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Die letzte Nacht der Unschuld

Die letzte Nacht der Unschuld

Titel: Die letzte Nacht der Unschuld
Autoren: India Grey
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stieg eine dichte weiße Rauchwolke auf und machte es unmöglich, etwas zu sehen.
    Cristiano hielt die Luft an und fuhr blind, verließ sich auf seine blitzschnellen Reflexe als einzigen Schutz. Und auf Alexanders Glückbringer.
    Er durchbrach die Rauchwolke und hatte wieder klare Sicht. Erleichtert holte er Luft. Die nächste Kurve. Der Wagen vor ihm schleuderte aus der Bahn und landete in der Bande. Die Erleichterung erhielt einen Dämpfer.
    Silvios Stimme kam über den Helmfunk. „Alles klar, Cristiano. Du hast jetzt freie Fahrt. Drück das Gaspedal durch. Zeig ihnen, dass du wieder da bist.“
    Denke daran, du brauchst nichts zu beweisen …
    Cristiano fluchte und trat vor der Kurve auf die Bremse. Das hier sollte überhaupt nicht passieren. Tempo und das Adrenalin in seinem Körper sollten es unmöglich machen, dass er Colleens Stimme hörte.
    Ein Blitz schoss in seinen Kopf. Die Strecke vor ihm wurde ausgeblendet, er sah eine andere Strecke …
    Er erinnerte sich. Monaco. Er hatte sich auf die Suche nach Colleen gemacht, bevor er in den Wagen gestiegen war. In der Menge hatte er ein blaues T-Shirt erblickt – sein T-Shirt. Und dann hatte sie sich umgedreht und ihn angelächelt. Er hatte sie zwischen die Garagen gezogen, sie geküsst und gelacht, als sie zu ihm sagte, er solle vorsichtig fahren.
    Funken flogen durch die Luft, als jetzt der Wagen vor ihm abbremste. Cristiano schwenkte an den inneren Rand der Kurve.
    „Zieh an ihm vorbei! Zieh vorbei!“, wies Silvio aufgeregt per Funk an. „Du verlierst wertvolle Sekunden!“
    Und plötzlich ergab alles Sinn. All diese Zeit hatte Cristiano sich mit Leuten umgeben, die ihn antrieben, die irgendetwas von ihm wollten. Schneller, besser, stärker. Dabei wollte er nur, dass jemand ihn genug liebte, um ihn zu bitten, damit aufzuhören.
    Seine Mutter hatte ihn gebeten. Und Colleen auch.
    Cristiano verlangsamte die Geschwindigkeit. Der Boxenstopp kam in Sicht, und er lenkte den Wagen hinein. Silvios Stimme überschlug sich und kam nur noch als Kratzen durch das Mikro. Die Crew stand einsatzbereit. Silvio drängte sich an den Männern vorbei, als Cristiano den Wagen zum Stillstand brachte.
    Er schwang sich aus dem Cockpit, sich nur vage der Kameras bewusst, die auf ihn gerichtet waren. Etwas anderes hielt seinen Blick gefangen.
    Colleen. Sie war hier. Sie hatte bei Silvio gestanden, die Hände auf den Mund gepresst – vor Entsetzen. Dennoch musste Cristiano an die Liebesnacht in Yorkshire in dem alten Messingbett denken, als sie sich die Hand über den Mund gelegt hatte, um ihr Stöhnen zurückzuhalten.
    Silvios Gesicht war vor Wut rot angelaufen. „Was, zum Teufel, soll das?“, schrie er. „Die Strecke war komplett frei. Der Wagen schnurrt wie ein Kätzchen …“
    „Ich weiß.“ Cristiano zog den Helm ab und warf ihn ins Cockpit. Er hatte nur Augen für Colleen. Er wollte sich den Overall vom Leib und das Herz aus der Brust reißen, um es ihr zum Geschenk zu machen.
    „Du weißt?! Madre de Dio , Cristiano. Das Rennen gehörte schon dir …“
    „Ich weiß“, sagte er noch einmal und schob sich an Silvio vorbei. „Mir ist nur gerade klar geworden, dass ich es gar nicht will.“
    Die Wüstensonne überzog Colleens Haar mit Gold, in ihren Augen schwammen Tränen. „Sag so etwas nicht“, wisperte sie, „bitte, sag es nicht.“
    Zum ersten Mal in seinem Leben verspürte er echte Angst. „Colleen …“
    „Nein, lass mich ausreden.“ Sie legte einen Finger auf seine Lippen. Ihre Kehle fühlte sich an, als hätte sie Wüstensand geschluckt. „Ich bin hergekommen, um …“ Die anderen Rennwagen hatten die Gerade erreicht und donnerten vorbei. Colleen hob die Stimme, um sich über den Lärm verständlich zu machen. „… um dir zu sagen, dass es mir leid tut“, sagte sie direkt an seinem Ohr. „Ich werde dir nie bei etwas, das du willst, im Weg stehen. Ich liebe dich so sehr, und ich habe Angst, dich zu verlieren, aber du hast recht. Ein Leben voller Angst ist kein …“
    Sie hatte den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, als er auch schon seinen Mund auf ihren presste. Er küsste sie zum Lärm der vorbeirasenden Rennwagen, während der Wind ihm ihr Haar ins Gesicht wehte.
    Erst als der Lärm verstummte, tauchten sie benommen aus ihrer eigenen Welt wieder auf.
    „Was hast du gesagt?“ Cristiano hielt ihr Gesicht mit beiden Händen, und ihre Tränen benetzten seine Finger.
    „Ich sagte, ich liebe dich“, schluchzte sie. „Und ich will dich so, wie du
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