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Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)

Titel: Die Legende der roten Sonne: Nacht über Villjamur (German Edition)
Autoren: Mark Charan Newton
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bis der nächste Lichtstrahl erreicht war. Die Wände waren feucht und kalt, und überall, wo etwas Licht auf die Steine fiel, wucherten Flechten und Schimmel. Wie erwartet, wurden sie von Ratten begleitet, doch wenigstens gab es keine Spinnen. Die Vorstellung, wie er in diesen schmalen Gängen und in Gegenwart so vieler Mitarbeiter der Inquisition auf Spinnen reagieren würde, ließ Jeryd erschauern. Über ihnen erlebten die Bewohner von Villjamur einen Tag wie jeden anderen und hatten keinen Schimmer von den Tausenden, deren Leben in unmittelbarer Gefahr war.
    Nach einer halben Stunde waren sie so tief gekommen, dass mit keinem Licht von draußen mehr zu rechnen war. Fulcrom wies Jeryd mit einer Fackel den Weg. Hinter ihnen war beruhigendes Schlurfen von Stiefeln zu hören.
    Hinein in Villjamurs Herz der Finsternis.
    Laut Kundschafterberichten sollten die Flüchtlinge in kleinen Gruppen hierher gebracht und über einen längeren Zeitraum beseitigt werden. Die ersten und unglücklichsten Opfer sollten in einem der drei nach Westen führenden Fluchttunnel eingesperrt werden. Wie man sie töten wollte, war bisher unbekannt. Vielleicht würde es einfache, brutale Hinrichtungen mit dem Schwert geben, doch wer hätte die Nerven, ein solches Verbrechen in diesem Maßstab an den Bürgern des Kaiserreichs zu verüben? Wahrscheinlich würde es eine große Panik geben. Daher war ein diskreteres, raffinierteres Vorgehen denkbar.
    Fulcrom hielt inne und hob warnend die Hand, die Jeryd freilich erst bemerkte, als er hineinlief. Auch die Übrigen blieben stehen.
    »Was ist?«, flüsterte Jeryd.
    Fulcrom legte den Zeigefinger an die Lippen und neigte den Kopf zur Seite, um besser zu hören. Auch Jeryd lauschte. Ganz schwach vernahmen sie Stimmen durch die Wände. Wie weit entfernt sie sein mochten, ließ sich nicht sagen.
    »Ich schätze, die sind eine Ebene unter uns«, mutmaßte Fulcrom. »Wir sind nicht weit entfernt.«
    »Wo mag die Stadtwache sein?«, gab Jeryd zurück.
    »Vermutlich am Eingang zur Ebene unter uns. Es gibt drei Zugänge, unter anderem diesen. Sie dagegen sind vermutlich vom Ratssaal gekommen.«
    »Dann sollten wir weitergehen?«, schlug Jeryd vor.
    »Haltet bitte mal!« Fulcrom gab Jeryd die Fackel, nahm seinen Umhang ab und ließ ihn zu Boden fallen. Alle taten es ihm nach, bis ihre Waffen im Feuerschein glitzerten.
    Jeryd reichte Fulcrom die Fackel zurück und lud seine Armbrust.
    Die kleine Ermittlerschar näherte sich der nächsten Treppe abwärts. Wächter gab es keine, doch Jeryds Herz hämmerte erwartungsvoll. Er beugte sich zu Fulcrom und flüsterte: »Solltet Ihr jetzt nicht die Fackel löschen?«
    »Sicher. Und dann warten wir, bis unsere Augen sich an die Finsternis gewöhnen.«
    Sie standen im Dunkeln und lauschtem dem Stöhnen und Flüstern der unter ihnen Zusammengepferchten. Immerhin waren sie also noch am Leben. Jeryd spürte, wie Mitleid und Entschlossenheit ihn anstachelten. Wenn es noch etwas Gutes in der Welt gab, würde es ihm gelingen, sie zu retten.
    Ringsum tropfte Wasser von der Decke, und ein schwacher Durchzug kam von einer versteckten Öffnung weiter vorn.
    »Auf geht’s«, flüsterte Fulcrom.
    Sie schoben sich im Gleichschritt vorwärts, und Jeryd öffnete die Tasche mit den Armbrustbolzen. Seine Nerven waren zum Zerreißen gespannt, und er staunte darüber, als alter Rumel noch so intensive Empfindungen zu haben.
    Am Ende des Gangs brannte eine Fackel an der Wand. Dauernd huschten schattenhafte Ratten vorbei und lenkten den Blick ab. Weiter vorn waren Stimmen und Schritte zu hören.
    Jeryd und Fulcrom hoben die schussbereiten Armbrüste. Die übrigen Ermittler zogen ihre Kurzschwerter.
    Plötzlich kam ein Soldat um die Ecke, sah sie und griff nach dem Schwert, doch ehe er Alarm schlagen konnte, feuerte Jeryd seine Armbrust ab. Der Kopf des Soldaten knickte nach hinten um, als der Bolzen ihn ins Gesicht traf, und der Mann brach mit seiner Fackel zusammen.
    Jeryd lud nach und näherte sich dem Wächter, dessen über Wände und Boden verspritztes Blut keinen Zweifel an seinem Tod ließ. Er nickte Fulcrom zu und hieß ihn mit einer Handbewegung weitergehen. Hier wandte sich der Gang nach rechts und führte ins Dunkel.
    Sie rückten lautlos vor, erledigten noch einen Wächter, ehe er reagieren konnte, stopften ihn in einen finsteren Winkel und schlichen den Stimmen unverwandt entgegen.
    Hinter einer weiteren Ecke gab es wieder zwei Wächter, und der Lärm wurde lauter. Fulcrom und
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