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Opfer (German Edition)

Opfer (German Edition)

Titel: Opfer (German Edition)
Autoren: R. Bernard Burns
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war?
    Das Letztere schien sie allerdings zu ahnen, denn sie sagte: »Ach, Rodney, du magst mich doch nicht gern genug. Du magst nur dekorative Frauen.«
    »Quatsch …«
    »Doch«, sagte sie, »es stimmt. Und warum auch nicht …?«
    Traurig zuckte sie die Achseln. Sie machte alles so traurig. Und gerade das war für ihn eines der anziehendsten Dinge, denn ihm waren Wonnen wonniger, wenn mit Schmerz verbunden, und was er an Ekstasen in seinem verrückten, aber beherrschten Leben gehabt hatte, war stets von Tragik umgeben gewesen oder zumindest von einem sentimentalen Gefühl der Tragik.
    »Nein, Lisa«, sagte er, »es stimmt nicht. Darüber« – er versuchte sich so vorzukommen, als habe er das Leben eines D’Annunzio geführt – »bin ich hinaus, endgültig hinaus …« Er versuchte sich so vorzukommen, als seien Fortune Riley und Olivia die Schönheit in Person gewesen – und das waren sie für jeden anderen auch, nur für ihn nicht, denn obgleich er nie mit anderen als schönen Frauen gelebt hatte oder viel gesehen worden war, verlangte es ihn längst nicht so stark nach schönen Frauen wie nach jenen, die gerade am Schönsein vorbeigingen, jenen, die gleich Lisa Gier zeigen konnten, die unersättliche Gier der Ausgehungerten (ach, die kleine grauhaarige Bucklige, die er eines Tages aufgelesen hatte! War er jemals besser bedient worden? Kaum …). Und als er jetzt zu ihr sagte: »Darüber bin ich hinaus, endgültig hinaus«, sah er sich als Wüstling mit Tränensäcken, als altgewordenen Brummel, als verschrumpelten Windsor, unsagbar überdrüssig und blasé.
    Mit so verschleierten Augen, wie zu machen ihm gelang, wiederholte er abermals: »Darüber, über dekorative Frauen und dergleichen« – in gesuchter Gleichgültigkeit machte er mit der Hand, in der er seine halb aufgerauchte Zigarette hielt, eine Bewegung – »bin ich hinaus, endgültig hinaus …« Verdammter Narr, der er war. Er sollte inzwischen klug geworden sein. Aber – o Geist de Sades! – je unglücklicher, desto reizvoller …
    »O Lisa, Lisa, Lisa …«
    Nicht minder rasch, wie die Grausamkeit gekommen war, so naturnah, so da – so unmittelbar da, ganz nackt, bis auf den Fetzen eines Feigenblattes –, erschien auch Mister R. W. Zärtlichkeit (sonst unter dem Namen Rodney der Reinherzige bekannt).
    »O Lisa, Lisa, Lisa, du bist für mich reizvoll, sehr reizvoll …« Ihre nassen Augen sehend, meinte er jedes Wort, das er sprach: »Ich will dich sogar sehr. Will so sehr mit dir zusammensein. Bitte, glaub mir. Bitte.«
    »Ach …« – sie schluckte, lächelte – »Liebster … Ach …« sie schluckte, lächelte – »ich, ich …«
    Die kalte Innenfläche ihrer Hand liebkoste seine Wange, liebkoste sein Knie. Er rückte auf seinem Stuhl hin und her, wandte die Augen ab, schloss sie halb und biss sich auf die Unterlippe, weil er sich verrückterweise einbildete, alle in dem Café, einschließlich General Miajos, würden zu ihnen herschauen.
    »Ich muss mich rasieren«, sagte er.
    »Mir gefällt es so«, antwortete sie sanft und drückte ihre Finger gegen sein Kinn, ehe sie die Hand wieder herunternahm.
    Natürlich gefiel es ihr so. Gefiel fast allen so. Denn obwohl er wusste, dass er unrasiert rein äußerlich rauer wirkte, männlicher in der Art von ich-hab-schon-alles-hinter-mir, war ihm auch klar, dass er so gleichzeitig jungenhaft ungestümer aussah, niedlicher, gewinnender. Eben darum war er meist unrasiert. Und außerdem wusste er – und das war wichtiger –, dass die meisten von ihnen es deshalb so liebten, weil sie sein stoppliges Kinn auf ihren zarten Schamlippen fühlen wollten.
    »Ich soll es ihm also nicht sagen?«, fragte sie mit einem Anflug von Schmerz in der Stimme. »Jedenfalls heute nicht?«
    »Doch, sag es ihm«, erwiderte er. »Ich hab’s mir anders überlegt. Sag es ihm, Lisa.« Er spürte ein leichtes, flaues Gefühl im Magen, aber »sag’s ihm, Lisa«, wiederholte er, »sag’s ihm noch heute.«
    »Du meinst wirklich? Meinst, dass du keinen Ärger kriegst?«
    »Das Einzige, was mir jetzt Sorgen macht, ist das Geld«, log er.
    »Ach, da kommen wir schon zurecht …« Sie war ganz nahe daran, glücklich auszusehen. »Des Geldes wegen lass dir keine grauen Haare wachsen. Das ist das Letzte, worum wir uns zu sorgen brauchen.«
    »Aber ich habe nur noch diese fünfhundert Dollar übrig, daheim in New York. Ich werde sie mir schicken lassen. Doch was machen wir, wenn sie alle sind?«
    »Notfalls kann ich mir irgendwo
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