Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Titel: Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)
Autoren: Torsten Thiele
Vom Netzwerk:
einbilden, all die Menschen sind nur wegen ihm gekommen. Ein solches „Begräbnis“ wäre sicher auch einem König würdig. Einige wenige – besonders Damen mittleren Alters – hatten sogar ihre Taschentücher gezückt und Tränen in den Augen. Houst hatte lange überlegt, ob er selbst eine Abschiedsrede vorbereiten sollte, hatte sich letztlich aber dagegen entschieden. Ein stummer Abschied entfaltete eine größere Wirkung, erschien ihm irgendwie erhabener.
    Sie erreichten den großen Fahrstuhl am späten Nachmittag. Wenigstens blieb Houst so ein erster Tag in der heißen Einöde erspart. Die Nächte waren beinahe angenehm, hatte er in einem alten Expeditionsbericht gelesen. In den letzten Tagen hatte er noch intensiv alles zusammengetragen, was er über die Einöde herausfinden konnte. Insbesondere hatte er alte Karten studiert. Die nächsten Ruinen der Alten lagen mindestens sechs Tagesmärsche entfernt. Der Wasserbeutel, der über seiner Schulter hing, würde nur höchstens drei Tage reichen. Er benötigte also ausgesprochen viel Glück, sonst würde er jämmerlich im Staub der Einöde verenden.
    „Dein Blut ist von unserem Blut“, rezitierte Kolat aus einem alten Text, den er aus der Zeit der Bruderkriege hervor gegraben hatte, „Hand anzulegen an dich, hieße Hand anlegen an uns selbst. Deshalb gewähren wir dir die Gnade der Verbannung, der Weg zurück in unsere Mitte sei dir auf ewig verwehrt. Ziehe hinaus in die Weiten der Einöde. Mögen die Alten dir gewogen sein“
    Zwei Soldaten führten Houst auf die Plattform des großen Fahrstuhls. Eine Peitsche knallte und mit einem laut protestierendem „Iahh“ setzten sich die Esel an der Winde in Bewegung. Langsam sank die Plattform nach unten. Das hölzerne Gebälk des Fahrstuhls knarzte. Bald schon war Houst unter der Kante der Klippe verschwunden. So schnell, dachte er. Der heiße Wind der Einöde zog herauf, wurde stärker, je weiter sich die Plattform dem Grund der Klippe näherte. Houst blickte vorsichtig über den Rand nach unten. Er entdeckte die kleine Hütte, von der Nomo erzählt hatte. Noch sah sie aus wie ein Spielzeug. Daneben bewegte sich etwas, Menschen, mehrere Menschen. Waren dies die Verdammten? Nein, das waren keine Verdammten, erkannte Houst, als sich die Plattform näherte. Eine Karawane, ausgerüstet für eine lange Reise, erwartete ihn. Houst schlug seine Ledermappe auf und studierte noch einmal eine seiner Karten. Die Chancen, die nächstgelegenen Ruinen der Alten zu erreichen, hatten sich gerade wesentlich verbessert.
    ***
    Kos fühlte sich gut erholt. Nachdem Kirai sein Interesse an ihm verloren hatte, waren seine Wunden fast verheilt. Zwar humpelte er noch ein wenig, doch er konnte endlich wieder auf seinen eigenen Beinen stehen, endlich wieder laufen. Ein wenig erschrak er, als ihn die Wachen aus seiner Zelle führten. Für einen Moment fürchtete er ein neues Verhör, neue Schmerzen. Doch wenig später traten sie aus dem Keller ins helle Tageslicht. Kos schützte seine Augen mit dem Arm, er war die Helligkeit nicht mehr gewohnt. Seine Furcht verflog ein wenig. Die Straßen waren seltsam leer. Auf ihrem Weg vom Kerker durch das Palastviertel trafen sie keine Menschenseele. Aber sie blieben ohnehin nur für wenige hundert Meter an der Oberfläche. Dann betraten sie ein rundes Gebäude, dessen gläsernes Kuppeldach größtenteils eingestürzt war. Innen ging es dann schon wieder Treppen nach unten und einen langen düsteren Gang entlang. Das Sonnenlicht blieb eine kurze Episode, Kos trauerte ihm nach. Die Wachen schubsten ihn vor sich her. Am Ende des Ganges öffnete sich eine Halle. Nicht weit über ihnen lag die eingestürzte Kuppel und gab den Blick zum Himmel frei. Licht, Kos wollte nicht wieder ins Dunkel. Wenn er jetzt Flügel hätte, könnte er einfach davon fliegen. Der Schaft eines Speers in seinem Rücken ließ den kurzen Traum zerplatzen.
    Die Halle war riesig, das gegenüberliegende Ende lag über einhundert Meter entfernt. Dort befand sich eine Tribüne, auf der vereinzelt ein paar, zumeist alte Leute saßen. Der größte Teil der Halle lag unter ihnen, der Fußboden dieser Etage hörte nach einigen Metern einfach auf. Hinter der Kante ging es mehrere Stockwerke in die Tiefe. Ein überdimensionierter Schlauch, halb durchsichtig und mit einigen Löchern versehen, wand sich in mehreren ausladenden Kurven von der Kante bis hinunter zum Grund der Halle. Dort befand sich ein gefliestes Becken. Das Becken sah aus, als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher