Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit

Titel: Die letzten Monate der DDR: die Regierung de Maizière und ihr Weg zur deutschen Einheit
Autoren: Ed Stuhler
Vom Netzwerk:
Arbeit gestaltet und, unter zunehmendem Zeitdruck, verändert hat.
      Es ist eine Darstellung der sich überschlagenden Ereignisse ei ner historisch kurzen Phase, eines halben Jahres, vom 18.März bis 2.Oktober 1990. Gezeigt werden 199 Tage spannender deutscher Geschichte, das stürmische Ende der DDR-Geschichte in Geschichten.
      Der Text beruht in wesentlichen Teilen auf den Fernsehinterviews der Firma Heimatfilm zur Dokumentation über die letzte Regierung der DDR, die die Autoren Rainer Burmeister und Hans Sparschuh (Heimatfilm GbR) zwanzig Jahre nach der Wieder vereinigung mit Mitgliedern der ersten und letzten frei gewählten Regierung der DDR geführt haben.

    Ein paar persönliche Worte seien mir gestattet. Als ich begann dieses Buch zu schreiben, habe ich, um mich in die Stimmungslage des Jahres 1990 zurückzuversetzen, meine Tagebücher aus der Zeit hervorgesucht und gelesen. Unter dem Datum 19.März fand ich folgenden Eintrag:
      »Das neue Zeitalter hat begonnen. Bei der gestrigen Wahl hat die CDU haushoch gesiegt. De Maizière wird Ministerpräsident von Kanzlers Gnaden. Die Leute sind Kohls stärkstem Argument ge folgt, der D-Mark. Von der CDU erhoffen sie sich deren schnelle Einführung. Daß die Folgen (Betriebsstillegungen, Arbeitslosigkeit) an ihm selbst vorbeigehen, hofft wohl jeder für sich. Und der zweite Grund für diesen (für viele überraschenden) Wahlausgang ist wohl das tiefe Mißtrauen allem gegenüber, was links ist. Leichte Traurigkeit und Enttäuschung. Bin mir aber der Irrationalität dieses Gefühls bewußt. Ich habe Bündnis 90 gewählt. Weniger als drei Prozent! Keiner will mehr was wissen von der Revolution und von der eigenen Vergangenheit. Bloß nicht erinnert werden, man hat ja schon perfekt verdrängt!«
      Weitere Einträge handeln von Stasi-Verdächtigungen und -Entlarvungen, Gerüchten über plötzliche Währungsumstellung, rapide gestiegene Abtreibungszahlen, dem sinkenden Stern von Gorbatschow, von Trabbis und Wartburgs, die man jetzt plötzlich kaufen kann, von leeren Kaufhallen und vollen Sparkassen und einer gewonnenen Fußball-Weltmeisterschaft.
      Den meisten Raum jedoch nehmen Notizen zu unserer kleinen Tochter ein. Das beglückte Staunen über ihr Wachsen und Werden war mir offensichtlich wichtiger als all die dramatischen politischen Ereignisse. Seltsame Duplizität: Genau wie ihr Vater wurde sie in eine Welt geboren, die es ein Vierteljahr später nicht mehr gab. In meinem Fall war es der Februar 1945, in ihrem der August 1989, ausgerechnet der 13. In der neuen Welt hat sie in diesen sechs Monaten, von denen dieses Buch handelt, das Krabbeln gelernt, ihre ersten Schritte gemacht, ihre ersten Worte gesprochen. Und genau wie ihrem Vater ist ihr die Welt, in die sie geboren wurde, bis heute sehr fern.
      Übergangszeiten sind Zeiten überraschender Umbrüche, weitreichender Weichenstellungen, unvorhersehbarer Entwicklungen, aber auch ungewohnter Möglichkeiten; Treibende werden zu Getriebenen, die Dinge bekommen ihre eigene Dynamik – Übergangszeiten sind spannend.
      Möge dieser Band denen, die diese Zeit nicht erlebt oder vergessen haben, das Besondere dieser Tage und das Handeln und die Motivationen der Akteure näherbringen.

    Prolog: Beitritt

    Um Mitternacht steigen Raketen in den nächtlichen Himmel. Vor dem Reichstag haben sich Tausende von Menschen versammelt, um ein Fest zu feiern, das Fest der deutschen Einheit. Vor dem Eingang des historischen Gebäudes stehen die Repräsentanten der Bundesrepublik, darunter Willy Brandt, Oskar Lafontaine, Richard von Weizsäcker und ein massiger, sichtlich zufriedener Helmut Kohl. Der schmale, in den letzten Monaten stark abgemagerte Lothar de Maizière ist neben ihm kaum auszumachen. Weitere Repräsentanten der DDR, die in diesen Minuten aufhört zu existieren, sind nicht zu sehen. Es erklingt Händels Feuerwerksmusik, geschrieben einst für eine andere Siegesfeier.
      Auf einem extra errichteten vierzig Meter hohen Fahnenmast wird eine 60 Quadratmeter große Deutschlandfahne gehisst. Reden werden keine gehalten. Man ist peinlich darauf bedacht, jeden Anschein nationalen Überschwangs zu vermeiden. Dreihundertsiebenundzwanzig Tage nach dem Fall der Mauer ist die Einheit vollendet. Fünfundvierzig Jahre nach der bedingungslosen Kapitulation Deutschlands ist die Phase des Kalten Krieges Geschichte. Die Zukunft ist ein europäisches Deutschland.

    1. Die Laienspieler

    »So eine asoziale Hurerei ist mit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher