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Opfer (German Edition)

Opfer (German Edition)

Titel: Opfer (German Edition)
Autoren: R. Bernard Burns
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Kapitel 1
    Rodney West lernte niemals etwas auf wissenschaftliche Weise, und er sprach (oder glaubte dies zumindest) für all die intellektuellen Seeleute der westlichen Hemisphäre, als er sagte: »Die Welt ist so und so beschissen. Nur wenige von uns werden sie lebend überstehen.«
    »Was ist, Liebster?«
    »Stör mich nicht. Ich zitiere. Ich will sagen, ich denke.«
    Er sah ihre Lippen zittern. Und er fuhr mit der Hand an den Schritt seiner Hose. Hier, dachte er, war die einzige Methode zu denken – mit dem Schwanz. Könnte er den seinen doch nur gleich herausholen und ihn Lisa in den Mund schieben, so weit rein in diese kleine rosa Möse von Mund, wie es ging! Statt dessen hielt er bloß die Hand ran und spürte, wie er steif wurde, während sich ihre grauen Augen mit Tränen füllten. Dann, als er ganz hart war, nahm er die Hand vom Schwanz und die Augen von ihr und beobachtete schweigend, wie die Sonne von der Straße her fischförmige Muster auf die Wände zeichnete, um das grüne Dunkel des mexikanischen Cafés aufzuhellen.
    Sollte er nach New York zurückkehren oder einfach mit ihr nach Tehuantepec gehen? Er schaute hinüber zu General Miaja, der zwei Tische weiter saß – Miaja, der »Verteidiger von Madrid«. Schlimm, dass er, Rodney West, nicht den Mumm gehabt hatte, bei der Verteidigung mitzuhelfen …
    »Nun ja«, sagte er (sie hatten über Spanien gesprochen), und Lisa erklärte: »Ich gehe zurück. Wenn sie wieder die Monarchie haben.«
    »Du kannst schon jetzt zurückgehen, meine süße kleine monarchistische Anarchistin. Und zwar mit mir zurück nach hinten in die Toilette.«
    »Nein!«
    Ein Lächeln, schon mehr ein Hohnlächeln, kräuselte seine schmalen, sinnlichen Lippen.
    »O doch. Du weißt, weshalb wir hierhergekommen sind. Zu mir können wir nicht, weil es zu weit ist, und bei dir ist immer dein blöder Mann da, also …«
    »Ja, schon, Rodney, aber da hinten ist es so schmutzig, und dann diese Frau, sie …«
    »Halt den Mund«, sagte er und verengte die Augen, um auf die grünen Korbstühle zu schauen, die grünen und schwarzen Fliesen des Fußbodens, die dunkelgrünen Wände. Das Café verlor langsam etwas von seiner Düsternis. Sonnenlicht strömte durch die offene Tür herein, die auf die Avenida de Cinco de Mayo hinausging, wo jetzt, nach der Siesta, der nachmittägliche Verkehr Mexico Citys lärmte mit dem Hupen der Autos und den schrillen Rufen der Zeitungsjungen.
    »Grafico! Grafico! Ultimas Noticias! Grafico!«
    Den bitteren Kaffeegeschmack im Mund, setzte Rodney die kleine elfenbeinfarbene Tasse ab und fuhr sich mit der Zunge über die Vorderseite seiner tabakfleckigen Zähne. Er schaute hoch zu der grünen Decke. Dieses Café hatte all die kalte Meeresheiterkeit eines Aquariums. Es ließ ihn an Sonntagsausflüge seiner Kindheit zu Frühlingsanfang denken. Und an seinen Schwanz. Wie er ihn gerieben und immer wieder gerieben hatte, bis er blutete. »Kannst du immer noch nicht spritzen?«, hatten die älteren Jungen ihn ausgelacht. »Schau, wie es bei mir kommt!«, hatte der große Jacko gerufen. Dort im Wald hatte er zugeschaut, wie Jackos Samen in die Luft schoss. Wie sehr er gewünscht hatte, es würde bei ihm genauso kommen wie bei all den anderen! Doch wie gut, wie schmerzend, aber wie gut waren jene langen samenlosen Orgasmen gewesen, jene süßen, süßen Schmerzen, die er sogar schon hatte, ehe er ihn rieb und immer wieder rieb, bis er steif wurde, ihn rieb und immer wieder rieb, bis er blutete. Ein staubgesprenkelter Sonnenstrahl brach sich durch ein Oberlichtfenster und tauchte General Miajas Glatze in fleckiges Licht.
    »Ach, zum Teufel mit diesem alten Bastard«, sagte er. »Zum Teufel mit allen Helden der Welt. Zum Teufel mit dem Spanischen Bürgerkrieg. Und mit dem jetzigen Krieg …«
    »Still, Liebster, still«, sagte sie. »Und zum Teufel mit dir!«
    »Rodney …«
    Unter dem Tisch grub er seine Fingernägel in ihren Schenkel. Er sah, wie sie die Augen schloss. Sah, wie ihre Tränen flossen. Und merkte, wie sein Schwanz pochte.
    Was war los mit ihm? Wer glaubte er zu sein? Hamlet? Warum konnte er kein Tortenbäcker sein statt eines gekünstelten Fotos von einem Schriftsteller im Embryonalzustand? Dieser ganze blöde ibsen-grüne Kram, dieses Zähneknirschen, Haareraufen … Tun oder nicht tun, gehen oder nicht gehen. Scheiß auf all dieses Aug-in-Aug mit Miajas und Madrids, mit Saccos und Vanzettis, mit dem Geist von Byron …
    »Graza Señor?«
    »Si.«
    Er
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