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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)
Autoren: Mark Charan Newton
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tatsächlich …
    Fulcrom schüttelte den Kopf. »Ich habe bloß den Hinweis bekommen. Zur Unterstützung habe ich einige junge Ermittler zusammengetrommelt, die noch Grundsätze haben.«
    »Ist ihnen denn zu trauen?«
    »Sie wissen, worauf sie sich eingelassen haben und wie geheim die Sache gehalten werden muss.«
    »Gut.« Jeryd war klar, dass er sich auf Fulcroms Auswahl verlassen konnte. »Wir müssen auf dem Weg dorthin nur noch eines erledigen.«
    Jeryd klopfte kräftig an Mayter Sidhes Haus der Banshees, während Fulcrom die verschneite Straße in beiden Richtungen im Auge behielt. Nur wenige Leute waren unterwegs und so dick eingepackt, dass ihre Gesichter kaum zu erkennen waren.
    Die Tür öffnete sich viel später als sonst. Schon das weckte Jeryds Misstrauen, doch als Mayter Sidhe ihm selbst aufmachte, war ihm endgültig klar, dass etwas nicht stimmte.
    »Herr Ermittler.« Ihre blauen Augen waren etwas trüber als bei seinem letzten Besuch, und sie warf Fulcrom einen nervösen Blick zu.
    »Keine Sorge, er gehört zu mir«, beruhigte Jeryd sie.
    »Kommt besser rein«, meinte sie mit entsprechender Handbewegung.
    Diesmal gab es keinen Duft, kein Willkommensfeuer, und es war so kalt wie draußen. Einige zerbrochene Stühle lagen im dunklen Winkel unter der Treppe.
    »Wo sind die anderen?«
    Sie bedeutete den Rumeln, sich zu setzen, doch die wollten lieber stehen.
    »Warum seid ihr gekommen?«, fragte sie.
    »Nur, um ein wenig zu plaudern.« Jeryd berichtete ihr von der Gefahr für die Flüchtlinge und bat schließlich, die Banshees sollten den Tod von Verschwörern während des von ihm beabsichtigten Angriffs auf die Tunnel unbeklagt lassen.
    »Das erklärt vieles«, seufzte sie mit trauriger Miene.
    »Inwiefern?«, fragte Jeryd.
    »Wartet!« Sie verließ das Zimmer und kehrte mit einer jüngeren Banshee zurück, die wie eine Kopie ihrer selbst wirkte.
    Jeryd wollte etwas sagen, doch Mayter Sidhes erhobene Hand gebot ihm zu schweigen. Sie wandte sich an das Mädchen. »Zeig es dem Ermittler!«
    Das Mädchen schüttelte wie eine Wahnsinnige den Kopf. In ihren Augen stand eine Angst, wie Jeryd sie nie gesehen hatte.
    »Zeig es dem Ermittler!«, wiederholte Mayter Sidhe.
    Das Mädchen öffnete den Mund.
    Sie hatte keine Zunge mehr. Jeryd verzog das Gesicht und warf Fulcrom, der ebenfalls erbleicht war, einen Blick zu. Das Mädchen schluchzte auf und rannte aus dem Zimmer.
    »Vor ein paar Nächten«, sagte Mayter Sidhe ruhig, »sind maskierte Männer bei uns eingedrungen und haben allen Banshees die Zunge abgeschnitten – nur mir nicht, weil ich nicht zu Hause war. Einige Mädchen sind auf ihren Betten verblutet, auch meine Jüngste; sie war erst zehn.«
    »Wer hat das getan?«, fragte Jeryd entsetzt.
    »Ich war ja nicht hier. Und keins der Mädchen kann mir erzählen, was geschah. Sie sind für immer verstummt.«
    Jeryd fand keine Worte, seine Empörung zu bekunden.
    »Es hat also schon jemand den gleichen Gefallen erbeten wie Ihr«, fuhr die Banshee fort, »nur etwas gewaltsamer.«
    Mehr war von Mayter Sidhe nicht zu erfahren.
    Jeryd war sofort klar, was vorging: Wer auch immer die Flüchtlinge umbringen wollte, hatte begriffen, dass die Banshees angesichts so vieler Toter rasch Alarm schlügen, was zwangsläufig Ermittler auf den Plan riefe.
    Deshalb waren die Hexen von Villjamur für immer zum Schweigen gebracht worden.
    Jeryd grüßte die in einem feuchten, verschimmelten Tunnel zusammengedrängten Ermittler mit knappem Nicken. Da und dort sah eine Schwertspitze unter einem Umhang hervor, und beständig tropfendes Wasser verstärkte die gedrückte Stimmung der ohnehin schwermütigen Umgebung.
    Er hielt es für das Beste, wenn keiner den anderen erkannte, und hatte den jungen Rumeln darum Nummern von eins bis zehn gegeben. Nachdem alle instruiert waren, studierte er mit Fulcrom erneut die Karten. Das Netzwerk der Gassen, das noch aus Villjamurs Frühzeit stammte, hatten sie sich schon gemerkt und über die besten Zu- und Ausgänge debattiert. Es gab wirklich einen Ausweg für die Flüchtlinge.
    Zuletzt überprüfte Jeryd die unter seinem Umhang versteckte Armbrust, die Messer, die er sich in die Stiefel gesteckt hatte, und das Kurzschwert an seiner Hüfte.
    Dann machten sie sich an die Arbeit.
    Die Gänge waren bisweilen so schmal, dass sie sich seitlich hindurchschieben mussten. Jeryd fragte sich, wie zierlich die Leute vor tausend Jahren gewesen sein mochten. Wo es kein Licht gab, tasteten sie sich voran,
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