Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Grab - Roman

Das Grab - Roman

Titel: Das Grab - Roman
Autoren: Richard Laymon
Vom Netzwerk:
Kapitel Eins
    Das musste Steve Kraft sein. Es war Krafts blauer Trans Am, den sein Dad ihm geschenkt hatte, als er im letzten Herbst gegen die Bay sechs Touchdown-Pässe geworfen hatte.
    So wie sein Kopf aussah, erinnerte er Wes an ein Marshmallow, das man auf einen Stock gespießt hat, um es schön goldbraun zu rösten, und das plötzlich in Flammen aufgeht.
    Man bläst das Feuer aus. Dann zieht man das Marshmallow vom Stock. Die harte Kruste löst sich so leicht, als wäre sie eine Schale, und das weiche, pappige Innere bleibt am Stock kleben.
    Vielleicht würde sich Steves Gesicht genau so leicht ablösen lassen, wenn man …
    Wes wandte sich von dem brennenden Wrack des Wagens ab und krümmte sich. »Vorsicht!« Manny tänzelte zurück, um seine Schuhe in Sicherheit zu bringen, als Wes anfing zu würgen.
    »Was soll denn das werden?«, fragte Manny. »Willst du, dass es mir auch noch hochkommt?«
    Wes hörte ihn lachen und fragte sich, wie es jemand – selbst Manny – lustig finden konnte, dass Steve Kraft in die Mauer der Brücke gekracht und wie ein Marshmallow verbrannt war.
    Dann klopfte Manny ihm auf den Rücken. »Du hättest dir wegen Kraft keinen Kopf zu machen brauchen, Alter. Hat sich von selbst erledigt, die Geschichte.«
    Wes richtete sich auf. »Das ist wirklich krank«, murmelte er.
    »Hey, der Typ war ein Arschloch.« Manny nahm einen Schluck von dem Old Milwaukee, den er geöffnet hatte, als sie angehalten hatten, um zu sehen, was es mit dem Feuer auf sich hatte. Er reichte Wes die Flasche.
    Wes trank ein paar Schlucke, um den sauren Geschmack des Erbrochenen aus seinem Mund zu spülen. »Vielleicht sollten wir besser verschwinden«, sagte er. »Wenn die Cops hier auftauchen, kriegen sie doch sofort mit, dass wir Alkohol getrunken haben. Ganz besonders Pollock. Der macht uns garantiert Ärger.«
    »Scheiß auf Dexter Pollock«, knurrte Manny. Er stand mitten auf der Straße und drehte den Kopf von einer Seite zur anderen, als hielte er nach dem Polizeichef Ausschau. »Wenn irgendein Auto auftaucht, dann …« Sein Kopf ruckte nach rechts. Sein Mund klappte auf.
    Wes starrte in die gleiche Richtung.
    Das Mädchen lag über der niedrigen Betonbrüstung in der Mitte der Brücke.
    Wes glaubte zumindest, dass es ein Mädchen war. Er war sich jedoch nicht sicher, denn ihr Kopf war nicht zu sehen. Andererseits sah es aus, als ob sie nackt wäre, und Steve Kraft hatte sicherlich keinen nackten Mann in seinen Wagen gelassen.
    »Ich glaube, sie hat gar nichts an«, sagte Manny. Seine Stimme klang gedämpft und irgendwie verschwörerisch. »Komm mit.«
    Sie gingen langsam auf sie zu. Wes fühlte, wie sein Herz hämmerte. Sein Mund war trocken. Er nahm noch einen Schluck Bier.
    »Wette, es ist Darlene«, sagte Manny.
    »Ja.«
    Manny rieb sich mit der Hand über den Mund. »Die hat nicht einen Faden am Leib. Kein Wunder, dass Kraft gegen die Mauer gedonnert ist.«
    Der Schein des Feuers flackerte über die nackte Haut ihres Rückens, ihres Hinterns und ihrer Beine. Ihr linkes Bein hing auf den Gehweg herab. Das andere lag angewinkelt auf der Mauer, als hätte sie versucht, darüber zu klettern und in den Fluss zu springen.
    »Was macht sie da?«, flüsterte Wes.
    »Vielleicht hat sie ’ne Kontaktlinse verloren«, sagte Manny und stieß ein kurzes, nervöses Lachen hervor. »Nicht einen Faden am Leib«, murmelte er erneut.
    Das entsprach nicht ganz der Wahrheit, stellte Wes fest. Jetzt, da sie näher bei dem Mädchen waren, konnte er sehen, dass sie weiße Socken und weiße Tennisschuhe trug. An ihrem linken Knöchel baumelte ein Höschen, das im rötlichen Schein der Flammen zu glänzen schien.
    »Glaubst du, sie ist froh, uns zu sehen?«, fragte Manny.
    Wes fand es nicht der Mühe wert, darauf zu antworten. Er hatte den starken Verdacht, dass Darlene so ziemlich jeden anderen lieber sehen wollte als Manny. Sie und all die übrigen eingebildeten Cheerleader und die meisten anderen Kids in der Oberstufe der Ellsworth High hielten Manny für den Abschaum des Planeten.
    »Hey, Darlene, nicht springen! So schlimm ist es doch gar nicht. Stevie ist hinüber, aber wir sind ja hier.«
    Sie bewegte sich nicht.
    »Vielleicht ist sie verletzt«, sagte Wes.
    »So schlimm kann sie nicht verletzt sein, wenn sie so weit gekommen ist. Darle-e-ene.«
    Als sie näher kamen, sah sich Wes nach dem brennenden Wagen um. Flammen loderten durch das Loch, wo einmal die Frontscheibe gewesen war. Er blickte wieder nach vorn. Manny
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher