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Die Lagune der Zombies

Die Lagune der Zombies

Titel: Die Lagune der Zombies
Autoren: Xander Morus
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sogar mit ins Wochenende nahm.
    Ich wusste genau, dass sie jedes Wochenende bei ihrem Freund in Frankfurt, der bei der Deutschen Bank arbeitete, verbrachte. Mit ihm würde sie sicher die ganzen Akten durchwälzen. Das war klar. Aber um niemand auf die Füße zu treten, hielt ich die Klappe und bloggte weiter über die EU, die Griechen und die bornierten CSUler.
    Natürlich waren das Wegrennthemen, und ich konnte täglich sehen, wie meine Leser zur Cappuccino-Tante abwanderten. Als mich dann auch niemand mehr von den Parteifreunden anrief, musste ich mir ernsthaft überlegen, was ich tun sollte …
    Einen richtigen Job suchen? Als Barkeeper etwa? Kein Bock auf die Nachtarbeit und die ewig gleichen Trinkergespräche! Und was anderes? Wer nahm schon einen gescheiterten Grünenpolitiker? Die Posten in den Stiftungen waren alle besetzt, und ich hatte sowieso das Gefühl, dass ich auf einer heimlichen schwarzen Liste stand, nachdem ich unserer Parteichefin einen Joint angeboten hatte mit dem Spruch: „Komm, jetzt lass uns mal die neuen Stimmen der AKW-Gegner feiern.“ Das funktionierte alles nicht.
    Und so entschloss ich mich gezwungenermaßen, investigativen Journalismus zu betreiben. Und zwar hier. Am anderen Ende der Welt.
    Im Süd-Pazifik hatte es in den letzten Monaten immer wieder Fälle von Kannibalismus und Katatonie gegeben. Mit anderen Worten: Menschen verhielten sich wie Zombies.
    Natürlich bekam der Rest der Welt davon nichts mit. Nur ein paar alternative Blogs hatten darüber vorsichtig berichtet. Im Prinzip war das ja auch eine windige Geschichte: Zombies … Das klang wie aus einem Videospiel für pubertierende ADS-Kids. Mit dem Thema hatte ich bisher überhaupt nichts am Hut gehabt. Ich hatte wirklich ernsthaft Politik studiert und kenne mich sehr gut aus mit internationalen Beziehungen und Globalisierungsverflechtungen, aber von Zombiespuk habe ich keine Ahnung.
    Nur, wenn man eins nicht tun sollte, ist es, ein absoluter Experte in nur einer Sache zu sein. Damit wird man nicht Politiker, sondern Hinterbänkler – zumindest wenn man den richtigen Cappuccino trinkt. Ich entschloss mich also, mir das mal anzugucken. Konnte ja nicht schaden. Und so landete ich in der paradiesischen Inselrepublik Vanuatu in den Neuen Hebriden.
    Ein Inselstaat, bestehend aus 83 Inseln, die meisten vulkanischen Ursprungs. Ich war am Ende der Welt und suchte Zombies. Denn ein Detail an den merkwürdigen Berichten hatte mich neugierig gemacht. Die Fälle erstreckten sich über einen Raum im Pazifik, der bisher nicht mit solchen Vorgängen aufgefallen war.
    Eigentlich, und das war das Merkwürdige, gab es in der bisherigen Geschichte von Vanuatu und den anliegenden Inselrepubliken überhaupt keine Fälle von „katatoner Schizophrenie“, was der korrekte Term für das Syndrom ist.
    Man geht dabei davon aus, dass das Verhalten drogeninduziert ist: Voodoo eben. Tetrodotoxin vom Kugelfisch und Atropin aus der Tollkirsche – der berühmte Cocktail, der für das richtige Zombiefeeling sorgt. Aber die Berichte schlossen so etwas aus. Außer: Wenn das Syndrom nun auch im Pazifik auftrat, gab es vielleicht einen anthropologischen Hintergrund. Hatte sich der Schamanismus doch entwickelt und weiterverbreitet? Das wäre die eine Erklärung …
    Ich hatte aber noch eine andere … und die war einen Zacken schärfer. Die EU hat die strengsten Gesundheitsrichtlinien in der Medikamentenindustrie. Dieser Umstand führte dazu, dass seit einigen Jahren Pharmahersteller ihre Produktion auslagern. Vorwiegend in Dritte-Welt-Länder, die keine oder laxe Richtlinien haben. Über Vanuatu werden die Medikamente in die Erste Welt verschifft. Nicht immer mit den ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen.
    Was, wenn die Fälle von Kannibalismus nicht durch Schamanismus, sondern durch die Verschmutzung des Grundwassers zustande kamen?
    Möglicherweise war ich einem der größten Umweltskandale der letzten Jahre auf der Spur. Ich fand zu meinem Erstaunen kaum Spekulationen über diese These. Und das gibt einem immer zu denken.
    Das Thema war einfach noch zu abseitig, zu absurd. Die meisten Berichte schoben die Vorfälle auf Drogenmissbrauch. Ich gab mich mit dieser fadenscheinigen Erklärung nicht zufrieden und buchte im Januar einen Flug nach Sidney. Der Archipel Vanuatu liegt rund 1750 km östlich von Australien, 500 km nordöstlich von Neukaledonien, westlich der Fidschi-Inseln und südlich der Salomonen. Während der Kolonialzeit erhielt er den Namen Neue
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