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Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter

Titel: Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter
Autoren: Anthony Mark
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erzitterte, als wäre er aus Gelee gemacht. Seine Umrisse verschwammen, als könnte er kaum sein Abbild aufrechterhalten.
    »Du bist so widerlich wie eine Wespe, Melindora Nachtsilber«, fauchte der Spinnengott. Dann fügte er in einem eher mürrischen Tonfall hinzu: »Aber ich werde dir sagen, was immer du wissen willst.«
    Unglücklicherweise stellte sich heraus, dass Sif nur sehr wenig wusste. Melia und Falken befragten den Gott mehrmals, aber das Einzige, was er bestätigen konnte, war, dass die goldene Spinne weder ihm noch einem seiner Anhänger gehörte und dass er keine Ahnung hatte, wer sie fallen gelassen haben könnte. Schließlich gaben sie auf.
    »Ich bin dich leid, Sif«, sagte Melia. »Wir gehen.«
    Sie wandte sich von dem Thron ab, Falken an ihrer Seite.
    »Warte, Melindora«, rief der Gott in einem klebrigsüßlichen Tonfall. »Da ich kooperiert habe, bedeutet das doch, dass du der Etherion meinen kleinen Handel mit Geb verschweigen wirst, oder? Melindora? Melindora!«
    Speichel sprühte von Sifs Lippen, aber Melia ging mit hocherhobenem Kopf von dem Thron fort.
    »Lasst uns diesen Ort verlassen«, sagte sie zu den anderen. »Ich habe noch nie etwas für Spinnen übrig gehabt.«
    Augenblicke später standen sie wieder am Fuß der Tempeltreppe. Melias harter Ausdruck war weicher geworden, sie lehnte sich an Falken an.
    »Also war es doch nicht Sif«, sagte Lirith. Sie schaute Durge an. »Es sieht so aus, als hättet Ihr in allem Recht gehabt. Ausgenommen wer der Mörder ist.«
    Durge zuckte mit den Schultern. »Ich schätze, es ist ein Wunder, dass ich überhaupt in so vielem Recht hatte, Mylady.«
    Aryn seufzte. Sie hatte das Geheimnis für gelöst gehalten, aber sie waren der Antwort nicht näher als zuvor. »Aber wem gehört die goldene Spinne denn nun?«
    »Ich weiß es nicht«, meinte Falken. »Aber ich glaube, Orsith hat es vielleicht gewusst. Ich glaube, das hat er in seinen Aufzeichnungen niedergeschrieben. Und ich ahne, dass er deswegen …«
    Ein Schrei zerriss die Nacht, ein hoher, gurgelnder Schrei – ein Schrei, der von keinem Menschen stammen konnte.
    Sie fuhren herum. Der Schrei war durch die offenen Türen gekommen. Durge und Falken erreichten den Tempel als Erste, gefolgt von Melia und Landus. Aryn machte mit Lirith den Abschluss. Sie kamen zum Stehen, starrten mit offenem Mund auf das Bild, das sich ihnen bot.
    Wieder rannten Priester quer durch den Tempel, aber diesmal flohen sie nicht vor Melias Zorn. Sie stolperten von dem klaffenden Loch in der gegenüberliegenden Seite des Tempels fort, einer schwarzen Leere, wo sich eben noch Sifs Thron befunden hatte. Ein halbes Dutzend Säulen war umgestürzt. Trümmer waren von der Decke gefallen, Staubwolken wallten durch die Luft. Von dem Spinnengott war keine Spur zu sehen.
    Sie ignorierten die flüchtenden Priester, suchten sich einen Weg an den Trümmern vorbei und näherten sich dem Loch. Doch als sie in seine Nähe kamen, hielt Falken die Hand hoch und hinderte sie, zu nahe heranzugehen. Das Loch bot einen perfekten Kreis, die Ränder waren messerscharf. Der darin befindliche Abgrund war ein Nichts aus reiner, lebendiger Finsternis. Es zog Aryn an, zerrte sie vorwärts. Lirith packte ihre Schultern. Durge trat einen Stein in das Loch. Sie warteten, aber es war kein Aufschlag zu hören.
    Falken versuchte einen der flüchtenden Priester zu erwischen, aber der Mann schrie bloß furchterfüllt auf und entwand sich ihm. Der Barde fluchte. »Was geht hier vor? Und wo ist Sif? Wir müssen ihn fragen, was passiert ist.«
    »Du wirst ihn nicht finden.«
    Das war Melia. Ihre Stimme war seltsam leise und müde. Sie drückte eine Hand gegen die Stirn; ihr Gesicht hatte jede Farbe verloren.
    »Bei den Göttern, was ist das?«, fragte Falken.
    Melia schwankte. »Er ist fort. Unwiderruflich fort, als hätte es ihn nie gegeben.«
    Aryn schlug die Hand vor den Mund, um einen Schrei zu ersticken. Sif war tot. Der Mörder war hier gewesen, hier in diesem Tempel.
    Und sie hatten ihn nicht einmal bemerkt.
     
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