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Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Die Legende der Wächter 1: Die Entführung

Titel: Die Legende der Wächter 1: Die Entführung
Autoren: Kathryn Lasky
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lacht der kleine Magen, was?“
    Kludd blinzelte und gähnte wieder. Manchmal gingen ihm seine Eltern gehörig auf die Nerven, vor allem Papa mit seinen albernen Scherzen. „Der größte Witzbold im Wald!“, brummelte er, aber so leise, dass es sein Vater nicht hörte.
    Als der Morgen dämmerte, war Soren immer noch so aufgeregt über die Ankunft seines Schwesterchens, dass er nicht einschlafen konnte. Seine Eltern saßen ein Stück höher auf ihrem Schlafast, aber Soren in der Bruthöhle hörte ihre gedämpften Stimmen. Das erste fahle Morgenlicht drang schon durch die Einflugöffnung.
    „Das geht nicht mit rechten Dingen zu, Noctu s – schon wieder ist ein Eulenküken verschwunden!“
    „Ja, mein Schatz, leider haben wir einen weiteren Verlust zu beklagen.“
    „Das wievielte Küken war das jetzt in den letzten paar Tagen?“
    „Das fünfzehnte, glaube ich.“
    „So viel e … Die kann doch nicht alle der Waschbär geholt haben.“
    „Wohl nicht.“ Voller Bitterkeit setzte Noctus hinzu: „Und das ist noch nicht alles.“
    „Wieso?“, fragte seine Frau ängstlich.
    „Eier.“
    „Eier?“
    „Es sind auch Eier verschwunden.“
    „Aus dem Nest?“
    „Ja.“
    „Nein!“, rief Marella Alba fassungslos. „So etwas ist noch nie vorgekomme n – das ist ja schrecklich!“
    „Ich wollte es dir eigentlich gar nicht erzählen, aber ich fand doch, du müsstest Bescheid wissen. Für den Fall, dass wir ein neues Gelege bebrüten.“
    „Großer Glaux!“ Marella war immer noch außer sich. Soren riss die Augen auf. Er hatte seine Mutter noch nie fluchen hören. „Dabei verlassen wir Schleiereulen das Nest in der Brutzeit doch nur ganz selten. Dann muss der Dieb die Nester vorher gründlich ausspähe n – Tag und Nacht.“
    „Um wen es sich auch handeln mag, er kann jedenfalls fliegen oder klettern“, sagte Noctus Alba finster.
    Soren bekam Angst. Ein Glück, dass Eglantine nicht vor dem Schlüpfen gestohlen worden war. Insgeheim gelobte er, seine kleine Schwester nicht mehr aus den Augen zu lassen.
    Es kam Soren vor, als könnte Eglantine, nachdem sie ihr erstes Insekt verzehrt hatte, gar nicht mehr mit dem Fressen aufhören. Er sei genauso gefräßig gewesen, beschwichtigten ihn seine Eltern. „Das bist du doch heute noch, Soren! Bald können wir dein Erstes Fell am Fleisch feiern.“
    So ging es nämlich in den ersten Wochen nach dem Schlüpfen der Küken z u – ein feierlicher Anlass reihte sich an den andern. Und jede Feier war nur ein weiterer Schritt auf dem Weg zum einschneidendsten und freudigsten Ereignis im Leben eines Eulenkindes: Das war natürlich der Erste Flug .
    „Fell!“, wiederholte Soren ergriffen. Wie sich das wohl anfühlte, wenn es den Schlund hinunterglitt? Seine Mutter pflegte immer alles Fell von der frisch geschlagenen Beute zu entfernen und auch die Knochen herauszupicken, ehe sie ihren Kleinen die Fleischbrocken von der Maus oder vom Eichhörnchen anbot. Die Erste-Knochen -Feier von Sorens großem Bruder Kludd stand kurz bevor. Danach durfte er „aufs Ganze gehen“, wie sich der Vater ausdrückte. Kurz vor der Erste-Knochen -Feier wurde ein Eulenkind zum Ästling. Nur wenig später wagte es unter den wachsamen Augen seiner Eltern die ersten Flugversuche.
    „Hüpf! Hüpf! So ist’s richtig, Kludd! Und jetzt nimm die Flügel hoch, wenn du auf den nächsten Ast springst! Aber denk dra n – noch bist du nicht flügge! Auch wenn du bald deine ersten Unterrichtsstunden bekomms t – geflogen wird nur dann, wenn Mama und ich es dir erlauben!“
    „Jaaa, Papa!“ Kludd verdrehte die Augen und murrte leise: „Ich kann’s nicht mehr hören!“
    Auch Soren hatte sich diese Ermahnung viele, viele Male anhören müssen, dabei war er noch längst kein Ästling. Vorzeitige Flugversuche zu unternehmen war das Dümmste, was ein Eulenkind tun konnte. Aber genau das machten die Jungvögel natürlich, sobald die Altvögel auf der Jagd waren. Es war einfach zu verlockend, die endlich befiederten Flügel auszuprobieren. Doch der Versuch konnte in einer verheerenden Bruchlandung enden. Das übermütige Eulenkind blieb schutzlos, womöglich verletzt auf der Erde hocken und war jedem Räuber wehrlos ausgeliefert.
    Diesmal beschränkte sich der besorgte Eulenvater auf ein paar warnende Sätze und die Ästlingslehrstunde ging weiter.
    „Weich landen, Junge! Mach nicht so einen Lärm. Wir Eulen fliegen lautlos.“
    „Aber ich fliege doch noch gar nicht, Papa! Das reibst du mir doch andauernd
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