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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)
Autoren: Megan Whalen Turner
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getragen hatte, war alles gewesen, was mich auf dem Weg aus der attolischen Festung bis zum Gipfel der Berge aufrecht gehalten hatte. Als ich den Stein losließ, brach Dunkelheit über mich herein, und ich neigte mich zum Boden, ohne irgendetwas zu sagen.
     
    Ich schlief lange, ohne von Visionen der Götter gestört zu werden, und als ich erwachte, lag ich in meinem eigenen Bett. Ich strich mit der Hand über die weichen Laken. Sie waren so schön wie nur irgendetwas, was in Sounis verkauft wurde, denn das beste in Sounis erhältliche Leinen wurde ausnahmslos in Eddis gewebt. Ins Fußende des Betts war eine Landschaft mit Tannen vor dem Hintergrund der Heiligen Berge geschnitzt, und als ich den Kopf wandte, konnte ich die Heiligen Berge selbst durch die Fenster sehen. Sie ragten ringsum auf und umschlossen mich, so dass ich geborgen war.
    Ich erinnerte mich an die Sage, in der es hieß, dass Hephestia die Bergtäler für ihr auserwähltes Volk geschaffen hätte, und fragte mich, ob das zutraf. Obwohl ich die Götter selbst gesehen hatte, zweifelte ich weiterhin an all den Geschichten, die ich über sie gehört hatte. Ob die Götter Inkarnationen der Berge und Flüsse um uns herum waren oder ob sich nur ihre Macht aus diesen Quellen speiste, vermochte ich nicht zu sagen. Sie verfügten über größere Macht als jeder Sterbliche, und wenn diese Macht groß genug war, das Angesicht der Erde zu verändern, wollte ich es nicht wissen. Ich hoffte nur, dass sie meine Gebete aus der Ferne erhören, meine Opfer annehmen und mir nicht wieder unruhige Träume bescheren würden. Hamiathes’ Gabe war eher eine Last als ein Segen gewesen, und ich war froh, sie los zu sein.
    Ich lag eine Weile da und genoss die Aussicht, bevor mir auffiel, dass sich Leute leise in der Bibliothek unterhielten, die durch einen offenen Durchgang von dem Raum getrennt war, der mir als Schlaf- und Arbeitszimmer diente. Ich wandte den Kopf, um besser lauschen zu können. Der Magus sprach mit der Königin. Ich hörte, wie er jemanden als »Minister« anredete, und nahm an, dass er damit den Kriegsminister meinte.
    »Wir haben die Botschaft des Königs an Euch mit Absicht so vage wie möglich gehalten, daher mag Gen gehofft haben, den Stein in unserem Besitz zu finden. Als er weder ihn noch einen Hinweis darauf in meinen Papieren finden konnte, hat er wohl beschlossen, sich einen Ruf nicht nur als Dieb, sondern als sounisischer Dieb zu erwerben. In den gefälschten Gerichtsakten erwähnte er eine eddisische Mutter, um seinen dunklen Teint und jeden Hauch eines Akzents, den er nicht verbergen konnte, zu erklären. Dann brüstete er sich, in der Lage zu sein, eine außerordentliche Tat zu begehen, die meine Aufmerksamkeit erregen musste. Er kann nur gehofft haben, dass ich darauf kommen würde, dass ich einen sehr fähigen, aber anonymen Dieb brauchte, dessen Abwesenheit in der Stadt nicht auffallen würde. Er kann nicht gewusst haben, dass der Mann, vor dem er in der Schenke prahlte, ausgerechnet mein Spion war.«
    Das hatte ich auch nicht gewusst, und ich hätte fast laut aufgelacht, als der Magus es vor dem Tempel erwähnt hatte. Die Götter mussten dabei die Hand im Spiel gehabt hatten.
    »Ich weiß nicht, wie er sich allein aus dem Gefängnis befreit hätte«, sagte der Magus. »Der Plan, sich auf mein Eingreifen zu verlassen, erscheint mir tollkühn.«
    Ich bin ein Meister im Ersinnen tollkühner Pläne , dachte ich. Ich habe so viel Übung, dass ich sie als Berufsrisiko betrachte . Früher oder später hätten sie die Zelle und die Ketten für einen bedeutenderen Gefangenen gebraucht, etwa für den Finanzminister, und ich wäre in eine andere Zelle verlegt worden. Früher oder später hätte ich also eine Gelegenheit zur Flucht bekommen, wenn ich nicht vorher an einer Krankheit gestorben wäre.
    »Er hätte den Aufbewahrungsort des Steins nicht den Papieren in meinem Arbeitszimmer entnehmen können«, fuhr der Magus fort. »Ich habe darauf geachtet, alle Aufzeichnungen zu vernichten. Aber er hätte uns folgen und die Gabe stehlen können, sobald sie gefunden war.«
    Der Kriegsminister schnaubte. »Nicht, wenn er Euch auf einem Pferd hätte folgen müssen«, sagte er.
    Die Königin lachte, und ich errötete in der Einsamkeit meines Schlafzimmers. Ich hasse Pferde wirklich. Das war das erste Anzeichen dafür gewesen, dass aus mir nicht der Soldat werden würde, den sich mein Vater erhofft hatte.
    Der Magus hörte offenbar meine Gedanken. »Er verfügt
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