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Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)

Titel: Die Legenden von Attolia 1: Der Dieb (German Edition)
Autoren: Megan Whalen Turner
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damit?«
    »Wirst du denn nicht die Königin heiraten? Bist du denn nicht ihr Favorit, und hat sie es jetzt nicht dir zu verdanken, dass sie Königin ist?«
    »Sie schätzt mich, Sophos, aber das liegt nur daran, dass die meisten anderen ihrer Cousins Dummköpfe sind. Ich schätze sie aus demselben Grund sehr, aber ich glaube kaum, dass ich sie zur Königin machen und dann darauf bestehen kann, dass sie mich im Gegenzug heiratet. Der Herrscher soll den Dieb gar nicht heiraten. Die Möglichkeit ergibt sich ohnehin nicht oft, und« – ich zögerte und musterte den Magus – »wenn ein Herrscher heiratet, sind immer politische Rücksichten zu bedenken.« Eddis würde vielleicht doch noch ein Bündnis mit Sounis eingehen, auch wenn unsere Königin den König von Sounis nur über meine Leiche heiraten würde.
    »Gen …« Sophos setzte zu einer weiteren Frage an, aber ich unterbrach ihn.
    »Nein«, sagte ich, »nicht Gen. Von jetzt an Eugenides. Ich will nie, nie mehr in meinem Leben den Namen ›Gen‹ hören.«
    Der Magus lachte, während ich den Kopf schüttelte.
    »Ihr habt nie im Gefängnis des Königs gesessen«, sagte ich. »Und Ihr musstet Euch nicht durch jede verrufene Schenke in der Stadt Sounis saufen. Ich kann Euch gar nicht sagen, wie leid ich den billigen Wein und das Schmutzigsein war oder das Sprechen mit halb geschlossenem und Kauen mit offenem Mund. Oder Ungeziefer im Haar zu haben und von Leuten umgeben zu sein, die glauben, dass Archimedes der Mann letztes Jahr im Zirkus war, der vier Oliven auf der Nase balancieren konnte.«
    Der Magus betrachtete die Bücher, die sich in meinem Arbeitszimmer stapelten. »An den Archimedes erinnere ich mich. Ich glaube, es waren fünf Oliven«, sagte er mit ungerührter Miene.
    »Es ist mir gleich, und wenn es zwölf waren«, erwiderte ich.
    Der Magus strich mit der Hand über die sorgfältig gebundene Ausgabe des zweiten Bands der Werke des Archimedes, die ganz oben auf dem Stapel neben ihm lag. »Du solltest ein paar moderne Autoren lesen«, sagte er. »Eddis war zu lange isoliert. Ich werde dir mit den nächsten Diplomaten einige Bücher schicken.«
    Ich danke ihm; wir dachten beide an die Bedrohung durch die Meder. »Wen wird Sounis jetzt heiraten?«, fragte ich.
    »Das weiß ich nicht«, gestand der Magus.
    »Ihr könntet ja immer noch Attolia fragen«, schlug ich vor.
    Er verdrehte die Augen, ging und nahm Sophos mit.
    Nun war ich mir selbst überlassen, konnte mich in meinem baumwollenen Bettzeug räkeln und wieder zu Kräften kommen. Ich ließ mir von dem widerwilligen Arzt Bücher aus meiner Bibliothek bringen, um nachzuschlagen, aus welchem Zeitalter die Säulen vor dem Eingang des Labyrinths stammen mochten. Sie waren anders als alle, über die ich etwas fand, und ich kam zu dem Schluss, dass Hamiathes’ Gabe von jeder Generation – und das für Hunderte von Generationen vor den Eroberern – im Tempel unter dem Aracthus verborgen und von der nachfolgenden Generation nur mit dem Segen der Götter wieder daraus hervorgeholt worden war.
    Wenn man etwas vor Dieben verbergen will, muss man es gut verstecken und aufmerksam bewachen.
    Mein Vater besuchte mich oft, aber immer nur kurz. Bei einem Besuch erwähnte er, dass Sophos seine Tage im Palast damit verbracht hatte, einem meiner Cousins nach dem anderen zu erzählen, dass mein lästiges Gelübde hinsichtlich des Ergreifens eines Schwerts mittlerweile ehrenvoll zurückgezogen sei. Mehrere Leute kamen vorbei, um mich zu besuchen und zu bemerken, wie sehr ich mittlerweile meinem Vater ähnelte; nicht alle von ihnen klangen unaufrichtig. Vielleicht werden meine Tanten und Onkel künftig willens sein, darüber hinwegzusehen, dass ich zu viele Bücher lese, aber weder reiten, noch melodisch singen oder ein höfliches Gespräch führen kann – was alles höher geschätzt werden sollte, als ein Schwert zu führen, aber nicht höher geschätzt wird.
    Als die Königin vorbeikam, verriet sie mir, dass die Ähnlichkeit vor allem in der Art bestand, wie mein Vater und ich uns krümmen, um dann zu leugnen, dass wir Schmerzen haben. Ich behauptete halsstarrig, dass meine Schulter mir keine Beschwerden mehr machte und dass es Zeit für mich wurde aufzustehen. Sie lachte und ging.
    Nach einer weiteren Woche, als ich endlich nicht mehr im Bett lag, sondern in einem Sessel ruhte, kam sie wieder zu Besuch und blieb länger als ein oder zwei Minuten. Die Abendsonne glitt gerade um die Flanke von Hephestias Berg und
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