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Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Titel: Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)
Autoren: Torsten Thiele
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Verheißung
    Kann es eine bessere Welt geben? Eine Welt, in der die Sehnsüchte der Menschheit erfüllt sind, in der jeder sein Glück findet? Eine Welt ohne Gewalt, ohne Hunger? Eine Welt, in der Krankheiten besiegt sind, ja selbst der Tod? Das muss eine wahrlich grandiose Welt sein. Je tiefer jemand im Dreck unserer heutigen Zeit steckt, desto sehnlicher wünscht er sich diese Welt herbei. Jene hoffen, beten, bitten und betteln zu den Alten. Sie mögen zurückkommen, ihnen diese Welt bringen. Hoffnung, oft ist es das einzige, das sie am Leben erhält. Es sind die Ärmsten der Armen, die, denen es an allem mangelt, selbst an Würde. Unter ihnen ist die Sehnsucht am stärksten, sie haben nichts zu verlieren.
    Es sind die Legenden der Alten, die man sich in schäbigen Kaschemmen erzählt. Zu jener Zeit, so sagt man, lebten die Menschen in Städten, so groß, dass man sie an einem Tag nicht durchwandern konnte. Die Häuser der Alten ragten bis in den Himmel und glänzten in der Sonne. Und in der Nacht leuchteten die Städte, so, als sei die Sonne niemals untergegangen. Manche behaupten sogar, die Alten konnten fliegen, durch die Lüfte schweben, wie die Vögel, von einer Stadt zur anderen. Sonderbare Geräte nahmen den Alten die Arbeit ab, noch heute findet der, der sich traut, einige davon in den Ruinen. Keiner weiß, wie sie funktionieren. Dennoch sind sie ein Vermögen wert. Sie müssen reich gewesen sein, die Alten.  Vielleicht mussten sie auch deshalb nicht mehr arbeiten, so wie die Beseelten heute. Doch irgendwer muss die Arbeit getan haben und da die Legenden keine armen Menschen erwähnen – zur Zeit der Alten war jeder beseelt –,  bleiben nur die Geräte. Die Beseelten behaupten, die Alten seien bessere Menschen gewesen, und dass sie, die Beseelten, das Erbe der Alten in sich trügen. Das erhebt sie über alle anderen. Bei den Alten war niemand der Herr über den anderen. Es gab auch immer genug zu essen, für jeden, selbst im Winter. Und die Häuser waren warm, auch ohne Feuer. Kein Wunder, dass die Alten nicht krank wurden. Die Legenden sprechen davon, dass die Alten niemals starben, sie hatten das ewige Leben entdeckt. Wahrscheinlich nennen wir sie deshalb die Alten, vielleicht aber auch, weil das alles so unendlich lange her ist. Die Alten hatten den Hunger besiegt, die Alten hatten die Krankheiten besiegt, die Alten hatten den Tod besiegt. Aber niemand fragt sich, warum sie dann nicht mehr da sind.
    Heute werden die Alten Götter genannt, die Priester bringen ihnen Opfer dar. Die Alten werden zurückkehren, versprechen die Priester, und mit ihnen diese bessere Welt.

Nur ein Kind
    Großwesir Houst streifte mit einigen Wachen durch das Armenviertel der Stadt. Es war Herbst, der Himmel bedeckt und es regnete leicht. Nach der unbarmherzig brennenden Sonne des Sommers eine Wohltat, endlich konnte man wieder ohne den lästigen Gesichtsschal nach draußen. Wie immer blieb sein Blick an jeder Frau, jedem Mädchen hängen, dass ihm begegnete. Jetzt da die meisten nicht mehr verhüllt waren, konnte er ihre Gesichter sehen. Deswegen war er hier, das war seine Aufgabe. Er hielt Ausschau nach den jungen, den unverbrauchten, nach jenen, die gerade die Schwelle zum Erwachsensein überschritten hatten. Seinem geübten Auge entging dabei keine noch so versteckte Blüte, Schmutz und zerlumpte Kleidung täuschten ihn nicht. Wie immer würde er jedem Mädchen, das seinen hohen Ansprüchen gerecht wurde, ein in ihren Augen generöses finanzielles Angebot unterbreiten. Dafür mussten sie sich lediglich bereit erklären, auf einem Ball im Palast zu tanzen. Sie würden gewaschen, frisiert und bekämen ein hübsches Kleid. Man brachte ihnen sogar das Tanzen bei. Letztlich landeten die Mädchen aber in den Betten der ausschließlich männlichen Ballgäste. Housts Bruder, der König, belohnte mit ihnen verdiente Beseelte und sicherte sich deren Loyalität. Und obwohl sich Houst mehr oder minder klar ausdrückte, wussten die wenigsten der jungen Frauen, was sie erwartete. Sein Angebot wurde niemals abgelehnt. Jede Frau hatte ihren Preis, hier im Armenviertel war dieser nicht sehr hoch. Einige würden Houst sicher auch für das Versprechen einer warmen Mahlzeit begleiten. Doch Houst war ein gerechter Mann, zehn Silberlinge waren das Mindeste, das jedes der Mädchen bekam, und natürlich die Aussicht auf eine dauerhafte Anstellung innerhalb der Palastmauern. Die besonders Kecken konnten aber auch den fünffachen Preis
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