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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)
Autoren: Megan Whalen Turner
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mich in kostbare Kleider zu kämpfen. Ich tappte wie betäubt durch die Zeremonie und brachte einen flüchtigen Besuch bei dem Bankett danach zustande. Meine Cousins und Cousinen äußerten die üblichen kaum verhüllten Beleidigungen. Meine Tanten sahen hochmütig auf mich herab, und meine Onkel schmähten mich beiläufig, indem sie bemerkten, wie erstaunlich es sei, dass ich wohl doch eher nach meinem Vater käme und nicht nach der nichtsnutzigen mütterlichen Seite der Familie.
    Ich konnte mich zur Antwort nicht zu einer meiner üblichen sarkastischen Bemerkungen aufraffen. Ich nehme an, ich war taktvoll. In Wirklichkeit war es mir nur gleichgültig, und mittlerweile ist mir klar, dass das auf dasselbe hinausläuft. Ich ging ins Bett.
     
    Mein Fieber stieg in der Nacht, und für etwa eine Woche waren der Arzt und seine Gehilfen meine ständigen Begleiter.
    Ich erinnere mich, dass die Königin eines Nachts zu mir kam, um mir Hamiathes’ Gabe anzubieten, aber ich sagte ihr, dass es mir lieber wäre zu sterben. Ich hatte genug von Hamiathes’ Gabe und ihrer angeblichen Macht, einem Unsterblichkeit zu verleihen. Es ist schrecklich und furchteinflößend und, wie ich herausgefunden habe, sehr, sehr schmerzhaft, in diesem Leben gefangen zu sein, wenn es an der Zeit ist, es hinter sich zu lassen. Sie nickte mir wortlos zu, als ob sie das längst verstanden hätte. Vielleicht war es ein Traum.
    Als ich mich endlich besser fühlte, verordnete der Leibarzt der Königin mir weiterhin Bettruhe. Ich hatte gegen seinen heftigen Widerstand an der Zeremonie teilgenommen, und nun fühlte er sich bestätigt, was ihn herrisch machte. Er drohte mir, dass er mir den Fuß amputieren würde, wenn ich ihn auch nur auf den Boden zu setzen wagte. Ich erwiderte, dass ich immer angenommen hätte, die Jünger des Asklepios würden einen Eid schwören, niemandem etwas zuleide zu tun. Er sagte, dass er für mich eine Ausnahme machen würde.
     
    Schließlich waren die Verhandlungen zwischen Sounis und Eddis zu einem Ergebnis gelangt; ein neuer Vertrag war geschlossen, es waren Entschädigungszahlungen in den eddisischen Staatsschatz geflossen, und der Magus und der Erbe des Königs sollten nach Hause zurückkehren. Sie drangen am Arzt vorbei zu mir vor, um sich zu verabschieden.
    Ich setzte mich im Bett auf, als sie hereinkamen.
    »Magus«, begrüßte ich ihn mit einem Nicken. »Hoheit.« Ich nickte auch Sophos zu. Er errötete.
    »Hat man dich Eugenides genannt, weil deine Mutter Dieb der Königin war?«
    »Nicht ganz. Es kommt der Wahrheit näher zu sagen, dass der Name Eugenides in der Familie üblich ist und dass ich nach meinem Großvater benannt wurde. Denn, weißt du, meine Mutter war nie Dieb der Königin. Sie ist vor meinem Großvater gestorben; ich habe den Titel direkt von ihm geerbt.«
    »Aber man nannte deine Mutter doch Dieb der Königin«, sagte Sophos verwirrt. »Zumindest habe ich das von einigen Leuten gehört.«
    Ich lächelte. »Sie war ein Liebling des Hofs und wurde ›Diebeskönigin‹ genannt, aber nicht ›Dieb der Königin‹. Man sagte ihr nach, die Herzen der Menschen zu stehlen. Tatsächlich stahl sie ihnen Schmuck und trug ihn selbst; manchmal brachte sie ihn auch als Weihegabe dar. Sie stahl gern die Dinge, auf die die Leute besonders stolz waren. Wenn jemand mit seinen neuen Smaragden prahlte, dann konnte er damit rechnen, sie bald auf dem Altar des Eugenides zu sehen, und sobald sie einmal geweiht waren, waren sie unwiederbringlich verloren. Die Menschen achteten darauf, sie nicht zu kränken.« Sie hatten auch gelernt, mich nicht zu kränken.
    Sophos setzte zu einer Frage an: »Ist deine Mutter wirklich…« Er hielt inne, als ihm aufging, was er da fragte.
    »Ob sie wirklich aus einem Fenster gefallen ist, als ich zehn Jahre alt war? Ja, aber nicht in der Villa des Barons Eructhes. Sie hatte auf dem Palastdach getanzt und ist abgerutscht, als sie wieder hineinklettern wollte.«
    Sophos schwieg einen Moment lang und suchte nach einem unverfänglicheren Thema. Am Ende brach es aus ihm hervor: »Wann wirst du wohl heiraten?«
    »Ich nehme an, das hängt davon ab, wann ich jemanden finde, den ich heiraten möchte«, sagte ich verwirrt.
    »Na, du weißt schon …« Er wusste wieder einmal nicht weiter.
    Ich musterte ihn fassungslos. Er wurde rot. Ich sah den Magus an, um herauszufinden, ob er wusste, worauf Sophos anspielte, aber er wusste es nicht. So musste ich schließlich fragen: »Sophos, was meinst du
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