnberg die Goldene Bulle. In ihr wurde die Wahl der Könige des Reiches für die nächsten Jahrhunderte geregelt und formell von der Zustimmung des Papstes gelöst. Karl IV. bestimmte darin auch, dass jeder Kaiser seinen ersten Reichstag in Nürnberg
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