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Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter

Titel: Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Königin fort, und ihre Worte kamen so präzise wie abgeschossene Pfeile, »aber Ihr wart heute trotzdem dort, und Eure Streiche haben bei den Pferden eine solche Unruhe ausgelöst, dass eines sich losriss und entkam. Und bei dem Versuch, es wieder einzufangen, ist einer der Stallburschen gestürzt und hat sich den Arm gebrochen.«
    »Also bin ich jetzt für einen ungeschickten Stallburschen verantwortlich?«, sagte der junge Mann, ohne den Kopf zu heben. Er war völlig in Schwarz gekleidet, vom Wams bis zu den Stiefeln.
    Die Königin versteifte sich sichtlich. »Beim Adel geht es nicht um Vorwürfe, Lord Teravian. Sondern um Verantwortung. Eure Taten sind die Ursache für diese Verletzung. Wollt Ihr dafür nicht die Verantwortung übernehmen?«
    Der junge Mann schwieg.
    »Dann bleibt mir keine andere Wahl, als die Schuld auf mich zu nehmen«, sagte Ivalaine, »denn Ihr seid meine Verantwortung. Das bedeutet es, ein Herrscher zu sein. Lady Tressa, sorgt dafür, dass der Stallbursche und seine Familie ausreichend von meinem Geld entschädigt werden.«
    Tressa nickte, dann beugte sie sich vor, um auf einem Pergament, das auf einem kleinen Tisch lag, eine Notiz zu machen.
    Ivalaine schüttelte den Kopf. »Was soll ich Eurem Vater über diesen Vorfall berichten?«
    Jetzt schaute der junge Mann auf, sein Haar fiel zurück und enthüllte das blasse Oval seines Gesichts. Seine Züge waren zart, beinahe schon hübsch, und die Augen unter den schwarzen Brauen glühten wie Smaragde.
    »Warum König Boreas überhaupt etwas sagen?«, meinte er, und die sanften Linien seines Mundes verzogen sich verächtlich. »Ich weiß doch, dass er mich hergeschickt hat, damit er mich vergessen kann.«
    »Ihr wisst gar nichts«, erwiderte die Königin in einem so eisigen Tonfall, dass der junge Mann einen Schritt zurücktrat, so als würde er seine Anmaßung bedauern.
    »Darf ich jetzt gehen, Euer Majestät?«, sagte er schließlich.
    »Ich glaube, das solltet Ihr besser tun.«
    Der junge Mann machte eine knappe Verbeugung, drehte sich um und ging mit der Anmut eines Tänzers zur Tür. Er würdigte dabei weder Aryn noch Lirith auch nur eines Blicks, als er den Raum verließ.
    Aryn sah ihm nach. Sie erinnerte sich noch gut an Teravian aus ihren ersten Jahren auf Calavere. Damals war König Boreas’ Sohn ein mürrischer, launischer Junge gewesen, der vier Jahre jünger als sie war. Er hatte nur wenig mit ihr zu tun gehabt, wenn man von den gelegentlichen Streichen absah, mit denen er sie gequält hatte, so wie das eine Mal, als er eines ihrer Kopfkissen mit Mäusen gefüllt hatte.
    Vor zwei Jahren hatte Boreas Teravian dann nach Ar-Tolor geschickt. Es entsprach den Sitten, dass die Kinder von Königen an einem fremden Hof erzogen wurden; das war eines der Verfahren, mit denen Allianzen zwischen den Domänen geschmiedet und aufrechterhalten wurden. Aryn hatte nicht vergessen, wie Teravian einen Wutanfall bekommen hatte, als er erfuhr, dass man ihn wegschicken würde, aber seitdem hatte sie kaum etwas von ihm gehört.
    Ein paar Tage nach ihrer Ankunft auf Ar-Tolor hatte sie Teravian aufgesucht, um ihn als Cousin zu begrüßen. Doch als sie ihn im Obstgarten des Schlosses gefunden hatte, war er nicht von der Mauer heruntergekommen, auf der er gesessen hatte, und er hatte kein Wort zu ihr gesagt, davon mal abgesehen, dass er gelacht hatte, als sie auf einem verfaulten Apfel ausgerutscht war. Anscheinend hatte sich Teravian in den Jahren auf Ar-Tolor nur wenig verändert, außer dass er etwas größer und noch gemeiner geworden war. Manchmal fragte sich Aryn, wie er nur der Sohn eines so guten und tapferen Mannes wie König Boreas sein konnte.
    Die Königin hob eine schlanke Hand. »Wo habe ich einen Fehler gemacht, Tressa?«
    Die rothaarige Frau lächelte, allerdings war es ein trauriges Lächeln. »Er ist ein Junge, der einen harten Kampf ausficht, um ein Mann zu werden. Man muss nicht nach anderen Gründen suchen.«
    »Und doch gibt es einen anderen Grund, nicht wahr?«
    Tressa sagte nichts, und Aryn fragte sich, was die Königin damit gemeint hatte. Doch Ivalaine ergriff das Wort, bevor sie es konnte.
    »Kommt näher, Schwestern. Glaubt nicht, dass ich euch dort nicht habe stehen sehen.«
    Die beiden Frauen eilten nach vorn und machten einen Hofknicks.
    Es hieß oft, dass Ivalaine die schönste Frau in ganz Falengarth war. Ihr Haar war wie Flachs, ihre Formen waren schlank und stolz, ihre Augen hatten die Farbe vom Frost berührter Veilchen.

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