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Die letzte Rune 07 - Die schwarzen Ritter

Titel: Die letzte Rune 07 - Die schwarzen Ritter
Autoren: Anthony Mark
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von einem Kreis aus Ithaya -Bäumen umgeben, die Grace an grüngoldene Säulen erinnerten. Der Kaiser hatte die Villa für sie gemietet, als er von ihrer Absicht erfahren hatte, in einem Gasthaus im Vierten Kreis abzusteigen.
    »Ich lasse nicht zu, dass meine Cousine unter dem ungewaschenen Mob haust«, hatte Ephesian mit vor Empörung bebenden Wangen gesagt. Er hatte angefangen, Grace zu ihrem großen Verdruss seine Cousine zu nennen – und zu ihrem stillschweigenden Entzücken, wie sie sich insgeheim eingestehen musste.
    »Unsinn, Eure Herrlichkeit«, erwiderte Melia beschwichtigend, »im Vierten Kreis gibt es jede Menge Badehäuser, und Eure Untertanen scheinen auf bewundernswerte Weise sauber gewaschen zu sein. Wir werden in dem Gasthaus gut untergebracht sein.«
    »Auf gar keinen Fall!« Ephesian hämmerte mit den fetten Fäusten auf die Thronlehnen, und seine Diener – er war zu den Eunuchen zurückgekehrt, die zu Graces Erleichterung voll bekleidet waren – wichen mit weit aufgerissenen Augen zurück. »Ihr habt bereits einen gewissen Ruf, Lady Melia. Aber sollte Lady Grace im Vierten Kreis wohnen, würde das das hohe Ansehen des Kaiserreichs beschmutzen.«
    Melia hob die Brauen. »Ihr meint, im Gegensatz zu den Jahrhunderten der Plünderungen, der Korruption und der Ermordung Unschuldiger?«
    Doch trotz ihrer Proteste war Ephesian nicht umzustimmen. Aber auch Melia gab seinen Forderungen keinen Fußbreit nach; sie weigerte sich, ein Quartier im Ersten Kreis zu beziehen. »Ihr seid herrisch wie eine Glucke, Ephesian. Ihr würdet nie aufhören, auf uns einzupicken, wenn wir nicht genau das tun, was Ihr wollt.«
    Es war Grace, der schließlich ein Kompromiss einfiel. Sie fragte Ephesian, ob es denn keine Unterkunft außerhalb der Stadt gab, die sowohl über die nötige Exklusivität als auch eine zu bewältigende Entfernung verfügte. Nach Melias sarkastischen Bemerkungen schien Ephesian nicht mehr so versessen darauf zu sein, sie in seiner Nähe zu haben, und man einigte sich auf die Villa.
    »Das war sehr diplomatisch von Euch, Euer Majestät«, flüsterte Beltan mit einem Grinsen, als sie den Palast verließen.
    Diese Worte überraschten Grace. Im Nachhinein musste sie zugeben, dass es eine gute Lösung war. Vielleicht war sie in diesem ganzen Königinnenhandwerk ja besser, als sie sich eingestehen wollte. Vielleicht lag es ihr im Blut.
    Manchmal schlüpfte Grace aus dem Bett, lange bevor die anderen erwachten, teilte die hauchdünnen Vorhänge, die die einzige Barriere zwischen ihr und dem letzten Atemhauch der Nacht darstellten, und trat auf den Balkon. Sie berührte den Anhänger aus Stahl, der an ihrem Hals hing – ein Anhänger, der in Wahrheit das Fragment eines Schwertes war –, und dachte über diese Frage nach. Konnte das Blut eines Menschen wirklich sein Schicksal beinhalten?
    Da war einmal ein Patient in der Notaufnahme gewesen, bei dem sie die Symptome von Leukämie diagnostiziert hatte. Sie konnte sich noch deutlich an ihn erinnern. Er war einer jener großen, stämmigen Männer, die sich mit übertriebener Vorsicht bewegten, als hätten sie Angst, aus Versehen etwas zu zerbrechen. Er arbeitete als Lehrer an der High School, wohnte noch immer bei seiner in die Jahre gekommenen Mutter und hatte ein sanftes Lachen. Grace hatte ihn gemocht.
    Sie setzten ihn auf die Liste für eine Knochenmarkspende. Aber ein paar Monate später erfuhr Grace, dass man für ihn keinen passenden Spender gefunden hatte und er gestorben war. Sie hatte einen Stich des Bedauerns verspürt, aber sein Schicksal hatte nicht in ihren Händen gelegen. Die Antwort, ob er leben oder sterben würde, war in seinem Blut verborgen gewesen, das hatte sein genetischer Code bestimmt, und es gab nichts, das jemand hätte tun können, um das zu ändern.
    Vielleicht hatte sie sich ja all die Jahre geirrt. Vielleicht war alles ja wirklich Schicksal.
    Grace blieb dann meistens eine Weile auf dem Balkon stehen und betrachtete die Stadt. Die weißen Häuser von Tarras leuchteten in dem geisterhaften Licht, das immer eine volle Stunde vor Sonnenaufgang auftrat, und tief am Himmel pulsierte ein blutroter Funke, gerade noch eben sichtbar oberhalb der Kreidefelsen südlich der Stadt.
    Der rote Stern.
    Einst war der Stern ein Vorbote von Veränderung und Tod gewesen; es war der Große Stein Krondisar, den der Nekromant Dakarreth in den Himmel geschickt hatte, um die Flammenpest im Land zu verbreiten. Aber Travis Wilder hatte den
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