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Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Titel: Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)
Autoren: Torsten Thiele
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nichts, beruhigte wahrscheinlich nur sein schlechtes Gewissen. Aber dennoch, es besänftigte ihren Hass. Es schlich sich diese kleine Hoffnung in ihre Gedanken, dass er sie damals vielleicht doch geliebt haben könnte. Warum ihr das so wichtig erschien, wusste Lebell nicht. Und dann war da noch jener Diener, der Kammerdiener des Königs. Seine Aussagen legten nahe, dass Houst zumindest nicht allein für die Entführung verantwortlich war. Wie ein monströses Ungeheuer stand die Schlussfolgerung vor ihr: Der König hat seine eigene Tochter entführt. Der Mann, der bei jeder Gelegenheit betonte, wie abgöttisch er Nomo liebte, hatte ihr dies angetan. Wem konnte sie Nomo überhaupt noch anvertrauen? Und warum das Ganze? Vielleicht würde ihr Houst diese Fragen beantworten, vielleicht wäre er so kurz vor seiner Verbannung ehrlich zu ihr. Aber dazu müsste sie zu ihm gehen, sich überwinden. Sie ging zurück in den Salon, setzte sich in ihren Sessel und nahm das Buch wieder zur Hand. Doch schon wenige Augenblicke später, legte sie es erneut zur Seite. Dann stand sie auf, strich noch einmal über ihr Kleid und verließ den Salon.
    ***
    Houst packte gerade noch ein paar Schriften der Alten in eine lederne Mappe, als Lebell in sein Arbeitszimmer trat. Es war ihr erster Besuch in seinem Haus seit achtzehn Jahren.
    „Die letzten Vorbereitungen?“, begrüßte Lebell ihn.
    Anstatt zu antworten, nickte Houst nur kurz, klappte die Mappe zu und blieb dann hinter seinem Schreibtisch stehen. Lebell strich mehrmals mit beiden Händen über ihre Hüften.
    „Möchtest du dich nicht setzen?“, fragte Houst schließlich und deutete auf den Sessel vor dem Schreibtisch.
    „Danke“, sagte Lebell und setzte sich.
    Auch Houst nahm in seinem Sessel Platz. Für eine Weile saßen beide nur da, blickten verlegen aneinander vorbei.
    „Ich habe mit Pelli gesprochen …“, begann Lebell endlich, „… und ein paar Nachforschungen angestellt. Ich werde mich nicht bei dir bedanken“
    „Für deinen Dank habe ich es nicht getan“, sagte Houst.
    „Die Entführung, sie passt nicht in dieses Bild. Außerdem … Ich weiß, dass Nomos Vater beteiligt war. Was sollte das? Was nützt es ihm? Er wollte dich sicher nicht los werden“, fragte Lebell.
    „Nomos Entführung war ein Fehler“, antwortet Houst.
    „Sicher war sie das. Das erklärt aber noch immer nicht, warum ihr sie überhaupt geplant habt“, bohrte Lebell weiter.
    „Es gibt Beseelte, die Nomo nach dem Leben trachten. Wir wollten sie für eine Weile aus dem Spiel nehmen“, sagte Houst.
     „Indem ihr sie gewaltsam aus ihrem Zuhause schleift? Du … Moment, es war seine Idee, nicht wahr, er hat die Entführung geplant“, entgegnete Lebell.
    Houst verschränkte die Arme vor der Brust und schwieg. Er vermied es, Lebell direkt anzusehen.
    „Du hast dich all diese Jahre nicht geändert. Noch immer fühlst du dich für ihn verantwortlich, noch immer hältst du für ihn deinen Kopf hin. Und jetzt lässt du uns mit ihm und seinen absonderlichen Ideen allein. Was wird ihm als nächstes einfallen? Lässt er Nomo in die Grube werfen, damit sie keiner der Beseelten mehr umbringen kann?“, fragte Lebell.
    „Er liebt Nomo. Er wollte nicht, dass es so kommt“, entgegnete Houst.
    „Ach tatsächlich. Dir ist wirklich nicht mehr zu helfen“, erwiderte Lebell und erhob sich.
    Dann ging sie zur Tür. Dieser Besuch war reine Verschwendung.
    „Lebell“, rief Houst.
    Sie drehte sich im Türrahmen noch einmal um.
    „Du hattest recht, ich habe dich damals an meinen Bruder verkauft. Mach bitte nicht den gleichen Fehler mit Nomo“, sagte Houst.
    Lebell hob fragend die Augenbrauen.
    „Du verkaufst sie gerade an Kirai. Er benutzt sie nur für seine Karriere“, erklärte Houst.
    „Er wird sie schützen“, entgegnete Lebell kurz.
    „Nur solange es ihm nützlich erscheint. Er teilt das Bett mit Isi“, warnte Houst.
    „Ich denke darüber nach“, antwortete Lebell.
    „Danke, dass du gekommen bist“, verabschiedete sich Houst.
    ***
    Die Prozession, die sich in Richtung des großen Fahrstuhls bewegte, war beachtlich. Beinahe alle Bewohner des Palastbezirks hatten sich ihr angeschlossen. Und auf ihrem Weg durch die Stadt, sammelte sie noch unzählige Neugierige ein. Einen derart fulminanten Abschied hatte Houst nicht erwartet. Sicher, mehr als die Hälfte der Leute waren lediglich Schaulustige, die nicht einmal genau wussten, um was es ging. Doch das konnte Houst ja ausblenden. Er konnte sich
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